Wir setzen uns in die Zeitmaschine und reisen 30, 40 Jahre zurück in die Vergangenheit. Das Elektrogeschäft Meise in der Unteren Hauptstraße war damals eine beliebte Anlaufstelle für alle, die gerne in Schallplatten gestöbert haben. Über Kopfhörer konnte man in die LPs reinhören und sich den Nachmittag vertreiben.
Nach der Schule zu Meise
Die Neue Deutsche Welle war als Musikgenre ausgerollt und Jens Buchholz suchte nach neuer musikalischer Inspiration, gerne deutschsprachig, da der Schüler im Englischen noch nicht ganz so firm war. „Wir hatten eine Band namens Shadow. Ich spielte E-Gitarre und mein Kumpel hatte sich aus Waschmitteltrommeln ein Schlagzeug gebaut. Aufgetreten sind wir nie, aber wie haben für den Privatgebrauch Kassetten aufgenommen“, erinnert sich der heute 52-Jährige. Auch er pilgerte nach dem Unterricht gerne zu Meise. „Der Laden war super sortiert.“ 1985 investierte er fünf Mark in die Single „Rock me Amadeus“ von Falco, um sich mit seiner Band ein stückweit an dem österreichischen Musiker zu orientieren. „Der Song „Nie mehr Schule“ gefiel uns natürlich besonders gut.“

Darts im City-Pub
Und wohin sind die jungen Leute früher am Abend oder am Wochenende gezogen, wenn sie nicht mit den Eltern auf dem Sofa sitzen und „Wetten dass?“ anschauen wollten?
Nach dem Besuch bei Meise, so die Erinnerung von Buchholz, gingen die Jugendlichen oft ins Stadtcafé in der Uttengasse, um dort ein bisschen abzuhängen und Eisbecher zu löffeln. „Wir fühlten uns im Stadtcafé mit seiner modernen Einrichtung wie in einem Musikvideo aus MTV.“ Wer Billard oder Darts spielen wollte, landete im rustikal eingerichteten City Pub – heute Eddy‘s U-Bar. „Im City Pub lief überwiegend Charts-Musik, Kylie Minogue und so.“ Im Haus Linzgau in der Kasernenstraße fanden gelegentlich Disco- und regelmäßig Kinoabende statt. Im Bonhoeffer-Haus traf man sich zum Kicker spielen. „Es gab Tee und Nicaragua-Kaffee. Die Musik nannten wir Teesäufer-Gejammer: Hannes Wader, Cat Stevens und so weiter.“
Total angesagt: das Contraste

Als musikalische Horizonterweiterung mit New Wave und Ska erlebte Buchholz schließlich das Contraste, damals eine weithin bekannte Institution. Die Bar – im Souterrain der heutigen Central-Apotheke gelegen – lockte von 1984 bis 1989 freitags und samstags ein buntes Völkchen nach Pfullendorf. Oder auch weniger bunt. Die Gothic-Anhänger bevorzugten tiefschwarz und liefen herum wie Robert Smith von „The Cure“, die Gesichter weiß gepudert, die Augen fett mit Kajal umrandet.
„Es hat mich beeindruckt, dass hier ganz unterschiedliche Leute aufeinandertrafen. Waver, Gruftis, Punker, Schüler, Skinheads. Ich erinnere mich an dichten Zigarettenrauch, lila Licht und laute Musik. Es war der absolute Irrsinn und teilweise sehr, sehr voll.“ Um sich zu erholen oder zur Stärkung vorm Abtanzen, konnte man im gleichen Gebäude ein Stockwerk über dem Contraste im „Grünen Baum“ eine Pizza essen.
Musikkneipe „Deutsches Haus“

Ende der 1980er wurde für Buchholz das „Deutsche Haus“ in der St. Katharinenstraße – heute eine Spielothek – zu einem zweiten Wohnzimmer mit Tischkicker, Billard und Konzertbühne. „In der lässigen Kneipe hat man immer jemanden getroffen, den man kannte. Peter Price, der damalige Inhaber, hatte einen exzellenten Musikgeschmack. Eine Halbe Biber-Bier kostete nur 1,50 Mark und die Schinken-Käse-Seelen waren klasse.“ Obwohl er während des Studiums in Ravensburg wohnte, ist Buchholz noch bis 1999 jedes Wochenende nach Pfullendorf ins „Deutsche Haus“ gekommen. Ein seltener Gast sei er in der Tanzbar Tiffany am Bannholzer Weg gewesen, auch dort ist heute eine Spielhalle untergebracht. „Das war etwas für meine älteren Schwestern. Dort konnten sie zu Musik von Chris Norman, Roland Kaiser oder Adamo Discofox tanzen.“
Mit dem Discobus ins Abby
Wen es zum Party machen nach außerhalb zog, ging nach Mengen ins ED Elephant/¦Extreme oder nach Sigmaringen ins Alfons-X. Außerdem gab es die Möglichkeit, mit dem Disco-Bus ins Abby nach Meßkirch zu fahren. „Das war eher popperlastig, ich erinnere mich vor allem an Eurodance mit Titeln von Snap. Stonewashed Jeans, weiße Turnschuhe und blonde Strähnchen im Haar waren allgegenwärtig. An manchen Tagen haben Rockabillys die Tanzfläche mit ihrem Line-Dance okkupiert“, erinnert sich Buchholz. Sein persönlicher Kleidungsstil: Anzug aus den 60er Jahren aus Vaters Kleiderschrank, leicht glänzendes Hemd und die Stahlkappenschuhe vom Bruder, der bei der Alno gejobbt hat. Waren die Haare im Alltag zum Seitenscheitel gekämmt, standen sie dank Gel am Wochenende stachelig vom Kopf ab.
Zeitzeugen gesucht: Haben auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, schöne Erinnerungen an Ihre Teen- und Twenzeit in den 80er/90er Jahren in Pfullendorf und Umgebung? Dann teilen Sie uns diese per e-mail mit, gerne mit Bildern. pfullendorf.redaktion@suedkurier.de