Was bitteschön ist ein Licht-Emotionist? Wer diesen Begriff googelt, der kommt nicht weit. Das Kunstwort, das mit dem englischen Wort für Gefühle spielt, gibt es nicht. Aber es findet sich auf der Visitenkarte des gebürtigen Donaueschingers Tobias Raphael Ackermann. Der 52-Jährige, der in einem wunderschönen Fachwerkhaus an der Sennhofstraße lebt und arbeitet, erklärt: „Ich spüre mit dem Fotoapparat Lichtmomente und Strukturen hinter der Wirklichkeit auf und mache Unsichtbares sichtbar. Seltene Lichtmomente entdecken – das ist meine Bestimmung."
Liebe zur Heimat
Was sich im ersten Moment etwas abgehoben anhört, wird klarer, sobald der Blick auf die Fotos von "Herzland" fällt, einem Projekt, das Ackermann als Licht-Emotionist hinter der Kamera zusammen mit Jochen Scherzinger verwirklicht hat. Scherzinger ist Gründer des Modelabels Artwood Black Forest, das "Trachtenstreetwear made im Schwarzwald" herstellt und vertreibt. Für ihr Projekt haben die beiden traditionelle Schwarzwälder Berufe in Szene gesetzt. Da ist ein Brenner abgebildet, ein Jäger, ein Flößer oder ein Zimmermann und ein Uhrmacher. Denn um Trachten und Bollenhut-Klischee sollte es bei "Herzland" nicht gehen. Um Brauchtum und Tradition aber schon. Und weshalb wurden fast nur Handwerker fotografiert? "Jeder kennt das Schwarzwälder Kirschwasser, aber nur selten denken wir an den Brenner dahinter, sagt der Modedesigner Scherzinger. Die Schwarz-Weiß-Fotos haben allesamt einen leicht morbiden Charme, wirken nostalgisch und legen viel Wert auf Details. So sind am Unterarm des Flößers sehr gut die hervorgetretenen Venen zu sehen, der Gesichtsausdruck ist grimmig. Nicht unbedingt ein Mensch, dem man im Dunkeln begegnen möchte, den der Betrachter aber auch nicht so schnell wieder aus dem Kopf bekommt. Die Bildwelt der zwölf Motive erzählt von harter Arbeit, von Willenskraft und von dem Mut, Risiken einzugehen. Und allen voran von der Liebe zur Heimat, ohne dabei ins Pathetische oder Volkstümliche abzudriften.
Was die Protagonisten der Bilderserie angeht, haben Jochen Scherzinger und Tobias Raphael Ackermann Wert auf Authentizität gelegt. Der Zimmermann ist tatsächlich Zimmermann. Der Brenner gehört zu den Produzenten des "Monkey 47"-Gins aus dem Schwarzwald. Auf einem Motiv hat Acklermann seinen Partner Scherzinger verewigt.
Eigentlich war die Fotoserie ausschließlich als Werbung für Artwood gedacht, doch mittels Mund-zu-Mund-Propaganda fanden immer mehr Menschen Gefallen an den ungewöhnlichen Bildern, die es mittlerweile zu Ausstellungsruhm gebracht haben. Der Zweckverband Fichtelgebirgsmuseum stellt zurzeit in Wunnsiedel den Foto-Zyklus aus. Wer will, kann sich die Motive auch als Wandbild ins Wohnzimmer hängen oder sie per UV-Druck auch auf Holz oder Glas drucken lassen.
Ackermann hat nach dem Realschulabschluss Mediengestalter gelernt und ein Fachhochschulstudium der Fachrichtung Medieninformatik in Furtwangen drangehängt. 1996 gründete er in seinem Elternhaus eine Online-Marketing-Agentur. Damit bestreitet er seinen Lebensunterhalt, das Fotografieren könnte als Spielbein bezeichnet werden. "Wie ein Archäologe, bin ich immer auf der Suche nach seltenen Lichtmomenten. Dabei folge ich dem Lauf der Sonne und ziehe durch die Landschaften und Städte. Die Kunst ist, den Ort und den Zeitpunkt zu finden, an dem das Licht seine emotional stärkste Wirkung entfacht", schreibt der Donaueschinger auf seiner Homepage.
Autor von Fachartikeln
Ackermann ist seit 1998 verheiratet und Vater von zwei Töchtern. Seit 2013 arbeitet er auch als reisender Fotokünstler und veröffentlicht als Autor Fachartikel und Ratgeber rund um das Thema lichtstarke emotionale Fotografie. Er gibt sein Wissen auch in Fotokursen weiter, gleichzeitig besucht er selbst auch immer wieder Seminare von bekannten Fotografen. Seine „Fotowalks“ führen ihn in ferne Länder und Städte. Er entwickelt seine Schwarz-Weiß-Fotos in der eigenen Dunkelkammer. Ackermann spricht von einem "sensiblen Schaffensprozess, beginnend bei der Vorbereitung und Technikhandhabung über das Fotografieren bis zur Entwicklung".
RAW-Format
Tobias Raphael Ackermann fotografierz in RAW, "weil sich so gut Details rausarbeiten lassen". Das RAW-Format ist eigentlich kein Dateiformat, sonder ein Sammelbegriff für all die Dateien, die die vom Kamerasensor gelieferten Rohdaten enthalten, so das Online-Fotohandbuch www.unfoto.de. Bessere Digitalkameras bieten die Möglichkeit, diese Rohdaten unbearbeitet als Datei zu speichern. Um diese Daten als Bild darstellen zu können, muss erst eine RAW-Konvertierung durchgeführt werden. Leider gibt es für das RAW-Format keine einheitliche Syntax. Jeder Kamerahersteller verwendet für die von seinen Kameras erzeugten RAW-Dateien ein eigenes Format, das sogar bei den verschiedenen Kameramodellen desselben Herstellers voneinander abweichen kann. Deutlich wird dies auch an den unterschiedlichen Dateisuffixen. Diese Vielfalt hat zur Folge, das RAW-Dateien von den wenigsten Programmen gelesen werden können. Erst nach der RAW-Konvertierung können die Daten als Bild dargestellt werden.