Es ist wohl das kleinste Feuerwehrhaus der Baar. Auswärtige verwechseln es gerne mal mit einem Schuppen, doch der Feuerwehr Unterbränd hat es über 100 Jahre lang seinen Dienst erweisen. Nun endet die Geschichte aber, denn der Feuerwehrstandort Unterbränd soll aufgrund seiner Lage ausgebaut werden: Wald und Campingplatz lassen es sinnvoll erscheine Feuerwehrauto anzuschaffen. Doch die Krux: Das Auto passt nicht ins Feuerwehrhaus, also braucht es auch gleich eine neue Unterstellmöglichkeit.
Wie vor hundert Jahren
Der Parallelen zum Jahre 1900, als das damals noch eigenständige Unterbränd entschied, ein Feuerwehrhaus zu bauen, sind groß. Damals bauten die Unterbränder eine schlagkräftige Wehr auf und für den Leiterwagen wurde mit dem damaligen Gebäude eine Unterstellmöglichkeit geschaffen. Heute ist die Situation die gleiche, nur dass die Technik und die Kosten mittlerweile ganz andere sind.
Nun stehen rund um das Unterbränder Feuerwehr-Gerätehaus orange Entsorgungsmulden, das Gelände ist mit einem Bauzaun abgesperrt. Ein Zeichen dafür, dass die Kameraden nun mit dem lange geplanten Abbruch begonnen haben. Doch die Freude hierüber ist nur von kurzer Dauer.

Die Pandemie verzögert
Eigentlich sollte jetzt der Rohbau des neuen Gebäudes stehen, um im kommenden Winter mit dem Innenausbau zu beginnen. Dabei lief im Frühjahr alles wie geplant. Im Gemeindeschuppen wurde über dem Tor eine Aussparung gemacht, um mit dem Fahrzeug hereinfahren zu können, davor wurde ein Container als provisorische Umkleidemöglichkeit aufgestellt. Doch dann kam die Pandemie und alle Aktionen wurden auf Eis gelegt. Der Gerätehaus-Neubau wurde aufgrund der mehr als angespannten Haushaltssituation in Bräunlingen um ein Jahr verschoben. Noch vor den Haushaltsberatungen gab der Bräunlinger Gemeinderat jüngst grünes Licht, dass die Unterbränder Feuerwehrmänner mit dem Abriss beginnen können.
Wehr packt mit an
„Nun müssen wir Zeit gewinnen, bevor wir mit dem Wiederaufbau beginnen“, sagt Marcus Grigull, der das Projekt im Stadtbauamt betreut. Dabei lässt er der Unterbränder Wehr bei den Eigenleistungen freie Hand. Vorgabe ist lediglich, dass die Abbrucharbeiten erledigt sein müssen, sobald der Winter vorbei ist. Dabei unterstützt die Stadt mit Gerätschaften vom Bauhof, persönlicher Schutzausrüstung und Verpflegung, berät in Sachen Arbeitssicherheit und schließlich mit Hygieneregeln.

Material wird wiederverwendet
Vorgaben gebe es beim Abbruch lediglich in Sachen Ressourcen-Schonung.“Wir werfen kein Material weg, das wir später wieder verwenden können“, lautet die Devise. So soll der Buntsandsteinsockel gesichert und im Bauhof eingelagert werden. Dieses Material sei mittlerweile schwer zu beschaffen, kommentiert Marcus Grigull. Auch Teile des Gebälks sollen wieder verwendet werden. Die Stiefelheizung kommt in den Bauhof. Nicht brauchbares Material müsse für die Entsorgung sortiert werden. Dabei betonte Grigull, dass die Kommunikation zwischen Bauhof und der Unterbränder Wehr hervorragend funktioniere.
Gemeindeschopf als Zwischenlager
Kommandant Michael Becker ist ständig in Kontakt mit Gesamtkommandant Martin Frey, hat die Koordination der Abbrucharbeiten aber an Stephan Demattio delegiert. Der sei als Handwerker kompetenter, meint er bescheiden. Nachdem man grünes Licht von der Stadt hatte, wurde Mitte Oktober der Umzug in Angriff genommen. Das Fahrzeug und alles, was man braucht, um einsatzbereit zu sein, wanderte in den Gemeindeschopf, die Spinde mit der Kleidung in den bereits im Frühjahr vorbereiteten Container.

Original-Fassade freigelegt
Und so startete man am 24. Oktober den ersten Arbeitseinsatz. Bis auf eine Notbeleuchtung wurde die komplette Elektrik rückgebaut. Die Heizung läuft noch, bis das restliche Gas verbraucht ist. Eine Umlagerung wäre teurer. Teile der inneren Holzverkleidung wurden abgebaut. Eine Woche später ging es dann weiter, mit einer zweiten Gruppe. Denn wie bei den Übungen ist die 21-köpfige Feuerwehr derzeit zweigeteilt, um einsatzbereit zu bleiben, falls tatsächlich ein Covid 19-Fall auftritt. Die restliche Innenverkleidung wurde entfernt, die Rigips-Decken heruntergenommen und die Dämmung fachgerecht in Big-Bags verpackt. Außen wurde außen die 1999 angebrachte Verschalung entfernt, sodass nun die Original-Fassade von 1901 wieder zu sehen ist.

Stop im November
Eigentlich hätte man weiter kommen können. Doch die ursprünglichen Pläne, das Dach abzudecken, hat Stephan Demattio verworfen. Denn die beschlossenen Corona-Maßnahmen machen eine Fortführung der Arbeiten im November unmöglich. Wie es dann weiter geht, ist offen. Und mit offenem Dach möchte man nicht in den Winter gehen. Da müsse schon der gesamte Dachstuhl runter, dann könne man den Rest mit einer Plane abdecken. „Wenn wir im Dezember schönes Wetter haben, können wir das immer noch tun“, meint Demattio. Und so schnell, wie die Arbeiten begonnen haben, sind sie nun jäh wieder zu Ende. Zeit bleibt bis zum Frühjahr.

Historisches
Die Freiwillige Feuerwehr Unterbränd war am 8. Dezember 1899 aus 26 Bürgern gegründet worden, die sich auf einen Aufruf hin bei Bürgermeister Josef Müller gemeldet hatten. Erster Kommandant war Matthias Mantel.
Spritzenremise: Die Pläne wurden durch den Hüfinger Architekten Theo Fritschi im Januar 1901 erstellt. Die Kosten beliefen sich auf insgesamt 2180 Reichsmark (RM), teuerster Posten war der Zimmermann mit 1071,68 RM, der heute noch vorhandene Zementboden kostete immerhin 184 RM für 46 Quadratmeter. Das Gebäude wurde Ende 1901 fertiggestellt.
Wie heute: Bis heute ist das Spritzenhaus in seiner ursprünglichen Form erhalten. Im Jahr 1928 diente es dem damaligen Hubertshofener Pfarrer Stoll als Abstellplatz für seinen BMW Dixi in Unterbränd bei Trauungen, Taufen, Beerdigungen, kirchlichen Andachten oder Religionsunterricht. In einem Antrag an den „wohllöblichen“ Gemeinderat vom 31. Juli 1928 heißt es: „Einen etwaigen Nachschlüssel lasse ich selbstverständlich auf meine Kosten herstellen. Ich verspreche, das Spritzenhaus sofort bei Verlassen wieder zu schließen und genau darauf zu achten, dass nichts im Spritzenhaus durch mein Auto beschädigt wird.“ Kleinere Brötchen musste Pfarrer Leonard Drozd, einer seiner Nachfolger backen, der 1955 um ein Darlehen zur Anschaffung eines Mopeds bat, um seine Arbeiten besser erledigen zu können.
Rahmstation: Im August 1935 plante die Gemeinde, in der Arrestzelle eine Rahmstation einzubauen. Der Umbau mit Einbau der Maschinen hätte sich laut Kostenvoranschlag auf 1400 Reichsmark belaufen, wurde aber nie umgesetzt. Die Pläne wurden vom damaligen Blumberger Bürgermeister Theodor Schmid erstellt, der gleichzeitig ein Büro für Hoch- und Tiefbau betrieb. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente die Arrestzelle dann immer wieder als Schlafplatz für Obdachlose, bevor sie durch einen Wanddurchbruch mit der Spritzenremise verbunden wurde und bis zuletzt als Aufenthaltsraum diente.
Die Renovierung: Als sich die Feuerwehr zum 100-jährigen Bestehen 1999 mit Eigenmitteln ihr erstes Fahrzeug anschaffte, musste das alte Gerätehaus mit einem neuen Tor ausgestattet werden. Gleichzeitig wurde es in zahlreichen ehrenamtlichen Stunden renoviert. Die abgewitterte Original-Holzfassade wurde mit neuen Brettern verschalt, sodass das Domizil der Unterbränder Wehr zu den Jubiläumsfeierlichkeiten auch äußerlich in neuem Glanz erstrahlte.