Sandra Häusler

Die Benediktinerinnen der Heiligen Lioba, Schwester Lioba Korte OSB und Schwester Sophia v. Kotschoubey-Beauharnais, die Gründerinnen der Heimschule Kloster Wald, hegten den Wunsch, eine Schule zu gründen, in der Mädchen zu Frauenpersönlichkeiten im christlichen und allgemein menschlichen Sinn erzogen würden. 1939 hatten die Ordensschwestern ein Rückwandererheim für evakuierte Mütter und Kinder im Landhaus des Fürsten Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen in Krauchenwies übernommen. Nach der Zwangsevakuierung im September 1944 hatte Berthold Markgraf von Baden sie im Schloss Hohenfels aufgenommen.

Am 18. Mai 1946 zog die Gemeinschaft dann von Hohenfels in das frühere Zisterzienserinnenkloster nach Wald und gründeten die Heimschule Kloster Wald. Circa 30 Schülerinnen und Schüler zogen am 20. Mai nach. Die kleinen Buben durften noch mitkommen nach Wald, um ihre Sexta abzuschließen. Bereits 1949 legten die ersten Schülerinnen der Heimschule das Abitur ab. Schwester Sophia ist das besondere Profil der Heimschule Kloster Wald zu verdanken. Die engagierte Vertreterin der Mädchenschule und überzeugte Pädagogin bot bereits 1951 die Werkstattausbildung am Gymnasium in Zusammenarbeit mit Meisterinnen aus dem Handwerk an und führte die vierte Grundschulklasse, die Vorsexta ein.

Baumpflanzung in den fünziger Jahren im Mariental mit (von links) den Heimschulgründerinnen und den Schwesters Sophia, Lioba und Adalberta.
Baumpflanzung in den fünziger Jahren im Mariental mit (von links) den Heimschulgründerinnen und den Schwesters Sophia, Lioba und Adalberta.

Die ehemalige Schulleiterin und einstige Leiterin der Werkstätten, Schwester Michaele Csordas OSB, sprach bei ihrem Rückblick in der Broschüre "60 Jahre Heimschule Wald" 2006 davon, dass es "Fügungen" waren, die das erfolgreiche Programm der pädagogischen Ausbildung in Kloster Wald ermöglichten. Das war auch der mutigen Initiative Schwester Sophias zu verdanken, dass sie die Chance wahrnahm, als Schwester Franca Heberle, Schneidermeisterin aus Rottenburg, ins Kloster eintrat und Schreiner- und Bildhauermeisterin Claire Pietsch als Flüchtling aus Schlesien nach Wald kam.

Bereits 1951 verließen die ersten Frauen die Schule mit Abitur und Gesellenbrief. Zwar waren es damals noch wenige, aber das Konzept "Erziehung durch Kopf, Herz und Hand" wurde und blieb das Wahrzeichen von Kloster Wald, sagt Schwester Michaele Csordás. 1951 wird in Verbindung mit der Heimschule Kloster Wald in Meßkirch eine Frauenfach- und Werkschule gegründet und die Genehmigung zur Ausbildung von Damenschneiderlehrlingen wird in die Handwerksrolle eingetragen. 1953 wird die Heimschule als neunklassige private Oberstufe für Mädchen staatlich anerkannt. Die Handwerkskammer Reutlingen genehmigt die Ausbildung von Lehrlingen im Bildhauer-, Drechsler- und Schreinerhandwerk. Am 24. November 1954 stirbt die Mitbegründerin der Heimschule Kloster Wald, Schwester Lioba Korte. Als die spätere Schulleiterin und Leiterin der Lehrwerkstätten, Schwester Michaele, 1950 als Studentin nach Wald kam, waren die Gebäude teilweise in einem schlechten Zustand, erinnert sie sich. Das Leben war für die Schwestern beschwerlich. Das Essen musste zu Fuß zwei Stockwerke hinaufgetragen werden, ebenso musste Brennmaterial aus dem Keller in die Klausur getragen werden. Wasser wurde von den drei Wasserstellen, die es im Hause gab, in die Räume geschafft. Die Schwestern, die als Lehrerinnen unterrichteten, hatten eine hohe Stundenzahl, große Klassen, übernahmen Aufsichten im Internat, im Waschraum, der Arbeitsstunde und im Spätdienst. Am Sonntag mussten die Schwestern mit einer Klasse zwei Stunden spazieren gehen.

Schwester Adalberta Buchholz OSB hielt ihre Erinnerungen an die Entstehung der Heimschule Kloster Wald fest. Im Esszimmer gab es nur Tische. Die Hocker aus den Klassen brachte jeder mit zum Essen. Jede Schülerin musste ihr eigenes Geschirr, Besteck und auch ihre eigene Waschschüssel mitbringen. Es gab immense Unterschiede. Die einen aßen von Meißner Porzellan, daneben jemand aus dem Blechteller. Schüler, die von daheim nichts mitbringen konnten, bekamen Aluminiumbesteck und -waschschüsseln. Im Laufe der Zeit hatte der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen einen Teil des säkularisierten Klosters an den württembergischen Staat verkauft. Die Schule hatte somit zunächst nur den sogenannten Gastflügel und die Hälfte des Eugenienganges, im Anschluss daran war das Amtsgericht. Im Ostteil war das Pfarrheim, im jetzigen Klausurtrakt wohnten Hegner Schwestern, die die Krankenpflege in der Gemeinde ausübten. Im Nordflügel befand sich das Amtsgericht mit einer Gefängniszelle. Der übrige stattliche Teil stand leer. Im Anschluss daran war das Amtsgericht. Im Westflügel war die Post, die Wohnung des Försters sowie das fürstliche Forstamt mit Wohnung des Forstmeisters und die Wohnung des Postbeamten untergebracht. Es kam der Straßenbaumeister, dahinter Dr. Erhard mit Wohnung und Praxis.

Stück für Stück dehnte sich die Schule in Richtung Jennerbau aus. Bei der Restauration des untersten Jennerteils halfen wieder Schüler. Zum Lioba-Tag 1948 war der Jenner soweit fertig, dass die Feier und das Lioba-Spiel dort aufgeführt werden konnten. Für jedes Schuljahr wurden neue Klassenräume gebraucht. Die Schule wuchs ständig. Von Beginn an wurden die Schülerinnen in die Arbeiten mit eingebunden. Ursula Thorn-Prikker, Abiturjahrgang 1952, hielt fest: Jede der Schülerinnen hatte Pflichten. Es gab Ofendienst, Spüldienst, Abtrocknendienst, Vorlesen während der Hauptmahlzeit, Klasse putzen. Die Schülerinnen spielten Theater. Das Bernhardspiel, Liobaspiel, Märchenspiele und Weihnachtsspiele wurden aufgeführt. Die Kostüme wurden selbst geschneidert. Musik gab es in jeder Form, manche Schülerinnen durften sogar in der Schola der Schwestern mitsingen. "Wir pflückten Kartoffelkäfer von den Bauernfeldern, um zu einer Mahlzeit zu gelangen, machten intensivste Betprozessionen gegen Borkenkäfer oder weil das Geld knapp wurde – weil eben ein Wunder erbetet werden musste", sagt Ursula Thorn Prikker. Die Schülerinnen pflückten Unmengen von Blumen für die an die 30 Teppiche für die Fronleichnamsprozession, halfen bei der Gartenarbeit, beim Brennholzsammeln. "Das Schlafzimmer wurde nur einmal im Jahr geheizt, sonst war es da eiskalt. Im Waschraum waren die Waschlappen steifgefroren und warmes Wasser bekam man nur einmal in der Woche."

Schon immer spielte die musische und künstlerische Ausbildung und das religiöse Leben an der Heimschule eine große Rolle. Der Werkunterricht war früher verpflichtend bis zur Obersekundarstufe. Zum Schuljahresende 1951 fand die erste große Ausstellung "Kloster Wald um 1800". Die Schülerinnen hatten die drei Kulturbereiche ins Auge gefasst: das Kloster, der Bauernstand und das Handwerk. Sie stellten den ältesten Hof in Wald dar und den 20 Quadratmeter großen Dorfplan, nach den Angaben der ältesten Walder aufgestellt.

Zur Person

Schwester Adalberta Buchholz (12.09.1908-21.11.2002) war von 1946 an in der Heimschule Kloster Wald. Die Ordensschwester setzte sich als phantasievolle Lehrerin, Erzieherin, Theaterregisseurin und treue Organisatorin mit allen Kräften ein, bis sie aus Altersgründen ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben konnte. 1993 kam sie pflegebedürftig ins Mutterhaus nach Günterstal. Die Heimschülerin und spätere Lehrerin und stellvertretende Schulleiterin an der Heimschule Kloster Wald, Gisela Gros, hat im Herbst 1994 ein Manuskript über die Entstehung der Heimschule Kloster Wald aus Tonbandaufnahmen, die im Winter 1991/92 mit Schwester Adalberta in Wald entstanden sind, übertragen und bei Besuchen im Günterstal vervollständigt.