Nein, so ganz einfach war der Narrenzunft Stegstrecker der Entschluss zum Kauf des neuen Zunfthauses nicht gefallen – ganz im Gegenteil. Zwar stimmten 93 der am Freitagabend bei der Hauptversammlung anwesenden 103 Mitglieder klar für den Kauf der ehemaligen Klosterapotheke in der Pfullendorfer Hauptstraße, aber zuvor mussten Zunftmeister Andres Narr und seine Vorstandschaft einiges an Überzeugungsarbeit leisten.
Ordentliches Guthaben in der Kasse
Eine ganz entscheidende Rolle spielte dabei das Finanzierungskonzept, das Kassierer Frank Hellstern vorstellte. Eine gesunde Basis bietet dabei das durchaus ansehnliche Vereinsvermögen. Gerade durch das Narrentreffen im Jahre 2019 war doch ein ordentliches Guthaben in die Kasse gespült worden. Zusammen mit dem Wert des alten Zunfthauses und einer Unterstützung durch den Förderverein, könnte der Kaufpreis von 140 000 Euro theoretisch bar bezahlt werden.
Zuschüsse in Höhe von 30 000 Euro
Allerdings schlagen noch zusätzlich Notar- und anfallende Renovierungskosten zu Buche. Als weitere Finanzierungspositionen sieht die Vorstandschaft Spenden von Mitgliedern und Sponsoren, die natürlich nur einen vagen Pfeiler bei der Finanzierung darstellen würden. Als gesichert gelten dagegen öffentliche Zuschüsse in Höhe von 30 000 Euro.

Beim Konzept, das Andreas Narr im Namen der Vorstandschaft vorlegte, ist der Verkauf des alten Zunfthauses allerdings nicht geplant. Dies wurde von einigen der Anwesenden nicht kritiklos hingenommen. Man brauche das alte Zunfthaus noch weiterhin für die Lagerung einiger Ausrüstungsgegenstände der Zunft, entgegnete Narr. Würde alles aus dem alten Zunfthaus in das neue Gebäude verlegt, wäre man an neuer Stelle – trotz der Grundfläche von 210 Quadratmetern – wieder stark eingeengt, argumentierte der Zunftmeister. Auch eine Auslagerung der Ausrüstung in irgendeiner anderen Lagermöglichkeit wäre nicht für alle diese Gegenstände machbar, begründete er weiter.
Kassierer ist zuversichtlich
„Ich bin überzeugt, dass wir die finanzielle Belastung auch ohne den Verkauf des alten Zunfthauses stemmen können“, meinte Narr. Ähnlich argumentierte auch Frank Hellstern. „Ich bin zwar eher als etwas knausrig bekannt, aber auch ich sehe dieses Vorhaben wie vorgeschlagen als durchführbar.“ Allerdings sieht er als Voraussetzung, dass das normale Vereinsleben – vor allem mit der Veranstaltung des Stadtseefestes – wieder anlaufen wird.

Abgesichert hat sich die Vereinsführung zusätzlich bereits im Vorfeld. Das Finanzierungskonzept sei von mehreren Banken bereits für gut befunden worden. Architekten und auch Elektriker hätten das Objekt im Erdgeschoss begutachtet und hielten die Bausubstanz für in Ordnung.
Stadtrat Jürgen Witt begrüßt das Vorhaben
Unterstützung fand das geplante Unternehmen auch durch den Stadtrat Jürgen Witt. Der Stadt- und Gemeinderat würde dieses Vorhaben der Stegstrecker ausdrücklich begrüßen. „Es würde ein belebendes Element in der Innenstadt bilden“, so Jürgen Witt.
Andreas Narr sieht in der Immobilie die Möglichkeit, das Vereinsleben stärker zu beleben, als es mit dem alten Zunfthaus möglich gewesen wäre. Neben der Nutzung als Besenwirtschaft, wäre eine Vermietung an Vereinsmitglieder eine Möglichkeit. Das würde aber nicht ohne zusätzliche Arbeitseinsätze der Mitglieder vonstatten gehen können, schränkte er ein.

Zum Ende der Hauptversammlung gab Andreas Narr noch einen Ausblick auf die närrische Planung für das kommende Jahr. Eine Fasnet mit Zünften, die nach Pfullendorf kommen werden, und Umzügen, zu denen die Stegstrecker reisen werden, sieht er eher als unwahrscheinlich an. Aber er könnte sich so etwas wie eine „Steinwurf-Fasnet“ vorstellen. Damit zielte er auf eine Fasnet ab, die vielleicht mit den Zünften der Teilgemeinden gemeinsam durchgeführt werden könnte.
Elf Mitglieder für Narrenrat gewählt
Bevor über das neue Zunfthaus diskutiert und entschieden wurde, standen einige Wahlentscheidungen auf dem Programm. Hier wurden Andreas Narr als Zunftmeister sowie Frank Hellstern als Kassierer wiedergewählt. Zusätzlich wurden für den Narrenrat elf Mitglieder und für den Beirat zehn Mitglieder gewählt.
Vier Mitglieder erhalten Stegstrecker-Orden
Bei den Ehrungen galt es, einige Orden zu überreichen. Für fünfjährige Mitgliedschaft erhielten 17 Mitglieder den Hänsele-Orden. Der Zunftorden für 20-jährige Mitgliedschaft wurde sieben Mitgliedern verliehen. Mit dem Stegstrecker-Orden für 25 Jahre Mitgliedschaft wurden vier Personen ausgezeichnet.