Riedböhringen – Riedböhringens großer Heimatsohn Kardinal Bea hat in der römisch-katholischen Kirche auch heute noch einen hohen Stellenwert. Das zeigte sich gestern beim Pontifikalamt anlässlich seines 50. Todestags, das der Freiburger Erzbischof Stephan Burger mit mehreren Pfarrern zu Ehren von August Bea, der als Vater der Ökumene gilt, zelebrierte.
Die Kirche St. Genesius, in der der Kardinal auf seinen eigenen Wunsch begraben wurde, war voll, darunter waren auch viele Mitglieder der alt-katholischen und der evangelischen Gemeinde Blumberg mit der evangelischen Pfarrerin Gabriele Remane.

Weihrauch erfüllte das Gotteshaus, als alle das Lied "Ein Haus voll Glorie schauet" sangen. Stadtpfarrer Karlheinz Brandl griff dies auf, das gelte fürwahr, obwohl man des Todes gedenke. Das größte Lob für den Verstorbenen habe wohl Papst Johannes XXIII. gesagt: "Gott sei Dank, dass er mir diesen Kardinal Bea geschenkt hat."

Erzbischof Stephan Burger schlug in seiner Predigt den Bogen von Bea zur heutigen Zeit. "Wir blicken auf ein Jahr zurück, wo wir einen Brückenbauer wie ihn nötig gebraucht hätten." Man erlebe, wie Rechtspopulisten Stimmung machten, man erlebe Hass, Ablehnung und Diskriminierung statt Annahme. Kardinal Bea habe erlebt, wie in Europa aufgerüstet wurde, Nationalismus wuchs und im Zweiten Weltkrieg Abgrenzung zugunsten einer eigenen Aufwertung einen Höhepunkt erfahren habe.

Nation, Rasse und Religion wurden zu Ausschlusskriterien. "Bea war geprägt von dieser Zeit, er kannte die Abgründe, die sich durch Zwist und Zwietracht auftun." Und er handelte anders. "Nur wenige Jahre nach dem Holocaust schuf er die Basis für den christlich-jüdischen Dialog." Bea habe die Einheit betont. Warum, so fragte der Erzbischof, wehren sich Menschen heute immer mehr gegen das Fremde statt nach der Einheit zu suchen?
Bea wollte die selbst erlebten Gräben überwinden. Er habe sich für Verständigung und Einheit in Vielheit eingesetzt. Deshalb gelte er „als Brückenbauer, als Versöhner und großer Diplomat“. Augustin Bea war eine der markantesten Persönlichkeiten während des Zweiten Vatikanums und arbeitete wesentlich an dem Konzilsdokument „Nostra Aetate“ mit, das bis heute einen Wendepunkt im Verhältnis von Judentum und Christentum darstellt.

Auch im ökumenischen Dialog war Bea ein Vorreiter: „In einem konfessionell gemischten Klassenzimmer aufgewachsen, hat er den Glauben der Anderen von Kindheit an schätzen und respektieren gelernt und sich der Versöhnung in und außerhalb der Kirche verschrieben.“
Mitwirkende
Das Pontikalamt in Riedböhringen zelebrierte der Freiburger Erzbischof Stephan Burger, ihm assistierte sein Sekretär, der aus Blumberg stammende Pfarrer Bernd Gehrke, der ihm unter anderem Stab und Mitra zureichte und wieder abnahm. Co-Zelebranten waren Weihbischof Peter Henrici aus Chur, Jesuiten-Provinzial Johannes Siebner, Franz-Josef Mohr von den Jesuiten in Tokio, Pater Klaus Schatz aus Frankfurt, Blumbergs Stadtpfarrer Karlheinz Brandl, die Pfarrer i.R. Erwin Roser aus Riedböhringen und Julius Dreher aus Fützen. Die 30 Ministrantinnen und Ministranten unter Oberministrantin Janina Weinmann kamen aus Riedböhringen. Die Orgel spielte Birgit Greif, an dem Gottesdienst wirkten auch der Kirchenchor Riedböhringen unter Birgit Greif und die Schola Fützen unter Renate Günthner mit. (blu)
Riedböhringen war seine erste Station beim Antrittsbesuch in Deutschland als Kardinal
Beim anschließenden Festakt der Seelsorgeeinheit Blumberg, des Kardinal-Bea-Fördervereins und der Stadt Blumberg in der Mehrzweckhalle Riedböhringen begrüßte Bürgermeister Markus Keller die Gäste und zeigte sich stolz über den Kardinal und sein Museum in Riedböhringen, das die Stadt unterhält. Riedböhringens früherer Ortsvorsteher Lothar Degen (Bild) berichtete über das Leben des Kardinals.
Lebenslauf
- Lothar Degen schilderte die Entwicklung des Zimmemannsohns, der 1959 im Alter von 78 Jahren von Papst Johannes XXIII. zum Kardinal geweiht wurde und davor schon als Jesuit zahlreiche wichtige Ämter und Funktionen ausgebüt hatte. Die Leitung des 1960 geschaffenen Sekretariats zur Förderung der Einheit der Christen habe er als wichtigste Aufgabe empfunden. Er habe das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965) mit vorbereitet und dafür gesorgt, dass auch Vertreter anderer christlicher Konfessionen teilnehmen konnten.
Starker Heimatbezug
- Bei seinem Antrittsbesuch als Kardinal in Deutschland hatte er festgelegt, dass er zuerst seinen Heimtort Riedböhringen aufsucht. Beim Gottesdienst des Kardinals zählte der damals elfjährige Lothar Degen zu den Ministranten.
Sechs Besuche als Kardinal
- Immer zum Patrozinium von St. Genesius am letzten August-Sonntag kam Bea sechs Mal als Kardinal in seine Heimat. 1962 feierte er sein Goldenes Priesterjubiläum, 1964 weihte er die Augustinus-Kapelle auf dem Fürstenberg ein, 1966 weihte er die Schule in Riedböhringen ein, die heute nach ihm benannt ist, 1967 überführte er in Absprache mit dem damaligen Bürgermeister Martin Buri die Gebeine seiner Eltern in die St.-Genesius-Kirche. Zuletzt kam er 1968 nach Riedböhringen, wenige Wochen vor seinem Tod.
In Riedböhringen begraben
- Kardinal Bea hatte zeitlebens eine starke Verbundenheit zu seinem Heimatort. Auf seinen eigenen Wunsch wurde er in Riedböhringen begraben. Im Vatikan und besonders in der Kurie habe man es nicht gern gesehen, dass ein Kurienkardinal die Entscheidung getroffen habe, nicht in Rom beerdigt zu werden sondern in seinem Heimatort, einem Dorf.
Bea der Brückenbauer
- Der Ausgleich und Kontakt mit anderen Religionen war ihm ein Herzensanliegen. Er habe erklärt, dass man nicht auf das Trennende schauen soll, sondern auf das Verbindende. In Papst Johannes XXIII. habe er einen Gleichgesinnten gehabt, der sich über alte Traditionen hinweggesetzt habe.
Grußworte
- Der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei, Landrat Sven Hinterseh und Jesuiten-Provinzial Johannes Siebner würdigten Bea, das Pontifikalamt, die Predigt und den Vortrag beim Festakt in Grußworten.
Umrahmung
- Den Festakt umrahmte der Musikverein Riedböhringen unter Dirigent Andreas Keimer mit dem Konzertmarsch Arsenal, einem Largo und dem bekannten Lied Nessaja von Peter Maffay. (blu)