Es ist ein halbes Jahr her, dass sich die Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch von ihrem Vorstandsmitglied Carsten Knaus überraschend getrennt hatte. Gegen seine fristlose Kündigung klagt der 58-Jährige. Vor dem Landgericht Hechingen hat Richter Stefan Skell bei der Güteverhandlung am Dienstagnachmittag seine Zweifel an der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung geäußert. Das Gericht schlug daher einen Vergleich vor. Die Sparkasse soll den Kläger freistellen und ihm rückwirkend ab Oktober 2024 die nächsten 30 Monate fortlaufend sein Gehalt bezahlen. Das sind in dieser Führungsposition schätzungsweise etwa 600.000 Euro. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden. Beide Parteien wollen eine vierwöchige Bedenkzeit.

Beteiligte schweigen

Nach der Kündigung verweigerten die Beteiligten eine Aussage – Knaus schwieg, der Verwaltungsratsvorsitzende Ralph Gerster bat um Verständnis, die Umstände der Kündigung nicht zu nennen. Hintergrund der fristlosen Kündigung von Carsten Knaus, der 13 Jahre gemeinsam mit Hubert Rist das Vorstandsduo bildete, war eine Klage des Verbraucherschutzes gegen die Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch.

Konkret ging es um die Beschwerde eines Verbrauchers wegen zusätzlicher Kosten, die ihm bei der Auszahlung seiner Riesterrente entstanden waren, obwohl diese Kosten seiner Überzeugung nach nicht explizit ausgewiesen waren. Mitte Oktober 2024 bekam der Verbraucher vor Gericht Recht. Die Sparkasse hält das Urteil für falsch und legte vor dem Oberlandesgericht Stuttgart Berufung ein. Der Berufungstermin war noch nicht.

Carsten Knaus kämpft für sein Recht.
Carsten Knaus kämpft für sein Recht. | Bild: Volk, Siegfried

Aber was Carsten Knaus damit zu tun? Rechtsanwalt Volker Serth, der die Sparkasse als Beklagte vor Gericht vertrat – der Verwaltungsratsvorsitzende Ralph Gerster erschien nicht – nannte als Gründe für die außerordentliche Kündigung, dass Knaus bezüglich dieses Riester-Prozesses es unterlassen habe, den Verwaltungsrat zu informieren, dass Knaus auch nicht die zuständige Prüfungsstelle des Sparkassenverbands unterrichtet habe und seine Unterlagen für die Vollständigkeitserklärung falsch gewesen seien. „Es lag eine eindeutige Pflichtverletzung vor, weshalb es zu der außerordentlichen Kündigung kam.“ Das Vertrauen in seine Person sei verloren gegangen, ergänzte Serth.

Keine Vermerke in den Protokollen

Ob jedoch diese Vorwürfe der Sparkasse stimmen und ob eine Pflichtverletzung von Knaus vorliegt, daran hatte das Gericht seine Zweifel. Es ist dennoch der Ansicht, dass Knaus seiner Informationspflicht nicht ausreichend nachgekommen sei. „Es hätte Ihnen doch auffallen müssen, wenn unzureichend informierte wurde“, ergänzte Richter Skell.

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In den Sitzungsprotokollen gibt es offenbar keine entsprechenden Vermerke. Carsten Knaus sei davon ausgegangen, dass die wesentlichen Informationen genannt wurden. Und er verwies auf Hubert Rist, in dessen Ressort Rechtsstreitigkeiten fallen würden und der den direkten Draht zum Verwaltungsratsvorsitzenden Ralph Gerster habe, dem Nachfolger von Thomas Kugler. Seit Gerster da sei, wehe ein anderer Wind, so Knaus.

Vertrag wurde verlängert

Erst im Mai 2023 wurde zum dritten Mal sein Vertrag als Vorstandsmitglied um weitere sechs Jahre verlängert. „Ich bin immer entlastet worden, habe mir nichts zu Schulden kommen lassen“, sagte Knaus. Er erinnert sich indes noch gut daran, als ihm die Kündigung ausgesprochen wurde, mit der er nie gerechnet habe, zumal es sonst keine Störungen gab und er gemeinsam mit Hubert Rist das kleine Bankinstitut mit etwa 150 Mitarbeitern auch in schwierigen Zeiten aus der Krise geführt habe.

In Schieflage geraten

Denn die im Vergleich zu anderen Banken Eigenkapital schwache Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch mit einer Bilanzsumme von einer Milliarden Euro war 2022 aufgrund der steigenden Zinsen in die Schieflage geraten. Es mussten Rücklagen in Höhe von zehn Millionen Euro aufgelöst werden. Der Sparkassenverband befürwortete sogar ein Fusion mit der Kreissparkasse Sigmaringen.

„Für mich ist eine Welt zusammengebrochen.“
Carsten Knaus, Kläger

Für Knaus war die fristlose Kündigung ein Schlag ins Gesicht, zumal der Sparkasse kein finanzieller Schaden entstanden ist. „Für mich ist eine Welt zusammengebrochen“, sagte Knaus vor Gericht, der binnen 48 Stunden den Auflösungsvertrag unterschreiben sollte. Ansonsten würde er als Berater weiterbeschäftigt werden. „Diese Kündigung war das schärfste Schwert“, sagte Knaus‘ Anwalt Gerald Zimmer.

Hubert Rist wurde nicht fristlos entlassen, er wurde kurz vor seinem Ruhestand vom Dienst freigestellt.
Hubert Rist wurde nicht fristlos entlassen, er wurde kurz vor seinem Ruhestand vom Dienst freigestellt. | Bild: Volk, Siegfried

Während Knaus von heute auf morgen seinen Job und seine Bezüge verlor, wurde Hubert Rist, der Ende Oktober 2024 nach 50 Dienstjahren in den Ruhestand ging und der trotz der gleichen Vorwürfe in der Stadthalle würdig verabschiedet wurde, für zwei Wochen freigestellt, die restlichen zwei Wochen waren Urlaubstage. Gerald Zimmer sieht darin eine Ungleichbehandlung, die unverhältnismäßig und ungerecht sei. „Der Vorstandsvorsitzende bekommt die vollen Pensionsansprüche. Unser Mandant steht plötzlich mit Nichts da“, so Zimmer.

Keine Beihilfe mehr

Denn Knaus wurden sofort die Bezüge gestrichen, auch die Beihilfen für die private Krankenkasse fehlten ihm von einem Tag auf den anderen. Weil er mit 58 Jahren nicht mehr in die gesetzliche Krankenkasse kann, zahlt er für sich und seine Frau derzeit monatlich 1800 statt vorher 700 Euro. „So geht man nicht mit Menschen um“, sagte seine Frau im Gerichtsaal. Der Ruf ihres Mannes sei beschädigt worden.

Bei Einigung gibt es kein Urteil

Nach einer längeren Sitzungsunterbrechung schlug Richter Skell vor, das Arbeitsverhältnis von Knaus ab Oktober 2024 für weitere 30 Monate weiterlaufen zu lassen und es danach im Einvernehmen aufzulösen. Bis zum Vertragsende 2029 wären es 55 Monate gewesen. Sollten sich die beiden Parteien einig werden, gibt es kein Urteil. Scheitert der Vergleich, wird das Verfahren schriftlich fortgesetzt, die Protokolle studiert und die Vermerke gelesen. In diesem Fall sehen sich Knaus und sein langjähriger Arbeitgeber wieder zum Urteil am 1. Juli.