Das Fenster darf nicht geöffnet werden, Blumen sind auch verboten und mehr als zwei Besucher gleichzeitig, sind zu viel für den geschwächten Körper von Michaela Meyer. Seit sieben Wochen ist sie im Krankenhaus und auch an Heiligabend wird das so sein: „Es ist für mich, als ob ich von 1000 auf null abgeschossen wurde“, sagt die Donaueschingerin. Von einem Tag auf den anderen war plötzlich alles anders und der Boden wurde ihr unter den Füßen weggezogen.
Bei den Meyers ist jede Menge Leben in der Bude
Bei den Meyers – das sind neben Mutter Michaela auch die 19-jährige Sophie, der 17-jährige Jonas, die Zwillinge Philipp und Luisa mit 16 Jahren, der zwölfjährige Jonas und die neunjährige Marie – ist immer was los. Sechs Kindern, ein Hund, die Arbeit als Altenpflegerin und wenn‘s etwas zu tun gibt, dann ist Michaela Meyer sofort zur Stelle. Das Familienmotto: „Egal was kommt, wir bekommen das hin.“ Und wenn man irgendwo helfen kann oder wenn Not am Mann ist, dann packt man an.

Doch seit dem 5. November ist alles anders: „Mir ging es nicht gut und ich habe mich hingelegt“, blickt Michaela Meyer zurück. Das war für die Familie schon ein Alarmzeichen. „Ich war müde, doch dabei habe ich mir nichts gedacht. Auch bei Fieber denkt man ja nicht gleich an etwas Schlimmes.“ Es kamen Magenkrämpfe hinzu, mit dem Rettungswagen wurde sie ins Klinikum gebracht. Blut wurde abgenommen, Untersuchungen. „Am Mittwoch sagten sie: ‚Es stimmt irgendwas nicht‘ und am Donnerstag haben sie mir gesagt, dass ich Leukämie habe“, sagt Michaela Maier. Noch im August war die Gallenblase entfernt werden, da war noch alles in Ordnung: „Akute Leukämie kann man innerhalb von 14 Tagen bekommen und es kann jeder daran erkranken.“
Das größte Weihnachtsgeschenk wäre ein Spender
Seither sind die Tage lang: Behandlungen und die Kontrolle der Werte, ein bisschen Lesen und seit Sohn Jonas sich darum gekümmert hat, auch Netflix. Für Michaela Maier, die immer so aktiv war, ist es wie eingesperrt sein. Das Zimmer darf sie nicht verlassen, kein Spaziergang. Und ihre Kinder hat sie seit sieben Wochen nur einmal alle zusammen gesehen: „Das war, als der Psychologe da war und uns darauf vorbereitet hat, was nun kommt.“ Es ist das Hoffen und das Bangen auf einen Spender: „Das wäre mein größtes Weihnachtsgeschenk und mein einziger Wunsch“, sagt die Donaueschingerin.
Ihr Bruder und ihre Schwester haben sich bereits testen lassen, doch sie kommen nicht in Frage. Die Datenbank wird durchsucht und auch schon viele Freunde und Bekannte haben sich testen lassen – wie die Arbeitskollegen bei der Caritas oder die Handballmannschaft von Jonas, die anstatt zum Training geschlossen zur Typisierung gehen wollen. Diese findet am Dienstag, 7. Januar, von 13.30 Uhr bis 19.30 Uhr im DRK-Heim in Donaueschingen statt.
Viertklässler spenden ihr Geld für die Klassenfahrt
Die Anteilname am Schicksal von Michaela Meyer ist sehr groß: „Wir Maiers sind überall dabei und helfen gerne, aber dass jetzt so extrem viel zurückkommt, das ist überwältigend.“ Beispielsweise die vierte Klasse an der Eichendorffschule, in die das Nesthäkchen Marie geht, wollte beim Schwarzwaldzauber mit ihrem Stand Geld für die Klassenfahrt verdienen. Doch die Einnahmen haben die Viertklässler für die Typisierungsaktion gespendet. Die Kinder sind in vielen Vereinen, die Mutter ist überall dabei. Man kennt die Familie in Donaueschingen. Und auch Vater Josef Wilhelm, im Mai verstorben, kennen nicht nur die Rot Kreuzler, sondern auch alle, die auf dem Herbstfest schon seine Suppe genießen konnten.
Oft schaut Michaela Meyer auch einfach aus dem Fenster
Vielleicht kommt ein Krankenwagen? „Man sieht ja nicht, ob er aus Donaueschingen kommt, aber wenn eine Hand rausgestreckt wird und winkt, dann weiß ich, dass es meine Sophie ist“, sagt Michaela Maier. Denn die Ältestes ist Rettungssanitäterin. Das mit dem für andere da sein, hat nicht nur sie von der Mutter mitbekommen, sondern alle sechs Kinder.
Die große Tochter kümmert sich um die Familie
Und jetzt sind sie für die Mama da: Die Größte hat gerade erst den Schritt zu einem eigenen Leben gemacht und ist ausgezogen. Jetzt wohnt sie wieder zuhause, kümmert sich um die Geschwister, hat die Pflege der Oma übernommen und kümmert sich um alles. „Sie hat vor Kurzem gesagt, dass sie sich fragt, wie ich das immer alles auf die Reihe bekommen habe.“ Auch die Geschwister von Michaela Meyer sind zur Stelle: Die Schwester kocht, der Bruder kümmert sich um den Hund und wenn Sophie Nachtschicht hat, übernachtet einer beim Rest.
Die Jüngste bastelt Wertungsschilder für die Blutabnahme
„Gerade für die beiden Kleinen ist es sehr schwer“, sagt MichaelaMaier. Doch wenn sie von ihren Kindern erzählt, dann leuchten ihre Augen. Die Kleinste hat viel gebastelt, um der Mutter Mut zu machen. Beispielsweise Wertungskarten für die Blutabnahme und wenn‘s mal wieder mehrere Versuche braucht, bis die Vene getroffen ist, soll doch die Mama einfach das Schild mit der Sechs hochhalten.
Die Kinder geben Michaela Meyer ganz viel Kraft
„Meine Kinder geben mir unheimlich viel Kraft. Ich würde alles für sie tun“, sagt die Mutter. Sie sind ihr ein und alles und auch ihr ganzer Stolz. Für sie kämpft sie und für sie ist sie stark: „Ich bin nur froh, dass nicht eines der Kinder Leukämie hat und das durchmachen muss. Das wäre für mich noch viel schlimmer.“
Weihnachten wird in der Klinik gefeiert – mit Mundschutz
Heiligabend feiern die Maiers nicht zuhause. Zwei Stunden haben die Ärzte genehmigt. Alle zusammen in einem Zimmer, wenn die Mutter einen Mundschutz trägt. Was dann am zweiten Weihnachtsfeiertag ist, wenn Jonas seinen 18. Geburtstag feiert, müssen die Ärzte noch entscheiden. Aber einen einzigen Wunsch haben alle sieben Meyer gemeinsam: Dass sich ein Spender findet und alle gemeinsam das nächste Fest zuhause wieder mit einem eigenen Weihnachtsbaum feiern können.
Die Typisierungsaktion findet am 7. Januar beim Roten Kreuz in Donaueschingen statt
Um eine Stammzellspende für Michaela Meyer zu finden, gibt es am Dienstag, 7. Januar, eine Typisierungsaktion in Donaueschingen. Die Aktion läuft von 13.30 bis 19.30 Uhr im Roten-Kreuz-Heim an der Dürrheimer Straße.
- Die Typisierungsaktion: Für jeden, der sich typisieren lassen will, gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeit. Zum einen geht es mit einer ganz normalen Blutspende. Auch daraus können die Werte abgelesen werden, die darüber entscheiden, ob die Spende passen würde oder nicht. „Wer aber sein Blut nicht spenden kann oder will, für den gibt es auch einen Wangenabstrich“, erklärt Thomas Gähme, Vorsitzender des Rot-Kreuz-Ortsvereins Donaueschingen. Denn auch in der Mundschleimhaut sind die entsprechenden Zellen vorhanden und mit einem einfachen Abstrich an der Innenseite der Backentaschen kann auch eine entsprechende Probe gewonnen werden. Der Vorteil einer Blutspende liegt darin, dass dann auch Blut vorhanden ist, das nicht nur für Unfallopfer, sondern auch für Patienten wie Michaela Meyer lebenswichtig ist und dass über das Blut können auch zusätzliche Werte ermittelt werden, die für Spenderauswahl sehr wichtig sind.
- Das Spendenkonto: Jede Typisierung kostet 40 Euro. Wer die Aktion als finanziell unterstützen möchte, der kann auch mit einer Geldspende helfen: Spendenkonto: DRK OV Donaueschingen e.V.; Verwendungszweck: „Schutzengel“;
DE89 6945 0065 0242 2381 62. - Die Datenbanke: Im Zentralen Knochenmarkspenderregister Deutschland (ZKRD) laufen alle für die Suche nach einem passenden Spender relevanten Daten aus ganz Deutschland zusammen. Täglich werden hier die Gewebemerkmale der Patienten mit denen der vorliegenden Spender verglichen, um so den am besten geeigneten Spender zu finden. „Selbst wenn man nicht als Spender für Michaela Maier in Frage kommt, kann man doch vielleicht jemand anderem helfen“, erklärt Thomas Gähme, der selbst schon mit seinem Knochenmark einem anderen Menschen geholfen hat.
- Die Spende: Kommt ein Stammzellenspender für einen bestimmten Patienten in Frage, gibt es weitere Untersuchungen. Nach einem gründlichen Gesundheitscheck und der Aufklärung durch einen Arzt steht der Stammzellspende nichts mehr im Wege – das endgültiges Einverständnis des Spenders natürlich vorausgesetzt. Stimmen alle Parameter, gibt es zwei verschiedene Arten der Spende: die periphere Blutstammzellspende und die Beckenkammpunktion. Der Arzt entscheidet über die Methode, in den meisten Fällen wird jedoch auf die periphere Stammzellenspende zurückgegriffen. Laut DKMS werden 80 Prozent der Spenden nicht mehr aus dem Beckenkamm, sondern als periphere Stammzellenspende entnommen.
- Periphere Stammzellenspende: In diesem Fall erhält der Spender ein Medikament, das den Körper zu einer verstärkten Zellneubildung anregt. Es können laut DKMS grippeähnliche Symptome auftreten, Langzeitnebenwirkungen wären nach heutigem Forschungsstand nicht bekannt. Diese blutbildenden Stammzellen treten für kurze Zeit in das Blut über und können so herausgefiltert werden.
- Beckenkammpunktion: Die Blutstammzellen aus dem Beckenkamm werden hingegen unter Vollnarkose entnommen. Nach der Entnahme kann laut DKMS für wenige Tage ein lokaler Wundschmerz entstehen – ähnlich dem einer Prellung. Das Risiko der Knochenmarkentnahme sei gering und beschränke sich im Wesentlichen auf das Narkoserisiko. Dem Patienten werden wie bei einer Bluttransfusion die Stammzellen transplantiert. Sie nisten sich in den Knochenhohlräumen des Patienten ein und beginnen dort neue, gesunde Blutzellen zu bilden.