Frau Paganini, wie kam der Verein überhaupt zustande?
Der Verein wurde vor 13 Jahren ins Leben gerufen. Das entstand während meiner Reise nach Peru, nach dem Abi. Ich hatte vor Ort einen recht engagierten Lehrer getroffen. Und so entstand dann die Idee, dass man ein Grundschulzentrum aufbauen könnte. Das hat sich dann sehr schnell zum Selbstläufer entwickelt. Wir hatten dann in Deutschland den Förderverein gegründet, in Peru die Nichtregierungsorganisation (NGO) verfestigt und dann in den letzten Jahren verschiedene Projekte durchgeführt. Kern des Vereins sind Kindergarten und Grundschule.
Woher kommt bei Ihnen die Motivation, so etwas auf die Beine zu stellen?
Das hat sich ergeben. Das waren diverse Zufälle und verschiedene Leute, die ich getroffen habe, plus auch das Engagement des Vereins hier in Deutschland. Da hat sich der ehemalige Abi-Freundeskreis weiter getroffen und das Projekt vorangebracht.
Haben Sie beruflich auch mit der Entwicklungshilfe zu tun?
Ich bin an der Humboldt-Universität in Berlin wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem Forschungsprojekt, dass sich mit urbaner Landwirtschaft im südlichen Afrika beschäftigt. Also im weitesten Sinne mit internationaler Zusammenarbeit.
Das Schulzentrum in Peru entstand in der Stadt Nueva Cajamarca. Wie sind die Lebensumstände für die Menschen vor Ort?
Die Stadt wurde vor knapp 40 Jahren gegründet, als Handelszentrum zwischen Küste und Amazonas. Sie ist recht schnell gewachsen und dient vor allem dazu, ein Umschlagplatz zu sein. Dort wird sehr viel im Bereich der Landwirtschaft verkauft, also Pestizide, Mineraldünger. Andererseits werden Kaffee, Reis und Kakao abgekauft. Viele Leute haben viel und schnell Geld gemacht. Viele sind in der Hoffnung hingezogen, in ein besseres Leben zu starten. Das hat nicht geklappt. Es gab keine Stadtplanung, keine richtige Verwaltung. die Infrastruktur kam nicht nach. Die Stadt ist zu schnell gewachsen. Abwasser gibt es nach wie vor nicht, die Stromversorgung ist schwierig und die Kriminalitätsrate ist auch sehr hoch. Die Stadt hat 70 000 Einwohner.
Was hat der Verein vor Ort konkret geschaffen?
Vor Ort ist ein Bildungszentrum mit Kindergarten und Grundschule, was auch ein Anlaufzentrum in der Nachbarschaft ist, um sich zu treffen. Es ist ein Ort, zu dem die Menschen gerne hingehen, um sich zu treffen. Es gibt ein Volleyballfeld, einen Garten, eine kleine Sitzecke. Der Ort ist sehr schön, er liegt bisschen außerhalb der Stadt in den Reisfeldern. Dort ist es auch ruhiger, als direkt in der Stadt. Man kann sich da ganz gut die Zeit vertreiben. Und es war auch das Ziel, so einen Ort zu schaffen. Es ist auch ganz nett, dass die Eltern der Grundschüler dort einen Platz finden und sich mehr Projekte rund um die Grundschule entwickeln.
Wie funktioniert eigentlich die Koordination? Sie sind in Berlin, der Verein in Bräunlingen, das Projekt in Peru.
Das klappt ganz gut. Ich bin in Berlin. Julian, der vor allem den Bereich Bildung leitet, ist in Köln. Wir haben jemanden in Hamburg, der Großteil ist in Bräunlingen. Wir sind über Skype, Whatsapp, Email ganz gut vernetzt, auch mit den Peruanern. Vor Ort gibt es eine NGO mit zehn Mitarbeitern, mittlerweile schon ein kleines Unternehmen. Das läuft auch über eine Jobbeschreibung und jeder hat seine Aufgabe. Es gibt wöchentliche Kurzinfos und Telefonate. Wir teilen uns hier auf, wer gerade zuständig ist, die Koordination zu übernehmen.
Wie sehen die Projekte aus, die dort gemacht werden?
Wir hatten etwa angefangen, in Kooperation mit dem Wirtschaftsgymnasium eine Schülerfirma zu gründen. Die hat sich jetzt ein Jahr lang bemüht, Kaffee aus Nueva Cajamarca nach Donaueschingen zu importieren. Der Beitrag von Villa Milagrosa war, dass wir zwei Kaffeebauern, die ich auch kenne, ausgesucht hatten, und mit denen dann die Qualitätsstandards besprochen hatten, mit denen sie anbauen. Also ein erster Schritt in Richtung Biozertifizierung. Die Schüler haben die Strukturen geschaffen, um den Kaffee nach Europa zu exportieren. Das hat auch sehr gut geklappt. Wir waren relativ schnell ausverkauft: 600 Kilo in zwei Wochen. Jetzt ist die Idee, dass wir das Ganze ausbauen.
Durch solche Projekte finanzieren Sie die Schule?
Ja. Wir haben aber auch Dauerspender, auf die wir uns verlassen können. Wir schätzen es extrem, dass wir Leute haben, die uns seit unserer Gründung unterstützen, sodass wir die Fixkosten decken können. Das reicht nicht ganz, deshalb gibt es dann diese Sonderaktionen. Etwa für den Schulbau haben wir einen Drittmittelantrag gestellt. Auch beim Anlegen des Gartens haben wir uns um Fördergelder bemüht.
Und was haben Sie in Zukunft geplant?
Wir haben noch ein Honig-Projekt. Es gibt einen Imker in der Region, der auch Potenzial hätte. Mit ihm zusammen werden jetzt fünf Bienenbeuten aufgestellt. Das sind auch nicht-stechende Bienen, sodass es mit der Grundschule gut funktioniert. Im besten Fall kann man auch schauen, ob bei den Schülern Interesse da ist, eine Imkerausbildung zu machen. Im Bildungsbereich arbeiten wir gerade ein Stipendiumskonzept aus, mit dem Ziel, die Kinder nach der Grundschule weiter zu fördern. Da überlegen wir gerade, wie wir das fördern oder finanzieren könnten. Dass wir als Organisation nicht nur die Grundschule haben, sondern eine Anlaufstelle für verschiedene Bildungsprojekte sind.
Wie bewerten Sie die vergangenen zehn Jahre des Vereins?
Ich bin überrascht, wie viel man hinbekommt. Wir arbeiten ja alle ehrenamtlich. Allerdings machen wir das gerne und sehen das nicht als Arbeit. Es ist eher eine Spielwiese aller Vereinsmitglieder, zu experimentieren und Projekte zu starten. Man kommt mit wenig Aufwand sehr weit. Ich hätte nicht gedacht, dass aus der Idee einen Kindergarten zu starten, mittlerweile so ein großes Projekt wurde.
Wie steht es um neue Mitglieder?
Wir haben immer auch Volontarios vor Ort in Peru. Das sind meistens Leute, die im Studium oder nach der Schule Zeit haben und ein paar Monate vor Ort sind. Ziel ist es, dass man die auch mit an den Verein bindet. Das ist natürlich oft schwierig, wenn man aus Peru zurückkommt, dann irgendwo studieren geht und in eine andere Stadt zieht. Von den 40 Leuten, die die letzten Jahre da waren, sind schon viele im Verein geblieben.
Unterstützung
Auch das Bildungsprogramm in Peru strebt nach Erweiterung. Es wird überlegt, ob den Schülern ein Stipendium angeboten werden kann, welches die Besten, sozial Kompetentesten oder Bedürftigen in der Sekundarstufe unterstützt. Wer den Verein unterstützen möchte, kann das über das Konto: Förderverein VMM mit der IBAN: DE97694500651150243863. Mehr zum Verein und seinen Aktivitäten unter www.villa-milagrosa.org.