Schaurige Hexen mit brennenden Fackeln in den Händen schleichen auf dem Pfullendorfer Markplatz umher. Immer dichter rücken sie an den Reisighaufen, der in der Mitte aufgeschichtet worden ist. Und dann ist es so weit, die ersten Scheite fangen Feuer, die Hexen haben ihr Werk vollbracht. Auch die Strohpuppe, die über das Feuer gehängt wurde, brennt jetzt lichterloh.
Stadthexen aus Furtwangen springen über das Feuer

Die Pfullendorfer Zuschauer klatschen begeistert über die schaurig-schöne Darbietung, doch das Beste kommt erst noch: Während bunte Raketen bei einem großartigen Feuerwerk in den Nachthimmel steigen, springen die mutigen Hexen mit ordentlichem Anlauf auf ihren Besen über die hohen Flammen. Eine akrobatische Meisterleistung, die einiges an Erfahrung und Körperbeherrschung erfordert, sind die springenden Maskenträger doch nicht mit zusätzlicher Schutzkleidung ausgestattet, sondern tragen ihr Fasnets-Hexenhäs und Strohschuhe.
Meckererverbrennung hat in Furtwangen eine lange Tradition
Die Meckererverbrennung ist ein Brauchtum aus der Fasnet in Furtwangen. „Am Schmotzigen Dunschdig jedes Jahr ist hier die Hölle los, weil dann de letzte Meckerer brennt, ein Schauspiel – grandios“, wurde das Spektakel den Zuschauern angekündigt. Mit viel Geheule waren die Hexen unter den Klängen der Musikkapelle Schönenbach auf den Pfullendorfer Marktplatz gezogen. Dort erläuterte Johannes Reinhold, ehemaliger Zunftmeister, die Verbrennung. Seit 1950 trägt die Zunft dieses Brauchtum weiter, das wohl auf das 13. Jahrhundert zurückgeht. Was ist der Meckerer? „Der Meckerer ist der, der keine Fasnet mag“, sagte Reinhold. „Und wenn wir Fasnet haben, dann wollen wir auch Fasnet machen.
Liebliche Tänze und schöne Mädchen beim Munderkinger Brunnensprung

Im krassen Gegensatz zur schaurigen Verbrennung stand ein weiteres, am Samstagabend präsentiertes Brauchtum: der Brunnensprung mit lieblichen Tänzern und schönen Mädchen. Schon seit dem 16. Jahrhundert ist die Fasnet in Munderkingen überliefert. Der bekannte Pater Sebastian Sailer hat 1742 ins Totenbuch der Stadt geschrieben, dass die Munderkinger doch diesen törichten Brauch des Brunnensprungs lassen sollten, wie ein Zunftschreiber am Samstag beim Spiel auf dem Marktplatz verlas. Der Brunnensprung wurde früher am Aschermittwoch aufgeführt, die Zunft zeigt ihn heutzutage jedoch am Fasnetssonntag und Fasnetsdienstag.
Gewinner darf jedes Mädchen küssen

Das Brauchtum besagt, dass zwei vorher mit dem Würfel ausgeloste Burschen in den Brunnen springen müssen. Danach erheben sie ihre Becher zum Trinkspruch: Der Trinkspruch lautet: „Ein Hoch auf Magistrat und Deputat, ein Hoch auf Pfarrer und Bürgersleut, ein Hoch auf meine Liebste!“ Jetzt dürfen sie jedes Mädchen küssen, das ihnen gefällt. Auf die Küsse wartete die Pfullendorfer Damenwelt jedoch vergeblich – es wurde nur das sogenannte Vorspiel gezeigt, keiner der Junggesellen juckte in den Narrenbrunnen, also gab es auch keine Bussis.
Freche Felben haben ihren Spaß mit dem Publikum

Eröffnet hatten den Brauchtumsreigen am Samstag die Mitglieder der Narrenzunft Kübelesmarkt aus Bad Cannstatt. Sie hatten ihre sympathischen, aber frechen Felben mitgebracht, deren wunderschöne, bunte Häser Neckarweiden darstellen sollen. Die Maske geht, wie das Pfullendorfer Publikum erfuhr, auf eine Geschichte aus der Zeit der Französischen Erbfolgekriege zurück. Nach einer Belagerung hatten die Bad Cannstatter Sorge, dass die Franzosen in der Stadt einfallen würden. Als aber am Morgen der Mond den Nebel verzog, waren es keine Franzosen, sondern die Felbenköpfe, die Korbmacherweiden, die am anderen Ufer des Neckars standen.

Die Felben, die am Samstag eifrig die Holzratschen schwangen, trieben muntere Scherze mit dem Publikum, das den Pfullendorfer Marktplatz trotz Nieselregens zu Hunderten säumte. Und die herrlichen Mondfiguren ließen ihre Glöckchen an den Häsern erklingen. Mit dabei hatten sie den Spielmannszug und Fanfarenchor, die für prächtige Klänge beim Schauspiel sorgten. Mit gekonnten Schritten tanzten die Felben beim gleichnamigen Tanz über den Pfullendorfer Marktplatz – und viele Zuschauer tanzten und jubelten am Rande des schönen Brauchtums mit.