Im Sommer 1997 war Torsteher Ralf Hermanutz zum Fußball-Oberligisten SC Pfullendorf als Verstärkung gekommen. Weggelotst vom Ligakonkurrenten FV Biberach hatte ihn Reiner Scheu, doch der war beim Debüt gar nicht mehr im Traineramt. Michael Krause gab nun die Kommandos von der Seitenlinie. Mit ihm verband der rührige Sportclub-Manager Hans-Hermann Krane die Hoffnung, dass seine Mannschaft einen nachhaltigeren Vorstoß in Richtung der vier Jahre zuvor neu installierten Regionalliga Süd unternehmen könnte. Tatsächlich gelang den Pfullendorfern der Sprung in die dritthöchste Liga über die Aufstiegsrelegation. Mit Ralf Hermanutz als sicheren Rückhalt im Tor.

Chemie zwischen Trainer und einigen Spielern stimmte nicht

Suboptimal war jedoch der Saisonstart verlaufen. Die Chemie zwischen dem Coach und einigen Spielern stimmte nicht – Krause wurde im September 1997 freigestellt. Nachhaltig ist Ralf Hermanutz der desaströse Auftritt bei der 1:4-Pleite ausgerechnet bei seinem früheren Verein, dem FV Biberach, in Erinnerung geblieben. Der innere Zwist ließ sich kaum noch zu kitten, der SÜDKURIER schlagzeilte, dass die Mannschaft wohl einen Psychiater gut gebrauchen könnte.

Wilfried Ritter bringt die Spielfreude zurück

1997: Wilfried Ritter avancierte beim SC Pfullendorf zum gefeierten Aufstiegstrainer. Er hatte den Part des Chefcoaches im September ...
1997: Wilfried Ritter avancierte beim SC Pfullendorf zum gefeierten Aufstiegstrainer. Er hatte den Part des Chefcoaches im September 1997 übernommen. Seine Motivationskünste sorgten für durchschlagenden Erfolg, die Spieler fühlten sich von ihm frisch inspiriert. | Bild: Fischer, Eugen

Krauses Trainer-Assistent Wilfried Ritter sprang sodann als Feuerwehrmann in die Bresche. „Der Wilfried hat das richtig gut gemacht. Wir fanden wieder unseren Spaß, was sich auch in den Ergebnissen niederschlug“, erinnert sich der heute 52-jährige Ralf Hermanutz gerne an den darauffolgenden sportlichen Höhenflug. Denn Ritter verstand es, ihn sowie Libero Ohannes Yardim und den Mittelfeldstrategen Martin Fritz mit einzubinden. Das war der Unterschied. Die Akteure auf dem Rasengrün holten das Maximum aus sich heraus und der SC Pfullendorf qualifizierte sich als Überraschungszweiter hinter den Amateuren des VfB Stuttgart für die Aufstiegsrunde.

Auswärtssieg in der Aufstiegsrunde

Als Auftaktgegner wartete am 2. Juni 1998 der bayrische Vertreter SG Quelle Fürth. 1000 Besucher, darunter Manager Krane, der zuvor mit den „Alten Herren“ des SCP durch das Altmühltal radelte, erlebten einen phänomenalen 5:2-Auswärtssieg. „Dabei sind wir als Außenseiter hochgefahren, doch unser Spiel nahm immer mehr Fahrt auf“, schmunzelt Hermanutz über den gelungenen Coup und eine ausgelassene Rückreise.

1997: Torsteher Ralf Hermanutz kam 1997 vom FV Biberach in den Oberen Linzgau und entwickelte sich zu einer unverzichtbaren Institution. ...
1997: Torsteher Ralf Hermanutz kam 1997 vom FV Biberach in den Oberen Linzgau und entwickelte sich zu einer unverzichtbaren Institution. Mit ihm ließ sich auf Anhieb der Regionalliga-Aufstieg realisieren. Bis heute identifiziert er sich mit den sportlichen Zielen des Sportclubs. | Bild: Fischer, Eugen

Dieter „Jogi“ Lieberwirth, Fürther Coach und Ex-Bundesligaprofi des 1. FC Nürnberg, kochte vor Zorn. Schließlich brachten die Mittelfranken Regionallgaerfahrung mit und wollten ihren Abstieg vom Jahr zuvor wieder wettmachen. Da Fürth beim hessischen Vertreter über ein 1:1 nicht hinauskam, genügte dem Sportclub ein Teilerfolg gegen den SV Bernbach.

5500 Zuschauer sehen im Waldstadion eine heiß umkämpfte Partie

„Das war ein Zitterspiel, wir retteten das 0:0 über die Zeit“, weiß Hermanutz. Danach ging die Party im Tiefental erst richtig los. Zwei Jahre später klopfte der SCP mit ihm als wackeren Tormann bereits an die Pforte zur Zweiten Liga. Ralf Hermanutz hält dem zeitweise in wirtschaftliche Turbulenzen geratenen Verein nach absolvierten 411 Punktspielen in 13 Jahren weiter stetige Treue, ist im Vorstand aktiv und sorgt für einen tauglichen Unterbau im Aktivenbereich, die U-21 will sich neuerdings in der Bezirksliga behaupten.

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Ehemalige Spieler sind heute als Trainer tätig

Und was ist aus den anderen lokalen und regionalen Spielergrößen geworden, aus denen sich das erfolgreiche Pfullendorfer Team Ende der 1990er Jahre rekrutierte? Einige von ihnen fungieren heute noch als Trainer wie Öner Topal (FC Mengen), Alexander Eberhardt (FC 07 Albstadt), Erol Türkoglu (FV Spfr. Neuhausen) oder Mario Slawig (SG Herdwangen-Großschönach).

1995: Ivica Magdic, Torjäger des SC Pfullendorf, war schon eine besondere Marke. Der Kroate, 1995 vom Zweitligisten FC Schweinfurt 05 ...
1995: Ivica Magdic, Torjäger des SC Pfullendorf, war schon eine besondere Marke. Der Kroate, 1995 vom Zweitligisten FC Schweinfurt 05 gekommen, glänzte als unberechenbarer Freistoßspezialist und war für jedes Späßchen zu haben. | Bild: Fischer, Eugen

Ohannes Yardim hatte viele Jahre den TSV Berg betreut, ehe er als Assistenztrainer von 2001 bis 2007 beim SCP fungierte. Adnan Sijaric verbuchte zwar in der Oberliga kaum Einsätze, war dann aber beim SC Pfullendorf als Regionalligacoach tätig und übernahm den Verein dann wieder in der Verbandsliga. Zuvor hatte Sijaric den TSV Berg unter seinen Fittichen. Martin Fritz, Ex-Profi des VfB Stuttgart, übernahm nach Beendigung seiner Spielerkarriere in Pfullendorf kurzzeitig den Vorsitz des Vereins.

Mit Manager Hans-Hermann Krane beginnt die Erfolgsgeschichte des SCP

1998: Hans-Hermann Krane war der „Macher“ und als Manager des SC Pfullendorf sehr geschätzt. Mit ihm wurde 1980 die Oberliga ...
1998: Hans-Hermann Krane war der „Macher“ und als Manager des SC Pfullendorf sehr geschätzt. Mit ihm wurde 1980 die Oberliga erreicht, drei Abstiege in die Verbandsliga mit dem sofortigen Wiederaufstieg wettgemacht. 1998 gelang der Sprung in die neu ins Leben gerufene Regionalliga Süd – die Pfullendorfer waren jahrelang die Nummer zwei im südbadischen Fußball hinter dem SC Freiburg. | Bild: Fischer, Eugen

Der Sportclub Pfullendorf war unter Manager Hans-Hermann Krane 1977 erstmalig in die dritthöchste 1. Amateurliga aufgestiegen. Die 1979 neu gegründete Oberliga Baden-Württemberg wurde 1980 erreicht, drei Abstiege daraus 1981, 1987 und 1989 konnten als „Betriebsunfälle“ sogleich wieder repariert werden. Ab 1998 spielte der SCP in der Regionalliga und avancierte schließlich mit dem sportlich absoluten Höhepunkt 2000, der Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur Zweiten Bundesliga, hinter dem SC Freiburg zu einem der erfolgreichsten südbadischen Fußballvereine.

Die aktuelle Mannschaft des SC Pfullendorf in der Saison 2022/2023

SC Pfullendorf 2022/23: Hinten von links: Stefan Nunne (Betreuer), Silvio Battaglia, Cenk Bulanik, Amadou Marena, Robin Rauser, Stefan ...
SC Pfullendorf 2022/23: Hinten von links: Stefan Nunne (Betreuer), Silvio Battaglia, Cenk Bulanik, Amadou Marena, Robin Rauser, Stefan Zimmermann, Connor Mitchell, Heiko Behr, David Fritz – Mitte von links: Helgi Kolvidsson (Sportlicher Leiter), Taibi El-Amrani (Mannschaftsarzt), Leon Viergutz (Physiotherapeut), Eugen Schmidt (Athletik-Trainer), Jan-Peter Brehm (Physiotherapeut), Christian Neumaier, Daniel Niedermann, Felix Waldraff, Marco Straub, Jose Vadakkekara (Co-Trainer), Hakan Karaosman (Trainer), Giovanni Varlese (Teammanager), Robert Hermanutz (Vorstand Sport) – Vorne von links: Silvio Seminara (Betreuer), Heidi Nunne (Masseurin), Samuel Peter, Mert Aras, Yunus Kulu, Ronny Klockner, Sebastian Willibald, Nicola Guglielmelli, Aaron Binder, Vincent Bühler, Achim Krug (Betreuer). | Bild: Fischer, Eugen