Bei der Vorstellung der Kriminalstatistik 2024 auf dem Polizeirevier in Sigmaringen wartete das Polizeipräsidium Ravensburg mit geballter Fachkompetenz auf. Polizeipräsident Uwe Stürmer vermerkte nicht ohne Stolz einen deutlichen Rückgang der registrierten Kriminalität im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Ravensburg. Er sagte, die Bilanz könne sich sehen lassen. „Sie ist Beleg für eine objektiv gute Sicherheitslage und entspricht dem zweithöchsten Kriminalitätsrückgang aller landesweiten 13 Polizeipräsidien“, erklärte Stürmer. Die bei 67 Prozent liegende Aufklärungsquote in der Region sei knapp fünf Prozentpunkte besser als der Landesschnitt.

39 Haftbefehle in LEA Sigmaringen

Demzufolge stelle sich die aktuelle Sicherheitslage deutlich besser dar als von der Bevölkerung wahrgenommen. Sehr froh mache ihn die Ermittlungsgruppe in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Sigmaringen, sagte Uwe Stürmer: 39 Haftbefehle seien erwirkt worden – ein Zeichen, wie schnell die Polizei „kriminellen Pappenheimern“ auf die Schliche komme. Gleichwohl würde die kleine Zahl von Menschen aus dem Maghreb, die ohne Bleibeperspektive zu Straftaten tendierten, mehr Arbeit machen als das Gros der in der ehemaligen Kaserne beherbergten Flüchtlinge.

Mehr Vergewaltigungen und Nötigungen

Kriminalhauptkommissar Manuel Lutz, der Leiter des Kriminalkommissariats in Sigmaringen, führte im Bereich der Sexualdelikte die um 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegenen Fallzahlen auf die sich im Internet verbreitende Kinderpornografie zurück. Das Dunkelfeld bleibe groß, Frauen schreckten weiterhin vor Strafanzeigen zurück. In Bezug auf pädophile Männer verwies er auf einen aufgeklärten Fall, bei dem sich einer als Talentscout des FC Bayern München ausgegeben hatte, um sexuelle Handlungen an 13- bis 15-jährigen Jungs zu vollführen. Bei Vergewaltigungen und Nötigungen hätten sich die Fallzahlen ebenfalls erhöht, was der Polizeipräsident mit traditionell überkommenen Rollenbildern von Männern erklärt. Stark zusetzen würde den Ermittlern der Missbrauch von Kleinkindern, sagte Alexander Dürr, leitender Kriminaldirektor aus Friedrichshafen. Allerdings sei die Wahrscheinlichkeit einer Entdeckung gar nicht so gering: die Aufklärungsquote läge bei 72,4 Prozent.

Auffällige Kinder zwischen 10 und 13 Jahren

Einen leichten Rückgang verzeichnet die Gewaltkriminalität. Zum Ressort des Sigmaringer Kripo-Chefs gehörte auch der von umfangreichen Ermittlungen begleitete Polizeieinsatz im August¦2024, als bei einer Messerattacke in einem Pfullendorfer Restaurant ein versuchtes Tötungsdelikt vorlag.

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In der Alterskategorie 18 bis 21 Jahre der Kriminalstatistik sei die Zahl der Tatverdächtigen rückgängig. Deutlich steige die Kurve jedoch bei Kindern im Alter von zehn bis 13 Jahren nach oben, die aus problematischen Elternhäusern kämen. Schwierig sei auch der Umgang mit sogenannten Reichsbürgern oder Selbstverwaltern – ein auf 160 bis 170 geschätzter Personenkreis. Zehn Prozent davon verfügten über Waffen.

Weniger Angriffe auf Polizei

Bei Angriffen auf die Polizei, deren Zahl sich entgegen dem landesweiten Trend um zehn Prozent verringert habe, waren laut Polizei zwei Drittel der 30 Tatverdächtigen alkoholisiert und 80 Prozent davon bereits polizeibekannt. „Sorgen macht uns die Intensität in einzelnen Fällen“, erklärte Uwe Stürmer. Beleidigungen von jungen Kolleginnen hätten oft einen sexualisierten Bezug. Der Polizeipräsident sagte, er plädiere für eine „Null-Toleranz-Strategie“ und für strafrechtliche Verfolgung.

Bedrohung durch Cyberkriminalität

In puncto Diebstahlkriminalität, dem häufigsten Delikt in der Statistik, sind die Zahlen rückläufig. Wohnungseinbrüche nahmen mit 31 registrierten Fällen im Landkreis Sigmaringen deutlich ab. Als besonders perfide gelten jene Betrugsfälle, die über Callcenter, Schockanrufe oder angebliche Polizeibeamte passieren. Dabei servieren in Panik versetzte Bürger ihr Geld den Gaunern auf dem Silbertablett. Auch die Cyberkriminalität wird als wachsendes Bedrohungspotenzial eingestuft. „Sie breitet sich krakenartig aus“, sagte der Polizeipräsident, der hier „Waffengleichheit“ vermisst.

Mehr Cannabis-Konsum

Trotz der insgesamt stark rückläufigen Rauschgiftkriminalität ist die Zahl der Menschen, die an Rauschgift sterben (drei Fälle im Landkreis Sigmaringen), gestiegen. Eine Zunahme gibt es auch beim Kokainhandel. Der Ravensburger Polizeipräsident, Uwe Stürmer, kritisiert die Teillegalisierung von Cannabis als „Monstrum praxisferner Regelungen“. Die Gesetzesvorlage trockne den Schwarzmarkt nicht aus, sie sei „bestes Konjunkturprogramm“, um einen „Boom der Nachfrage“ auszulösen. Die Polizei habe seither bei Verkehrskontrollen über ein Drittel mehr Cannabis-Konsumenten registriert.