Nach zweijähriger, Corona-bedingter Pause fand der Jahresempfang des Landesverbandes Süd des Deutschen Bundeswehrverbandes (DBwV) im Haus Linzgau statt, gemeinsam mit der Stadt und der Garnison im Soldatenheim veranstaltet. Persönliches Netzwerken stand, neben der Vorstellung der zukünftigen Vorhaben des Verbandes für seine Mitglieder, auf der To-do-Liste. Gastgeber waren Bürgermeister Thomas Kugler, der Kommandeur Ausbildungszentrum Spezielle Operationen, Oberst Albrecht Katz-Kupke und der Landesvorsitzende DBwV Süddeutschland, Stabsfeldwebel a.D. Gerhard Stärk.
Politik mit Scheckbuch reicht nicht
Oberst Albrecht Katz-Kupke knüpfte in seiner Begrüßung bereits erste militärisch relevante Tatsachen an. „Themen, die der Bundeswehrverband seit Jahren auf diversen Tagungen angesprochen hatte, sind durch den Krieg in der Ukraine schlagartig in der politischen Prioritäten-Skala nach oben gerutscht“. Es ist nach Überzeugung des Kommandeurs nicht allein mit jährlich zwei Prozent Verteidigungsausgaben vom Bruttoinlandsprodukt und 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr getan. „Politik mit Scheckbuch“, reiche alleine nicht aus, um den künftigen militärischen Anforderungen gerecht zu werden. „Neben guter Ausrüstung und Ausbildung der Streitkräfte gehört nicht nur bei Soldaten, die ja ihren Eid leisten, Recht und Freiheit tapfer zu verteidigen, auch der Verteidigungswille der Bevölkerung mit dazu – wie derzeit die ukrainische Bevölkerung beweist“, so Oberst Katz-Kupke.
Dank und Respekt
„Wir sind stolz auf unsere Soldatinnen und Soldaten hier in Pfullendorf. Wir stehen zur Bundeswehr als wichtigen Teil der Gesellschaft. Sie ist nicht nur ein wirtschaftlicher Faktor“, konstatierte Bürgermeister Thomas Kugler in seinem Grußwort. Der Landtagsabgeordnete Klaus Burger (CDU) forderte mehr Wertschätzung und Respekt für die Bundeswehr: „Sie haben geschworen, der Bundesrepublik Deutschland treu und tapfer zu dienen und dafür auch ihr eigenes Leben einzusetzen. Der DBwV mit seinen 50 000 Mitgliedern im süddeutschen Raum ist Mahner, als auch Ideengeber für die Politik und kämpft zurecht für die Verbesserung der Rahmenbedingungen von Soldatinnen und Soldaten. Wir alle haben gesehen, wie uns die Bundeswehr bei der Flutkatastrophe im Ahrtal oder auch in der Pandemie in ganz Deutschland geholfen hat. Dank und Respekt dafür.“
Fähigkeiten müssen neu gedacht werden
Klare Worte fand der Kommandeur des Landeskommandos Baden-Württemberg aus Stuttgart, Oberst Thomas Köhring, zur aktuellen Lage. „Defizite werden in Krisenzeiten schnell aufgedeckt und der Gesellschaft bewusst. Viele Dinge, die derzeit mit der Verbesserung der Ausrüstung der Bundeswehr angestoßen würden, müssten erst einmal gelingen. Die Bundeswehr müsse sich dabei an der gesamten Bandbreite von Einsatzoptionen ausrichten. Die Fähigkeit, eigenes Territorium zu schützen müsse insgesamt neu gedacht werden. „Die Bundeswehr ist zu kopflastig und zu bürokratisch geworden“, mahnte der Oberst.
Amtshilfe hat Ausbildung negativ beeinflusst
An Stelle des DBWV-Bundesvorsitzenden, Oberst Andre Wüstner, hatte sich Generalmajor Hartmut Renk, Chef des Stabes des multinationalen Kommandos Operative Führung in Ulm, kurzfristig bereit erklärt die Festansprache zu halten. „Die Globalisierung hat sowohl eine wirtschaftliche als auch eine sicherheitspolitische Komponente. Die Wirtschaft steht nie nur alleine da. Dies sollte jedem spätestens 2014, nach der Annexion der Krim, bewusst geworden sein“, erklärte Renk. Zwar hätten die Amtshilfen während der Pandemie das Ansehen der Bundeswehr gesteigert, aber viele tausend Soldaten seien in den vergangenen zwei Jahren kaum noch ausgebildet worden und viele Übungen ausgefallen. „Auch die Wehrbeauftragte der Bundeswehr stellte fest, dass Defizite in der Handlungsfähigkeit der Bundeswehr dadurch deutlich verstärkt wurden“, so Wüstner.
„Kaltstartfähigkeit“ der Truppe wiederherstellen
Der Landesvorsitzende Gerhard Stärk zitierte aus einem jüngst veröffentlichten Dokument der Verteidigungsministerin über die Einsatzbereitschaft: „Von 350 Schützenpanzern Puma sind nur 150 einsatzbereit, von 51 Kampfhubschraubern Tiger sind neun verfügbar und von insgesamt 119 Panzerhaubitzen 2000 sind nur 40 zum Einsatz verfügbar. Selbst bei der Verfügbarkeit von Munition für die Truppe gibt es massive Defizite und langjährigen Handlungsbedarf.“ Sein Appell an die Politik lautete: „Ausrüsten, nicht Aufrüsten!“ Man müsse die „Kaltstartfähigkeit“ der Truppe wiederherstellen, um das zu erbringen, was Nato und EU von Deutschland verlangen und erwarten. „Wir benötigen die seit vielen Jahren angezeigten Finanzmittel. Das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro ist für die Bundeswehr elementar notwendig.“