Eingestellt wurde von Amtsrichterin Kristina Selig das Verfahren gegen eine 61-jährige Frau aus Ostrach, die vor dem Amtsgericht Sigmaringen wegen eines „Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz“ auf der Anklagebank saß. Befragt wurden zuvor zwei Zeuginnen. Die erste Zeugin, eine 48-jährige Frau aus Sigmaringen, hatte die 61-Jährige bei der Polizei angezeigt. Sie hatte sie im Mai dieses Jahres vor dem Familiengericht in der Kreisstadt ein Annäherungsverbot erwirkt, das besagt, dass die Angeklagte ihr gegenüber zukünftig einen Mindestabstand von 50 Metern einhalten müsse. Sollte es zur zufälligen Begegnung kommen, hätte sich die Angeklagte „unverzüglich zu entfernen“.

Auf dem Rückweg von einem Essen

Nun galt es herauszufinden, ob die Angeklagte dieser Anordnung zuwider gehandelt hatte. Denn im Juli dieses Jahres, um 21.30 Uhr begegneten sich die beiden in Sigmaringen in den Burgwiesen bei der Überquerung eines Zebrastreifens. Die Angeklagte gab an, sich mit ihrem siebenköpfigen Familienclan nach einem Essen auf dem Rückweg befunden zu haben, zudem sei sie in ein Gespräch mit einem ihrer Angehörigen vertieft gewesen. Sie habe die 48-Jährige erst wahrgenommen, als diese lauthals schrie: „Halte deinen Abstand ein!“

Verteidiger fordert Ladung weiterer Zeugen

Die Zeugin beharrte demgegenüber auf ihre Aussage, dass das Verhalten der Beschuldigten als „gezielte Provokation“ zu werten sei, die Angeklagte sie also zuvor „definitiv gesehen“ haben müsste. Stefan Eichner, der Verteidiger der Angeklagten, erwiderte, dass es die alleinige Schlussfolgerung der 48-Jährigen sei, dass seine Mandantin sie bereits von Weitem erkannt hätte. Er forderte weitere Beweisanträge und Zeugen, sollte das Verfahren nicht eingestellt werden. Eine weitere Zeugin, eine Altenpflegerin, die die Anzeige erstattende Frau mit ihrer Tochter auf dem Zebrastreifen begleitete, sagte vor Gericht aus, dass sie von dem Verhalten der 48-Jährigen überrascht gewesen sei, die nach der Begegnung „sehr schnell weggerannt“ sei.

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Offensichtlich gibt es eine Vorgeschichte

Hintergrund dieses Szenarios dürften Auseinandersetzungen zwischen der Ostracherin und der 48-Jährigen sein, die schon am Vortag vor Gericht ausgetragen wurden und bei der die 61-Jährige zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Darüber zeterte die Angeklagte: „Diese Frau macht mein Leben kaputt!“ Sie behauptete gegenüber Selig, der 48-Jährigen einst unter die Arme gegriffen zu haben – auch mit einem Geldbetrag. Bei ihrer Rückforderung habe diese sich als bedrängt dargestellt und das Annäherungsverbot erwirkt. Ihre Forderung in vierstelliger Höhe vermag die 61-Jährige aber offenbar nicht nachzuweisen.