Es war ein rabenschwarzer Tag für die Fahrschulbranche, als sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitete, dass ein 41-jähriger Fahrlehrer aus dem Kreis Sigmaringen wegen des Verdachts des sexuellen Übergriffs und der mehrfachen Vergewaltigung in Untersuchungshaft sitzt. Der Tatverdächtige soll im vergangenen Jahr seine Fahrschülerinnen in abgelegene Waldstücke gelotst haben, wo er übergriffig geworden sein soll. So reagieren Pfullendorfer Fahrlehrer.
Grenzen überschritten
„Das wirft ein schlechtes Bild auf die Fahrschulen“, sagt Ralph Müller, stellvertretender Vorsitzender des Kreisvereins Sigmaringen im Fahrlehrerverband Sigmaringen und Inhaber der Fahrschule Zembrod. Auf solch eine Schlagzeile, die medial für Entsetzen sorgte, hätte er gerne verzichtet. „Wenn die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft stimmen, sind ganz klar Grenzen überschritten worden“, sagt Müller. Sollte er als Fahrlehrer Hinweise von Fahrschülerinnen bekommen, dass sie während der Fahrstunden sexuell belästigt würden, „würde ich nicht lange zögern und den Beschuldigten entlassen“, ergänzt Müller.
„Das war Arglist und Vorsatz.“Eduard Benkler, Fahrlehrer
„Ich bin fassungslos“, sagt Eduard Benkler, Geschäftsführer des Fahrschulteams Schilf/Benkler mit 15 Fahrlehrern und zwei Fahrlehrerin an acht Standorten in der Region. „Was hier offenbar passiert ist, ist ein absolutes No-Go, wofür ich keinerlei Verständnis habe“, so Benkler, dessen Handy am Mittwoch pausenlos geklingelt hat. Im Tatverdächtigen stecke offenbar viel kriminelle Energie. „Das war Arglist und Vorsatz.“ Was ihn am meisten ärgert? „Jetzt wird die ganze Branche durch den Dreck gezogen“, sagt Benkler, dessen Fahrlehrer sich definitiv nicht für diese mutmaßliche Straftaten verantworten müssen.
Klare Regelung bei Nachtfahrten
Er könne nachvollziehen, dass Eltern jetzt besorgt seien, wenn ihre Tochter in ein Fahrschulauto einsteigen würden. „Die Eltern vertrauen uns ihre Kinder an, für die wir die Sorgepflicht und die Verantwortung tragen. Wir leisten als eine der größten Fahrschulen ordentliche Arbeit, haben noch nie Probleme gehabt“, sagt Benkler. Bei Nachtfahrten zum Beispiel würden die jungen Fahrschülerinnen und Fahrschüler direkt nach Hause gefahren werden. „Wir warten sogar, bis die Fahrschüler zur Tür drin sind“, ergänzt er.
Manchmal wird der Lehrer gewechselt
Trotzdem komme es vereinzelt vor, dass Fahrschülerinnen oder Fahrschüler den Fahrlehrer wechseln, „weil es menschlich nicht passt.“ Das sei manchmal wie in der Schule. Da könne auch nicht jeder Schüler mit jedem Lehrer. Für Benkler gebe es – sollte sich der Verdacht bestätigen – nur eine Konsequenz: die fristlose Kündigung. Benkler sagt aber auch, dass es keine 100-prozentige Überwachung geben könne. „Das Problem ist schon die extreme Nähe des Fahrlehrers zu den Fahrschülern.“
Strikte Trennung
Aber alle Fahrlehrer seien darin geschult, während der Fahrstunden dienstliches und privates strikt zu trennen. Benklers gleichberechtiger Geschäftsführer Christian Gaa spricht von einem „Desaster für die Branche“. Das Fahrschulteam gebe den Eltern das Versprechen ab, „dass ihre Kinder bei uns vernünftig aufgehoben sind“. Die Fahrlehrer haben regelmäßig Team-Meetings. „Jede körperliche Erklärung wie die Hand über dem Fahrersitz ist tabu“, sagt Gaa über Schutzmechanismen der Fahrlehrer.
Kein Körperkontakt
Der Pfullendorfer Fahrlehrer Max Schmauder ist entsetzt und stellt sich zugleich die Frage, wie man nur so blöd sein könne. Das sei im Übrigen der einhellige Tenor in der Branche, für die sich diese vermeintliche Tat nachteilig auswirken würde. Schmauder selbst habe in den vergangenen zehn Jahren gelernt, „jeglichen Körperkontakt mit den Fahrschülern zu vermeiden, was nicht ganz einfach ist, weil man ab und zu auch ins Lenkrad greifen muss, um einen Unfall zu vermeiden.“