Oh, mein Gott. Was ist eigentlich los in diesen Zeiten? Und dabei denke ich nicht an die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen. Nein, ich meine die massive Glaubwürdigkeitskrise meiner Kirche. Menschen treten reihenweise aus der Kirche aus und die Termine beim Amt dafür sind auf Wochen hinaus ausgebucht, so höre ich es in den Nachrichten. Sehr traurig.
Es ist ein enormer Glaubwürdigkeitsverlust zu beklagen und das Vertrauen in die Kirche ist zutiefst erschüttert. Viele fragen sich, ob sie sich dieser Kirche noch zugehörig fühlen wollen und können. Auch mich selbst als Gläubigen und als Mitarbeiter dieser Kirche beschäftigen diese Fragen. Es rumort.
Ende November kursierte unter Katholikinnen und Katholiken der Brief des Pfarrers meiner Heimatgemeinde im Rheinland. Sogar das Fernsehen berichtete darüber. Pfarrer Maik Schirpenbach brachte seine Sorgen und Fragen an seine Kirche zu Papier. Er ist ratlos und findet auch im Gebet keine Antwort auf seine Fragen.
Eine starke Botschaft
Genau in dieser Zeit der Zweifel und Anfragen höre ich in einer Predigt einen hoffnungsvollen Gedanken: „Vergiss nicht, dass dein Leben das einzige Evangelium ist, was viele Menschen lesen werden“. Starke Botschaft! Dieser Satz stammt von Dom Hélder Câmara. Ein bisschen weiß ich noch aus dem Studium über ihn. Beim Recherchieren finde ich Folgendes auf der Homepage von Adveniat, dem Hilfswerk der Katholiken in Deutschland für Lateinamerika: „Klein von Gestalt, ist und bleibt Dom Hélder Câmara einer der ganz Großen der Christenheit im 20. Jahrhundert. Er war ein Prophet und ein Wegbereiter der brasilianischen Kirche, ein Fürsprecher und Verteidiger der Armen, ein Lehrer des Betens und ein Optimist Gottes.“
Der Gedanke dieses Optimisten Gottes trifft mich. „Vergiss nicht, dass dein Leben das einzige Evangelium ist, was viele Menschen lesen werden“. Der Satz stammt aus Lateinamerika. Sei Du mit deinem Leben die Frohe Botschaft für die Menschen. Personifiziertes Evangelium!
Lösung der Glaubwürdigkeitskrise?
Der Satz ist wohl nicht gedacht als Lösung für die Glaubwürdigkeitskrise hierzulande. Und er wird wohl auch die gebuchten Termine für Kirchenaustritte nicht unmittelbar sinken lassen. Aber er erinnert mich an etwas Wesentliches. An den Auftrag des auferstandenen Jesus: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung“ (Markus 16,15).
Und diesen Gedanken des Dom Hélder Câmara finde ich auch im Brief von Pfarrer Maik Schirpenbach: „Ist euer Glaube nicht viel stärker als der Kleinmut vieler kirchlicher Verantwortungsträger – weil ihr Fragende und Suchende seid, Pilgernde auf rauen Wegen, engagiert für das Unmittelbare, für unsere Orte, die allesamt Gottesorte sind? Ist euch die Botschaft des Evangeliums nicht zu kraftvoll, als dass Kleingeister und Angsthasen sie ersticken könnten? (…) Ahnt ihr nicht, dass unsere Zeit die Hoffnung des Evangeliums und den spirituellen Reichtum des Christentums nötiger braucht denn je?“ Definitiv! Wir brauchen Botschafter, Hoffnungsträger, Begeisternde! Menschen, die auf ihre eigene Weise Evangelium für andere sind. Darauf hoffe ich.