„Bedauerlich, dass über diesen begnadeten Musiker in seiner Heimatgemeinde keinerlei Spuren mehr vorhanden sind“, sagt Musikkenner und Gemeinderat Josef Vogt. Im beschaulichen Überauchen suche man oft vergeblich nach öffentlichen Zeichen der Wertschätzung für den wohl größten Sohn der Gemeinde. Vogt hat sich seit Jahren mit Leben und Werk des Künstler befasst und ist diesem Phänomen nachgegangen: „Dass er hier kaum bekannt ist, könnte einerseits daran liegen, dass in kleinen Gemeinden ein Personenkult deshalb verpönt war, weil man einfach zu eng miteinander verbunden war und sich niemand für etwas Besseres halten wollte“, denkt Vogt.
Dass er in Überauchen bald in Vergessenheit geriet, wurde vermutlich dadurch begünstigt, dass er bereits in jungen Jahren ins protestantisch geprägte Stuttgart übersiedelte, um dort an der herzoglichen, später königlichen Oper, zu wirken. Krebs gilt zudem als Freimaurer und verfasste über 30 noch heute gehandelte Bücher mit mystischen und esoterischen Inhalten. Dieser Umstand war in kirchlichen Kreisen zur damaligen Zeit ein Tabu. Dies tat er zwar unter diversen Pseudonymen, wie Kerning oder Gneiding, blieb natürlich nicht unentdeckt.

Frühe Begabungen
Begabten Buben war der Weg zur Ausbildung zum Geistlichen oft vorgegeben. Ob die Eltern den jungen Johann Baptist drängen mussten, den Weg zur Priesterausbildung einzuschlagen, ist nicht bekannt. Bekannt ist jedoch sein frühes musikalisches Talent, denn schon als Sechsjähriger konnte er Choräle notdürftig spielen.
Gymnasium in Villingen besucht
Im Alter von etwa zwölf Jahren wurde der intelligente Knabe auf das von den Benediktinern geleitete Gymnasium nach Villingen geschickt. Unter den Mitschülern fanden sich besondere Charakter, wie etwa der gleichaltrige Lukas Meyer, der sich später als Historiker im Südschwarzwald einen Namen machen sollte. Oder der ebenfalls gleichaltrige Johann Georg Benedikt Kefer, später Professor der Kirchengeschichte in Freiburg und bedeutender Erforscher der Geschichte seiner Heimatstadt Villingen.
1790 wechselte Krebs nach Konstanz an das Jesuitenkolleg. Nichtadlige Kinder von mittellosen Eltern waren eigentlich vom Studium auszuschließen, es sei denn, sie verfügten über außerordentliche Talente. Dies muss bei dem jungen Studenten der Fall gewesen sein.
Gesangskarriere beginnt in Donaueschingen
Seine Gesangskarriere startete Krebs in der Fürstenstadt Donaueschingen. Dort dürfte ihm, des später an der Stuttgarter Hofoper gefeierten Tenors, der letzte Schliff verpasst worden sein. Vermutlich weilte er schon in jungen Jahren regelmäßig in Donaueschingen. Es war in erster Linie die Hof- und Kammermusik, die der kunstsinnige Fürst Joseph Wenzel zu Fürstenberg bei seinem Regierungsantritt 1762 begründete. In der Folge wurde Donaueschingen eine beliebte Station für reisende Musiker. Auch die Familie Mozart mit Vater Leopold, Tochter Maria Anna (“Nannerl“) und eben Wolfgang Amadeus weilten im Oktober 1766 für zwölf Tage am fürstenbergischen Hof.
Wegbegleiter
Der Sänger Franz Xaver Weiß aus Donaueschingen war für den musikalisch begabten Krebs ein wichtiger Wegbegleiter. Die musikalische Ausbildung und Stimmbildung versetzten den jungen Johann Baptist sehr bald in die Lage, in verschiedenen Singrollen am Donaueschinger Hoftheater aufzutreten und durch seine „sonore Tenorstimme“ erste Erfolge zu feiern. Nächste Station war Konstanz. Im Jahr 1793 verließ Krebs Konstanz und ging zum Theologiestudium an die Universität Freiburg im Breisgau.
Über die Jahre in Freiburg ist wenig bekannt. Offenbar schwankte er zwischen der Laufbahn zum Priester und seiner Leidenschaft für Theater und Musik. 1795 verließ er das durch die französischen Revolutionstruppen immer unruhigere Freiburg.
Nach Stuttgart an die Oper
Als Krebs sich mit gerade mal 21 Jahren im Frühjahr, anno 1795 auf Empfehlung des Donaueschinger Hofsänger Weiß an der Stuttgarter Hofoper vorstellte, war der Herzog vom gesanglichen Ausnahmetalent so angetan, dass er Krebs einstellte und später ein stattliches, jährliches Festgehalt von 1200 Gulden, nebst sonstigen Privilegien zahlte. Die Zeit dort war allerdings nicht gerade von Harmonie geprägt. Die Personalakte dokumentiert, dass Krebs mehrfach in Konflikt mit der strengen Disziplinarordnung des Theaters geriet und auch bestraft wurde. In dieser Zeit wurden auch erstmals von Stimmprobleme des Tenors gesprochen. Das daraufhin angefertigte Gutachten des Hofmedicus Jacobi vom 26. Mai 1805 widerlegt zwar schlimme Befürchtungen einer krankheitsbedingten Stimmbeeinträchtigung, bescheinigt jedoch, dass sich die Stimme verändert habe.
Star beim Stuttgarter Publikum
Mit Friedrichs Tod 1816 wurde das Arbeitsklima deutlich liberaler und mit Peter Joseph von Lindpaintner kam 1819 ein Kapellmeister nach Stuttgart, der die fürstliche Hofkapelle innerhalb mehrerer Jahrzehnte zum modernen Orchester umgestaltete. Bekannt ist auch, dass Krebs jahrelang ein richtiger Star beim Stuttgarter Publikum war. Krebs, den man eher für einen Bassisten als Tenoristen gehalten hätte, wenn man ihn sprechen hörte, bot einen enormen Tonumfang von bis zu 2,5 Oktaven.
Nicht nur als Sänger erfolgreich
Neben seiner überaus erfolgreichen Kariere als Sänger an der königlichen Hofoper Stuttgart, die 1795 begann und 1823 endete, wirkte Krebs parallel auch als Regisseur und Librettist. So übersetzte er Opern aus dem Italienischen ins Deutsche und dichtete Texte für Arien und Duette, sowie für ganze Opern. Krebs war in dieser Zeit auch ein bekannter Musikpädagoge. Besonders gewichtig im Leben von Krebs dürfte gewesen sein, dass er und seine Frau Maria Anna sich dem Pflegekind Karl August annahmen. Dieser wurde am 16. Januar 1804 in Nürnberg geboren und war bald verwaist. 1825 ging Karl August Krebs nach Wien, wo er schon bald als dritter Kapellmeister am Hoftheater angestellt wurde.
Tod und Erinnerung
Krebs starb am 15. September 1851 im Alter von 77 Jahren nach kurzer Krankheit. An seiner feierlichen Beerdigung auf dem Fangelsbach-Friedhof in Stuttgart nahm eine überaus große Zahl seiner Verehrer teil. Hierin zeigt sich eindrücklich, welche Hochachtung durch sein langes Wirken sich Krebs erworben hatte. „Zu hoffen bleibt, dass diesem bemerkenswerten Mann auch in seinem ursprünglichen Heimatdorf Überauchen etwas mehr Ehre zu Teil wird und damit in Erinnerung gehalten wird“, so Vogt abschließend.