Nicht nur bei den Bewohnern der Seniorenwohnanlage „Am Stadtsee“ ist die Verunsicherung groß, nachdem ein Betrügerduo mit einer perfiden Masche gleich in zwei Wohnungen eindringen konnten und dabei unter anderem Bargeld und Schmuck erbeuteten. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER schildert sie den Vorfall.
Betrüger erkennen blitzschnell die Situation
Die Dame will ihren Namen nicht öffentlich machen, auch aus Furcht, damit wieder Betrüger auf sich aufmerksam zu machen. Sie wohnt mit ihrem Ehemann in der Anlage und hatte morgens das Haus verlassen. Bei ihrer Rückkehr erwartete sie ihr Gatte und fragte, warum sie ihm nicht mitgeteilt habe, dass eine Krankengymnastin der Spitalpflege, die das Ehepaar betreut, nach ihm schauen wolle. Er habe auf deren Klingeln reagiert und sie in die Wohnung gelassen, worauf bei der Ehefrau alle Alarmsirenen losgingen, denn sie wusste von nichts. Beim Blick ins Schlafzimmer bestätigte sich die böse Vorahnung – alles war durchwühlt, Schubladen und Schranktüren weit offen. Tatsächlich hatte sich ein Komplize der vermeintlichen Pflegerin in die Wohnung geschlichen, alles durchsucht, allerdings nur einen kleinen Bargeldbetrag erbeutet. Dabei muss das Duo sehr professionell vorgegangen sein und blitzschnell auf die Situation reagiert haben. Nachdem der Mann die Unbekannte in die Wohnung gelassen hatte, forderte sie diesen auf, dass die Übungen um die Ecke in der Küche zu machen. Nach einigen Minuten schlug sie einen Standortwechsel vor und setzte die angebliche Krankengymnastik im Schlafzimmer fort. So verschaffte sie ihrem Komplizen genügend Zeit, sich in der übrigen Wohnung nach Diebesgut umzuschauen.
Bei Nachbarin wird Schmuck gestohlen
Das Ehepaar alarmierte nach dem Vorfall sofort die Polizei und klingelte auch bei anderen Bewohnern, um sie zu warnen. Bei einer Nachbarin kamen sie allerdings spät. Auch diese ältere Frau berichtete von einem unangemeldeten Besuch einer Krankengymnastin in weißem Kittel und beim ersten Durchblick der Wohnung vermisste sie nichts. Mittlerweile war ihre Tochter im Haus und fragte: „Mutti, hast du auch nach dem Schmuck geschaut?“
Das hatte die alte Dame in der Aufregung vergessen, und die Schatulle war leer. Darunter waren Erinnerungsstücke an ihren verstorbenen Ehemann und so ist die Trauer groß. „Dass die alles durchwühlt und womöglich noch Fotos gemacht haben, wissen wer wir sind. Das macht mir richtig Angst“, sagt die betroffene Bewohnerin, die sich abends oder gar nachts nicht mehr aus dem Haus traut.
Vornehmliche Senioren im Visier der Betrüger
Christian Sugg, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg, bestätigt, dass die Betrugsmaschen immer perfider und ausgeklügelter werden, wobei die Täter es vornehmlich auf Ältere abgesehen haben. So werden Telefoneinträge gezielt auf „alt“ klingende Namen durchforstet, um einen Betrugsversuch zu starten. Aus Erfahrung weiß der Polizeibeamte, dass sich Senioren leichter unter Druck setzen lassen, wenn sie beispielsweise mit dem so genannten „Enkeltrick“ konfrontiert werden. Dabei geben sich Anrufer oft als Polizisten aus, berichten, dass der Enkel einen Unfall hatte und nun dringend Geld bräuchte, das abgeholt werde. Bezüglich des Trickbetrugs in der Wohnanlage in Pfullendorf sind ihm keine weiteren Fälle bekannt.
Kostenlose Beratung der Polizei vor Ort
Die Präventionsabteilung des Polizeipräsidiums Ravensburg bietet unter dem Titel „Vorsicht Abzocke!“ ab einer Gruppe von 15 Personen kostenlose Informationsveranstaltungen zum Thema Betrügereien an der Haustüre, am Telefon und „unterwegs“ an. Gebucht werden könnten die Veranstaltungen unkompliziert unter ravensburg.pp.praevention@polizei.bwl.de oder unter Tel. 0751 8031042 und vielfältige Informationen zu unterschiedlichen Themen gibt es unter www.polizei-beratung.de
Tipps der Polizei gegen den Enkeltrick
„Seien Sie misstrauisch, wenn sich Anrufer am Telefon nicht selber mit Namen melden. Raten Sie nicht, wer anruft, sondern fordern Sie Anrufer grundsätzlich dazu auf, ihren Namen selbst zu nennen. Seien Sie misstrauisch, wenn sich Personen am Telefon als Verwandte oder Bekannte ausgeben, die Sie als solche nicht erkennen. Erfragen Sie beim Anrufer Dinge, die nur der richtige Verwandte/Bekannte wissen kann. Geben Sie keine Details zu Ihren familiären und finanziellen Verhältnissen preis. Lassen Sie sich nicht drängen und unter Druck setzen. Nehmen Sie sich Zeit, um die Angaben des Anrufers zu überprüfen. Rufen Sie die jeweilige Person unter der Ihnen bekannten Nummer an und lassen Sie sich den Sachverhalt bestätigen.“
Niemals Fremden Geld oder Schmuck übergeben
Wenn ein Anrufer Geld oder andere Wertsachen von Ihnen fordert: Besprechen Sie dies mit Familienangehörigen oder anderen Ihnen nahe stehende Personen. Übergeben Sie niemals Geld oder Wertsachen wie Schmuck an unbekannte Personen, auch nicht an die Polizei. Kommt Ihnen ein Anruf verdächtig vor, informieren Sie unverzüglich die Polizei unter der Nummer 110. Bewahren Sie Ihre Wertsachen, z.B. höhere Geldbeträge und andere Wertgegenstände nicht zuhause auf, sondern auf der Bank oder im Bankschließfach.
Am Telefon geschlossene Verträge sind gültig
Die Polizei gibt auch Tipps gegen Werbeanrufe, die ohne ausdrückliche Zustimmung des Angerufenen verboten sind. Aber, am Telefon abgeschlossene Verträge sind gültig. Auch wenn der Angerufene lediglich der Zusendung von Informationsmaterial zugestimmt hat, kann es sein, dass er anschließend eine Auftragsbestätigung erhält. Hier gilt: Sofort handeln! Allerdings können fast alle am Telefon abgeschlossenen Verbraucherverträge innerhalb einer Frist von 14 Tagen widerrufen werden, schriftlich oder durch Rücksendung der gelieferten Sache, eine Begründung ist nicht nötig. Es genügt der rechtzeitige Versand des Schreibens per Brief, Fax oder E-Mail, der aber nachgewiesen werden muss.
Tipps der Polizei gegen Telefonbetrug
„Generell sollte man sich nicht auf lästige Werbeanrufe einlassen, sondern einfach den Hörer auflegen. Erhalten Sie unerlaubte Werbeanrufe, notieren Sie sich Datum, Uhrzeit und Grund des Anrufs sowie Namen, Unternehmen und Rufnummer des Anrufers. Wenden Sie sich mit diesen Informationen an die örtliche Verbraucherzentrale. Am Telefon abgeschlossene Verträge sind gültig! Wenn Sie eine Auftragsbestätigung erhalten, obwohl Sie lediglich der Zusendung von Informationsmaterial zugestimmt haben, widerrufen Sie umgehend und zwar schriftlich, am besten per Einschreiben. Geben Sie bei jedem Vertragsabschluss nur die hierzu notwendigen Daten an. Geben Sie nie Ihre Kontonummer preis, wenn Sie den Gesprächspartner nicht kennen. Stimmen Sie nicht der Nutzung Ihrer Telefonnummer zu Werbezwecken zu.“