Etwa 80 Bauplätze sollen im Neubaugebiet „Dreißigste Garb“ entstehen, das im nächsten Jahr erschlossen wird und es gibt schon 200 Interessenten für die Flächen, informierte Bürgermeister Thomas Kugler jüngst im Gemeinderat. Die Suche nach Wohnraum ist auch in Pfullendorf extrem schwierig geworden, besonders nach bezahlbaren Wohnungen und Bauplätzen. Angesichts des Einkommens- und Lohngefälles beispielsweise mit dem Bodensee fürchten immer mehr Einheimische, dass sie finanziell nicht mehr mithalten können. Viele Gemeinden entwickeln deshalb Richtlinien, in denen Kriterien für die Bauplatzvergabe festgelegt werden, auch um heimische Interessenten beim Konkurrenzkampf zu unterstützen, indem neben Geld auch Kriterien wie bisheriger Wohnort, Arbeitsplätze oder ehrenamtliches Engagement in Vereinen berücksichtigt werden.
In Pfullendorf gilt das „Windhundverfahren“
In Pfullendorf erfolgt die Vergabe von Bauplätzen nach dem „Windhundverfahren“, teilt Hauptamtsleiter Simon Klaiber auf Anfrage des SÜDKURIER mit. Man achte sehr wohl darauf, dass die Bürger beziehungsweise die Familien vor Ort zum Zug kommen und nicht etwa zahlungskräftigere Bewerber aus anderen Regionen. Die „Zahlkraft“ spielt nach seiner Überzeugung bei der Bewerbung um einen Bauplatz keine Rolle, da der Gemeinderat im Vorfeld die Preise festlege. Die Aussage, dass immer mehr Pfullendorfer im Wettbewerb um Bauplätze und/oder Wohnungen gegen finanzstarke Interessenten aus der Bodenseeregion keine Chance haben, könne er deshalb nur zurückweisen. „Wir wollen im Moment keinen Kriterienkatalog zur Bauplatzvergabe erarbeiten“, verweist Klaiber auf die zahlreichen Klageverfahren in anderen Kommunen, was zeige, dass alle Vergabeverfahren höchst angreifbar seien und keine rechtliche Sicherheit geben.
Freie Wähler: „Wollen an dem System festhalten“
Gegenüber dem SÜDKURIER bestätigt Thomas Jacob, Fraktionschef der Freien Wähler, dass man sich von Verwaltung die aktuellen Zahlen der Bauplatzvergabe im Bereich Oberer Bussen I und II geben ließ und analysierte. „Dabei ist zu erkennen, dass es keine Benachteiligung von Pfullendorfer Bürgern gibt“, sagt Jacob.
Da der Gemeinderat die Bauplatzpreise im Vorfeld festlege, komme auch nicht der Interessent zum Zuge, der am meisten biete. „Unsere Fraktion möchte gern am so genannten Windhundprinzip festhalten, und deshalb sehen wir aktuell keinen Handlungsbedarf bei dieser Thematik. Wer zuerst reserviert, ist bei der Vergabe vorne dabei“, sagt der FW-Chef. Durch Rücknahme von Bauplatzreservierungen von Interessenten wird nach Auffassung der Freien Wähler die Tür für weitere Bewerber immer wieder geöffnet, so wie aktuell noch drei freie Bauplätze im Oberen Bussen II zur Verfügung stehen.
CDU-Fraktionschef: „Vergabepolitik hat sich bewährt“
Auch die Fraktionsgemeinschaft CDU und SPD habe die Thematik beraten und sehe gleichfalls keinen Grund, die Vergabepraxis zu ändern, erklärt Roland Brucker auf Anfrage des SÜDKURIER. Das Interesse der Bürger und Familien in der Kernstadt und den Ortsteilen würde durch die derzeitige Vergabepraxis genauso berücksichtigt, wie die Möglichkeit, neuen Bürgern eine Heimat zu fairen Bedingungen zu bieten. „Unsere Vergabepolitik hat sich bewährt. Die städtischen Baulandpreise sind stabil geblieben und unsere Fraktion unterstützt daher die Verwaltung weiterhin bei dieser etablierten Vorgehensweise zur Baulandgewinnung und -vermarktung“, macht der CDU-Fraktionschef klar.
Gericht lehnt Kriterienkatalog ab
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen kippte jüngst den Kriterienkatalog des Gemeinderates Öpfingen. Das Gremium hatte Bauplatzvergaberichtlinien für ein Baugebiet erlassen, wogegen Antragsteller geklagt hatten und die Richter ihnen in formeller und inhaltlicher Hinsicht recht gaben.
Die 7. Kammer führte unter anderem aus, dass die Gemeinde grundsätzlich ermächtigt gewesen sei, eine Vergaberichtlinie aufzustellen und sich bei der Vergabeentscheidung der Bauplätze an dieser Richtlinie zu orientieren. Die Vergaberichtlinie verstoße aber gegen die Gebote der Transparenz und der Gleichbehandlung. Die Regelung, dass Bewerbungen ausschließlich über eine gemeindefremde Internetseite abgegeben werden könnten, sei aller Voraussicht nach mit den Grundsätzen einer sachgerechten Vergabeentscheidung nicht mehr vereinbar, da sämtliche Bewerber faktisch zu einem elektronischen Verfahren gezwungen würden.
Weiter beanstandeten die Richter, das in den Richtlinien genannte Kriterium des „ehemaligen Wohnsitzes“, da es für ortsfremde Bewerber damit faktisch ausgeschlossen sei, berücksichtigt zu werden. Und nicht hinreichend bestimmt sei das Kriterium des „Ehrenamts“, bei dem solche Bewerber bevorzugt würden, die ehrenamtlich für die Allgemeinheit in der Gemeinde tätig seien. (siv)