Der Wirtschaftskrimi bei der Alno AG geht weiter. Gestern informierte der Küchenhersteller, dass man im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens einen so genannten "Dual Track-Prozess" durchführen will. Konkret soll für die ein strukturiertes Bieterverfahren organisiert werden, sprich die Alno AG steht zum Verkauf. "Ein M&A-Berater ist mit der Durchführung eines Investorenprozesses für die gesamte Alno-Gruppe beauftragt", heißt es in der Mitteilung. Gleichzeitig kündigte der vorläufige Sachverwalter der Alno AG, Professor Martin Hörmann, an, dass man eine spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei sowie eine renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt habe, die Zeiträume vor den Insolvenzanträgen sachverständig zu prüfen. Man erwarte sich daraus Erkenntnisse, ob und in welchem Umfang möglicherweise vor den Insolvenzanträgen Entscheidungen gefällt wurden, die den Interessen der Gläubiger zuwider gelaufen sind. Diese Maßnahme sei in Abstimmung mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss getroffen worden, um die Vergangenheit aufzuarbeiten.

Bestätigt wurde gestern, dass die Küchenproduktion am Stammsitz wieder gestartet ist, nachdem man die technischen und organisatorischen Vorbereitungen abgeschlossen habe. Notwendig wurde der Produktionsstopp, um die Finanzierung des operativen Geschäftsbetriebs sicherzustellen und so zu gewährleisten, dass sämtliche im Rahmen des jetzigen Verfahrens eingegangenen Verpflichtungen erfüllt werden können. Bekanntlich erhielt die Alno AG nach dem Insolvenzantrag am 13. Juli ein so genanntes Massedarlehen von neun Millionen. Außerdem übernimmt die Agentur für Arbeit mit dem Insolvenzgeld für maximal drei Monate die Löhne und Gehälter der Belegschaft, was der Firma rund 20 Millionen Euro an Ersparnissen bringt.

Mit diesen Geldern wurde fehlendes Material gekauft, und die Küchenproduktion konnte wieder beginnen. Das Werk in Enger, in dem vornehmlich Küchen der Produktlinie Wellmann produziert werden, soll mit Wiederaufnahme der Produktion am kommenden Montag, 7. August, beginnen. Die Voraussetzungen für die Aufnahme der Produktion der Pino-Küchen in Coswig wurden am 27. Juli mit dem Massedarlehen von drei Millionen Euro geschaffen und auch hier soll in der nächsten Woche wieder produziert werden. Ziel sei es, im Interesse von Kunden und Gläubiger den Geschäftsbetrieb als Grundlage für die weiteren Sanierungsanstrengungen zu stabilisieren. Für die Nachproduktion bereits eingeplanter und die Neuproduktion der seit dem 12. Juli eingegangenen Aufträge wurden in Pfullendorf Samstagsschichten eingerichtet, um den Rückstand bestmöglich aufzuholen. Parallel zur Neuproduktion erfolgt die Komplettierung bereits gelieferter und der noch in Auslieferung befindlichen Küchen. In den vergangenen Monaten wurden unvollständige Küchen an Kunden ausgeliefert, wie Mitarbeiter dem SÜDKURIER bestätigten.

Am Ende entscheidet die Gläubigerversammlung, welchen Weg die Alno AG gehen wird. Jetzt werden die möglichen Optionen geprüft, die dann beurteilt werden. Die Planinsolvenz bietet die Möglichkeit, den Geschäftsbetrieb fortzuführen, in welcher Form und an welchen Standorten auch immer. Bei einem Verkauf der gesamten Alno-Gruppe, ist es vom Investoreninteresse abhängig, wie es mit den Produktionsstandorten weitergeht. Klar ist auch, dass der im Amt befindliche eigenverwaltende Vorstand der Alno AG mit Vehemenz die Pläne des Ex-Vorstandsduo Max Müller und Ipek Demirtas durchkreuzen will, die Tochterfirma Pino über eine eigens dafür gegründete Firma zu übernehmen. In der gestrigen Pressemitteilung wurde deutlich gemacht, dass das strukturierte Bieterverfahren für die gesamte Gruppe gilt.

Dual-Track-Verfahren

In der Pressemitteilung wird die Einleitung eines Dual-Track-Verfahrens angekündigt. Üblicherweise wird das Prozedere als Alternative für den Verkauf von noch nicht börsennotierten, aber börsenfähigen Unternehmen angewendet. Damit sollen die Alternativen für einen Verkauf oder einen möglichen Börsengang ausgelotet werden. Im konkreten Fall der Alno AG, die bekanntlich seit 1995 an der Börse gelistet ist, werden die Unternehmensfortführung und der mögliche Verkauf jetzt parallel geprüft. Durch die öffentliche Ankündigung hat aus Sicht des Verkäufers den Vorteil, den Kreis möglicher Bieter auszuweiten. (siv)