Noch einmal versammelte sich die Krankenhausbelegschaft der Inneren zum gemeinsamen Frühstück – organisiert von den Kolleginnen und Kollegen, die den Umzug ins zentrale Krankenhaus Sigmaringen nicht mitgemacht und gekündigt haben. Es war ein tränenreiches Wiedersehen und Abschiednehmen.

Claudia Muffler und Nicole Möhrle (von rechts) erledigten die Umzugsarbeiten, mit Wehmut im Herzen und Tränen in den Augen. Rund drei ...
Claudia Muffler und Nicole Möhrle (von rechts) erledigten die Umzugsarbeiten, mit Wehmut im Herzen und Tränen in den Augen. Rund drei Viertel der Beschäftigen wechseln von Pfullendorf nach Sigmaringen. | Bild: Volk, Siegfried

Denn am 31. Oktober hat das Krankenhaus offiziell die stationäre Patientenversorgung eingestellt. Die noch verbliebenen fünf Patienten wurden am Freitag nach Sigmaringen gebracht. Auch die ambulante Notfallversorgung wird seit 1. November ausschließlich über die Notfallaufnahme am zentralen Krankenhaus Sigmaringen erledigt. Eine vielhundertjährige Tradition der Krankenpflege, getragen vom Spitalfonds Pfullendorf, ist damit vorbei.

Mitteilung der SRH-Geschäftsführung über vorzeitige Schließung

In einer Pressemitteilung informierte die SRH-Geschäftsleitung über die vorzeitige Schließung des Pfullendorfer Krankenhauses: „Die SRH Kliniken Landkreis Sigmaringen stellen die stationäre Patientenbehandlung im SRH Krankenhaus Pfullendorf Ende Oktober aufgrund von Personalmangel vorzeitig ein. Ursprünglich war dies erst in 2023 vorgesehen, so der Beschluss der Gesellschafter der SRH Kliniken Landkreis Sigmaringen im März 2022, mit dem ein neues Medizinkonzept für die stationäre somatische Patientenversorgung im Landkreis festgelegt wurde.

Im Krankenhaus Pfullendorf soll ein Primärversorgungszentrum eingerichtet werden, möglicherweise als Bestandteil eines sogenannten ...
Im Krankenhaus Pfullendorf soll ein Primärversorgungszentrum eingerichtet werden, möglicherweise als Bestandteil eines sogenannten „Medizinischen Versorgungszentrums“ (MVZ), mit der die hausärztliche Versorgung verbessert werden soll. | Bild: Volk, Siegfried

Die SRH Kliniken Landkreis Sigmaringen bedauern sehr, dass eine vorzeitige Schließung erforderlich wurde.“ Das ambulante Angebot des Schlaflabors wird bis spätestens April 2023 aufrechterhalten. Der Betrieb der SRH Berufsfachschule Pflege und der psychiatrische Institutsambulanz werden weitergeführt. Ebenso verbleiben im Krankenhausgebäude in Pfullendorf das Familiengesundheitszentrum des Landkreises und die urologische Praxis Dr. med. Hans-Dieter Raacke.

Bevölkerung wartet auf das medizinische Versorgungszentrum

Nun wartet die Bevölkerung auf die Einlösung der Versprechen der SRH-Geschäftsleitung sowie der Kommunalpolitik, dass im Gebäude ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) eröffnet wird. Mit großem Getöse wurde bereits verkündet, dass in Pfullendorf ein so genanntes Primärversorgungszentrum (PVZ) im ehemaligen Krankenhaus eröffnet wird, das vom Land finanziell gefördert wird.

Im Operationssaal stehen noch einige Gerätschaften, die in den vergangenen Jahren gute Dienste geleistet haben.
Im Operationssaal stehen noch einige Gerätschaften, die in den vergangenen Jahren gute Dienste geleistet haben. | Bild: Volk, Siegfried

Allerdings ist noch unklar, was dieses PVZ überhaupt leisten soll, um die Gesundheitsversorgung in Pfullendorf zu verbessern, die unter dem Mangel an Haus- und Fachärzten massiv leidet.

Wechselquote nach Sigmaringen liegt derzeit bei 77 Prozent

Wehmütig blickten die Teilnehmer des Abschiedsfrühstücks in der „Inneren“ auf viele gemeinsame Jahre im Krankenhaus zurück, wobei die Mehrzahl nach Angaben der SRH-Geschäftsleitung den Umzug von Pfullendorf nach Sigmaringen mitmacht. Die Wechselquote beträgt nach Angaben von Pressesprecherin Barbara Koch 77 Prozent, sprich 82 Beschäftigte.

Der Wartebereich der Notaufnahme ist verwaist. Seit 1. November gibt es nur noch im Krankenhaus Sigmaringen einen ambulanten ...
Der Wartebereich der Notaufnahme ist verwaist. Seit 1. November gibt es nur noch im Krankenhaus Sigmaringen einen ambulanten Notfalldienst. | Bild: Volk, Siegfried

Zu berücksichtigen sei bei diesem Wert, dass einzelne Mitarbeiter vorerst weiterhin in Pfullendorf verbleiben, nennt Koch gegenüber dem SÜDKURIER beispielhaft den Empfang, Technik und Küche. Auch die Beschäftigten des Schlaflabors würden am Standort bleiben, wobei SRH schon klar gemacht hat, dass man dieses medizinische Angebot bis höchstens bis April 2023 weiter anbieten wird.

Tradition reicht ins Mittealter

Bereits im Mittelalter wurde der Grundstein für die heutige medizinische Versorgung gelegt. Im Jahr 1252 ist die Heilig-Geist-Stiftung urkundlich erwähnt. Arme, Kranke und Waisen in der Stadt sollten unterstützt werden. Im Jahr 1846 wurde in Pfullendorf das mit Abstand älteste Krankenhaus im heutigen Landkreis Sigmaringen eingeweiht. Auch dessen Vorgängerbau steht noch. Und zwar auf dem Marktplatz. Im ehemaligen Restaurant „Deutscher Kaiser“ befand sich das Heilig-Geist-Spital. Vor 61 Jahren, am 20. Mai 1961, begannen dann die Bauarbeiten für das neue Krankenhaus am heutigen Standort, das am 3. Februar 1964 in Betrieb ging. Am 28. November 1974 gab es wieder ein Fest: Man weihte die zwei neuen Stockwerke ein, die auf das Gebäude aufgesetzt worden waren. Die Trägerschaft des Krankenhauses ging dann 1996 an die Kliniken Landkreis Sigmaringen GmbH über. Damals waren der Landkreis und der Spitalfonds Pfullendorf die einzigen Gesellschafter. 2014 wurde die SRH Kliniken Landkreis Sigmaringen GmbH gegründet. Hauptgesellschafter ist mit 51 Prozent die SRH Holding, der Landkreis und der Spitalfond verfügten über 49 Prozent.