Die Amphibien rund um den Hardthof haben sich erst in der Osterwoche so richtig auf den Weg zu den Laichgewässern gemacht, denn auf den Höhen des Heubergs ist es immer ein Stück kälter als in vielen anderen Regionen des Landkreises. Die DRK-Bergwachtbereitschaft Sigmaringen und die Ortsgruppe Gutenstein des Schwäbischen Albvereins kümmern sich in Kooperation mit dem Landratsamt im 17. Jahr um die zahlreichen Kröten, Frösche und Molche, damit diese auf ihrer Wanderschaft auch die Teiche erreichen können.
Jeden morgen werden die Tiere eingesammelt
Der Hardthof ist ein Pferdezuchtbetrieb und liegt im Naturpark Obere Donau zwischen Stetten am kalten Markt und Sigmaringen. Nach dem Anlegen eines Löschteichs und eines künstlichen Feuchtbiotops stand den Amphibien aus den umliegenden Laub- und Mischwäldern ein ideales Laichgewässer zur Verfügung. Kurz vor dem Ziel müssen die Tiere eine Straße, den Gemeindeverbindungsweg Stetten am kalten Markt – Gutenstein überqueren. Um die Amphibien vor ihrem größten Feind, den Menschen mit ihren Autos, zu schützen, stellen die Vereine jedes Jahr 600 Meter Schutzzäune beidseitig der Straße auf. Entlang der Zäune werden Eimer eingegraben. Kröten, Frösche und Molche kommen bei ihrer Wanderschaft, meist nachts, an den Zaun, gehen am Zaun entlang und schwupps, plumpsen sie in die Eimer. Am Morgen holen die Naturschützer die Tiere bei jeder Witterung aus den Eimern und tragen sie über die Straße.
Wichtige Aktion für den Erhalt der Amphibien

Dabei werden die Vereine von Familie Briem aus dem benachbarten Nusplingen unterstützt. „Wir machen das sehr gerne, das ist eine wichtige Aktion. Interessant sind auch die Molche. Die Tiere müssen vor dem Überfahren gerettet werden“, sagt Sonja Briem ganz aus Überzeugung. Ihr Sohn Kai ergänzt: „Das Einsammeln der Tiere ist faszinierend. Ich habe auch einiges über die Tiere nachgelesen und erfahren.“
600 Meter pro Nacht unterwegs
Den Winter verbringen die Tiere meist in Erdlöchern in den umliegenden Wäldern und fallen in Winterstarre. Wenn die Nächte im Frühling wärmer werden beginnt die große Wanderung zu den Laichgewässern. Die Krötenweibchen als „Traditionslaicher“ legen ihre Eier in dem Gewässer ab, in dem sie selbst geboren worden sind. Das Gewässer wird über ein Organ, ein integriertes „Navigationssystem“ gefunden, sie orientieren sich auch an Mond und Sternen, Gerüchen und Geräuschen. Mit einer Hüpfgeschwindigkeit von etwa 600 Metern pro Nacht, machen sich die Tiere auf ihre oft mehrere Kilometer lange Reise. Die kleineren Männchen lassen sich häufig huckepack von den Weibchen zu den Gewässern tragen, nicht weil sie zu faul sind, sondern um sich ein Weibchen für die Paarung zu sichern. Manchmal schleppt eine Krötendame auch mehrere Männchen.
Bis zu 6400 Tiere in der Vergangenheit eingesammelt
Frösche legen ihre Eier in Ballen zwischen Binsenhalmen ab, Kröten in Schnüren zwischen Schilfstängeln und Wasserpflanzen. Aus den Eiern schlüpfen später Kaulquappen. Molche verpacken die Eier einzeln in Blätter von Wasserpflanzen. Neben den Fröschen und Kröten gehören auch die Molche und Salamander zu den Amphibien. Amphibien, oder auch Lurche, sind wechselwarme Tiere, ihre Körpertemperatur ist in hohem Maße von der Umgebungstemperatur abhängig. Sie ernähren sich vor allem von Schnecken, Würmern und Insekten. Neben den Autos gehören große Vögel, Igel, Marder und Füchse zu den Feinden. Bis zu 6000 Kröten und Frösche und zwischen 100 und 400 Molche wurden in den vergangenen Jahren von den freiwilligen Helfern jährlich über die Straße getragen, in einem Jahr mal mehr, im anderen wieder weniger. In einer warmen regnerischen Nacht können es mehrere hundert Amphibien sein, die sich auf den Weg machen und in die Eimer plumpsen. Die Wanderung kann je nach Wetterlage sechs bis acht Wochen andauern. Danach wird der Schutzzaun abgebaut.
Keine Alternative zu den Zäunen
Eine vorbildliche Amphibienschutzmaßnahme, bei der die Bergwacht Sigmaringen und die Gutensteiner Albvereinsortsgruppe seit 2006 gemeinsam für den Naturschutz unterwegs sind. Wolfgang Grandy, Albvereinsvorsitzender der Gutensteiner Ortsgruppe sagt zur derzeitigen Situation: „Die Kröten richten sich nicht nach Corona. Die Amphibien sind jedes Jahr unterwegs. Es gibt keine Alternative, wir müssen die Zäune immer aufbauen und die Tiere über die Straße bringen.“ Der Naturschutzreferent der Bergwacht, Rüdiger Bertsch unterstützt diese Aktion ebenfalls: „Es ist eine Möglichkeit, eine Tierart zu erhalten und die Population zu stärken. Vor der Aktion war die Straße übersät mit zermatschten Kröten, jetzt ist ein deutliches Resultat zu sehen.“