90 Jahre alt wird in diesem Jahr die Firma Scherzinger Landtechnik in Waldhausen, derzeit steht die vierte Generation in den Startlöchern. Doch die Verarbeitung von Metall im Dorf ist schon viel älter. Bereits im Jahr 1869 errichtete der Schmiedemeister Josef Schacherer im heutigen Wohnhaus eine Schmiedewerkstatt. 1895 verkaufte dieser das Anwesen an seinen Sohn Emil. Zu den vielen Lehrlingen, die Emil Schacherer ausbildete, gehörte 1918 bis 1921 auch Gottfried Scherzinger.
Schmiede vom Lehrmeister gepachtet
Am 1. Januar 1934, also vor 90 Jahren, pachtete Gottfried Scherzinger die Schmiede von seinem Lehrmeister. Am 29. Mai 1936 legte er die Meisterprüfung ab und am 9. März 1937 konnte er das Anwesen samt Landwirtschaft käuflich erwerben.
In der Schmiede, die im unteren Stock des Wohngebäudes untergebracht war, wurden Zugtiere beschlagen und hauptsächlich Waldgeräte (Äxte, Ketten, Sappies) sowie Beschlagteile für landwirtschaftliche Geräte hergestellt.

Um 1950 wurde dann ein neues Werkstattgebäude errichtet. Zu dieser Zeit begann der Landmaschinenhandel und Scherzinger begann mit der Produktion von landwirtschaftlichen Anhängern zunächst mit einfachem Holzrahmen, später mit Metallrahmen und Achsschenkellenkung. In großer Stückzahl wurde ein Anbauvielfachgerät mit „neuartiger Feinsteuerung“ produziert. Man begann mehr und mehr damit, eigene Ideen und Detailverbesserungen eizubauen, was bis heute so geblieben ist.
1951 rollt der erste Traktor vom Hof
Wichtig sind immer die Kontakte zu den großen Herstellern. Am 1. Dezember 1951 verkaufte Josef Scherzinger den ersten Traktor, einen Allgeier A12 an Karl Hofacker vom Pauliwäldlehof.

Josef Scherzinger bestand am 27. April 1954 die Meisterprüfung und führte bis 1982 das Geschäft zusammen mit dem Vater. Seit 1954 ist die Scherzinger Landtechnik Vertragshändler der Firma Fahr, später konnte man das ganze Deutz-Fahr-Programm anbieten.

Durch gute Kontakte zu namhaften Herstellern konnten die Landwirte aus der Umgebung bei Scherzinger alles erwerben, was sie für die Bodenbearbeitung und die Heuernte brauchten. Auch Winterdienstgeräte und alles rund ums Holz wie Kreis- und Bandsägen oder Spaltautomaten wurden vertrieben.

Neben dem Handel wurde der Fahrzeug- und Gerätebau ausgeweitet, Gebrauchsmuster wurden beim Patentamt angemeldet und auch bestehende Geräte optimiert. Ein großes Projekt war der Bau von zwei Geräteträgern für Mulcharbeiten (genannt der Scherzinger Hypermulcher), von denen einer noch heute in Australien läuft.
Im Jahr 1996 war der Betrieb mit der Übernahme durch Thomas Scherzinger in die dritte Generation gegangen – verbunden mit dem Credo „ Wir arbeiten stets daran, für unsere Kundschaft die besten Lösungen zu finden und kostengünstig durchzuführen.“

Inzwischen wurden die Gebäude immer wieder erweitert, seit 1997 findet jedes Jahr im Frühling eine Ausstellung durchgeführt, bei der Neuheiten vorgeführt werden und der Kontakt zur Kundschaft gepflegt wird. Das Einzugsgebiet der Kunden liegt im Umkreis von etwa 50 Kilometern, so Thomas Scherzinger, bei vielen besteht die Kundenbindung auch schon über Generationen.
Zange und Hammer reichen heute nicht mehr
In der dritten Generation hat sich vieles geändert. „Früher hat oft eine Zange und ein Hammer ausgereicht um etwas gangbar zu machen“, so Scherzinger. Heute erfolgt die Fehlersuche über Laptop oder Testgeräte. Um vorort zu fahren, stehen zwei Kundendienstfahrzeuge, die mit Prüfgeräten ausgestattet sind, zur Verfügung.

Doch man arbeitet auch noch mechanisch. Beispielsweise bei alten Maschinen, für die die entsprechenden Teile nicht mehr erhältlich sind. Manchmal werden aber auch bei modernen Maschinen, bei denen immer die gleichen Bauteile verschleißen, bessere Lösungen gesucht. Scherzinger setzt auf Langlebigkeit und zufriedene Kundschaft. Aktuell arbeiten bei Scherzinger mit dem Chef zehn Mitarbeiter, davon sind drei Meister.
Geschwister bilden die vierte Generation
Die vierte Generation ist mit den Geschwistern Max Scherzinger und Andrea Stier bereits am Start. Und traditionsgemäß mit neuen Ideen, oder wie Thomas Scherzinger sagt: „Sie haben von ihren Vorfahren das „Tüftler-Gen“ geerbt“.
So ist Max Scherzingers Meisterstück eine selbstfahrende funkgesteuerte Kehrmaschine zur Reinigung von Pferdepaddocks, die unter dem Zaun durchfahren kann. Andrea Stier hat als Konstrukteurin mitgewirkt. Beide sind auswärts ausgebildet worden. Das dritte Kind der Scherzingers, Christian, war von 2012 bis 2022 im Unternehmen, ist aber inzwischen ausgeschieden.

Die Zukunft bei Traktoren sieht Thomas Scherzinger indes nicht in der Elektromobilität. Hier könne nicht die nötige Kraft aufgebracht werden. Das Beste sei immer noch Diesel, danach werde es auf Wasserstoff hinaus laufen. Eine Herausforderung sei auch die Elektronik. Deshalb habe man mehrere Mechatroniker an Bord, dieser Beruf wird auch ausgebildet.
200 Liter Öl beim Ölwechsel
Und alles werde komplizierter. Früher habe man an einem Schlepper in ein bis zwei Stunden die Ventile eingestellt. Heute brauche man bei manchen Traktoren zwei Tage, alleine einen, um die ganze Peripherie aus- und wieder einzubauen. Oder Ölwechsel beim großen Kundendienst bedeutet 200 Liter Öl, früher waren 40 Liter schon viel.

Thomas Scherzinger ist in zwei Jahren 40 Jahre Meister. Sein Ziel ist der „Goldene Meisterbrief“, dann könne er sich langsam zurückziehen. „Auf Anfrage“ stehe er dann als Seniorchef zur Verfügung. So wie seine beiden Vorgänger.
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