Wie ist die Situation im Rathaus? Je nachdem, wen man fragt, bekommt man da aktuell ganz unterschiedliche Antworten. Der Gemeinderat möchte das Thema diskutieren, Ideen einbringen und Lösungen suchen. Doch wenn man OB Erik Pauly fragt, dann ist doch alles gar nicht so schlimm. Das Stadtoberhaupt schlägt, sobald das Thema zur Sprache kommt, den Relativierungskurs ein. "Wenn der Eindruck entstanden sein sollte, dass die Verwaltung ihren Aufgaben nicht mehr gerecht werden kann, dann muss ich das relativieren", so Pauly. Mittlerweile wären die Zahlen im Bereich der Mitarbeiter aufgearbeitet worden und zusammenfassend könnte man sagen: "Die Zahlen sind nicht besorgniserregend. Die Mitarbeiter laufen uns nicht davon", erklärt der Oberbürgermeister.
Und warum verlassen Mitarbeiter nun das Rathaus? Laut Pauly weil sie das Rentenalter erreicht haben, weil sie schwanger werden oder weil sie in eine andere Stadt umziehen. Jedoch gebe es kein grundsätzliches Problem: In "gewissen Bereichen" sei die Situation momentan "angespannt" und es gebe aktuell Probleme, aber diese würden sich auch lösen lassen. Die Situation im Standesamt habe sich wieder stabilisiert. Und sein Appell zu Beginn der Haushaltsberatungen, dem Bauamt nicht mit zu vielen Investitionen zu viel Arbeit aufzubrummen, habe sich mehr darauf bezogen, dass mit der Konversionsgesellschaft und den Eigenbetrieben Abwasser und Breitband auch viele Investitionen außerhalb des Haushaltes geplant seien. Diese würden dann im Investitionsplan für das nächste Jahr zwar nicht aufgeführt, das Bauamt müsste die damit verbundenen Arbeiten aber trotzdem leisten.
Ist die Lösung vielleicht in zusätzlichem Personal zu suchen? "Wenn wir das Gefühl hätten, dass wir mehr Mitarbeiter bräuchten, hätten wir beim Gemeinderat zusätzliche Stellen beantragt", so Pauly. In den Bereichen, wo Bedarf bestanden habe, hätte der Gemeinderat ja schließlich auch die "Stellenmehrung positiv beschieden". Die Verwaltung werde jedoch "keine unberechtigten Personalwünsche" äußeren. Außerdem: "Hätten wir alle Stellen besetzt, könnten wir auch alles leisten." Aber was bringe es, zusätzliche Stellen zu schaffen, wenn die offenen schon nicht besetzt werden können. Denn es gibt durchaus Stellen in der Verwaltung, die länger vakant waren und mehr als einmal ausgeschrieben werden mussten, um überhaupt jemanden zu finden.
Gründe sieht Pauly vor allem in der "brummenden Wirtschaft". Es sei nun mal so, dass in solchen Zeiten Stellen in der freien Wirtschaft bevorzugt würden und erst, wenn es wieder abwärts geht, die Sicherheit in einer Verwaltungsstelle gesucht werde. "Wir haben die Schwierigkeit, dass wir in Konkurrenz mit Wirtschaftsunternehmen stehen", so Pauly. Und auf dem Markt würden aktuell Preise geboten, mit denen die Verwaltung mit ihren Tarifen nicht mithalten könnte. Jedoch hält Pauly nichts davon, in einen finanzellen Wettstreit mit der Wirtschaft zu treten. "Zum einen sind wir an den Tarif gebunden, zum anderen würde es für Unfrieden sorgen, wenn wir plötzlich einem Mitarbeiter übertariflich bezahlen würden", ist sich der OB sicher.
Ausführungen, die der Gemeinderat so nicht teilt: Vor allem die FDP um Bertolt Wagner und die Grünen um Michael Blaurock haben sich das Thema groß auf die To-do-Liste geschrieben. Und auch die SPD stimmt in die Forderungen, endlich einmal über die Personalgewinnung und -entwicklung zu diskutieren ein. CDU und GUB halten sich momentan noch bedeckt. Doch die drei anderen Fraktionen wollten – trotz der Relativierungsversuche des Stadtoberhauptes – das Thema nicht wieder in der Schublade verschwinden lassen. "Wir sollten die Diskussion nicht mit Ihren Schlussfolgerungen stehen lassen", forderte Wagner in Richtung OB. Denn man könnte aus der aktuellen Situation auch ganz andere Schlüsse ziehen. Der FDP-Fraktionssprecher möchte die Frage beantwortet haben: "Wie lösen wir das Dilemma?"
Der Gemeinderat warte nur auf ein Signal von der Verwaltung: "Was können wir tun? Wir sind ja schließlich alle an einer Problemlösung interessiert", so Wagner. Die gleiche Stimmung hat auch Grünen-Fraktionssprecher Michael Blaurock ausgemacht: "Ich habe den Willen von beiden Seiten ausgemacht, zu überlegen, was wir sowohl für die jetzigen, als auch für die neuen Mitarbeiter tun können." Allerdings sollte das Thema nicht innerhalb der Haushaltsberatungen diskutiert werden, sondern an einem gesonderten Termin. "Wir sollten uns dafür Zeit nehmen." Und von CDU-Stadträtin Irmtraud Wesle kam der Hinweis, dass es schon rechtlich nicht möglich sei, das Thema jetzt als eigenen Tagesordnungspunkt zu diskutieren. Schließlich gebe es eine Tagesordnung, zu der eingeladen worden sei.
Vor allem die FDP-Fraktion und die Grünen ziehen bei der Personaldebatte an einem Strang und pochen vehement darauf, dass dieses Thema mit dem Gemeinderat diskutiert wird. Auch die SPD hat das Thema für sich entdeckt. Aber auch wenn in der Diskussion schon öfter betont wurde, dass alle Fraktionen hier Gesprächsbedarf sehen, ist das scheinbar nicht so. Denn weder die CDU noch die GUB haben sich bislang in einer der Sitzungen zu der Personaldebatte geäußert. In den kleinen Haushaltsreden haben weder CDU-Fraktionssprecher Konrad Hall, noch GUB-Fraktionssprecherin Claudia Jarsumbek das Thema aufgegriffen und auch in folgenden Diskussionen hat sich kein Stadtrat aus den beiden Fraktionen inhaltlich zu diesem Thema geäußert.
Und der OB? "Ich will die Diskussion jetzt nicht abwürgen. Ich wollte nur auf die grundsätzlichen Sorgen mit einer Stellungnahme eingehen." Allerdings: "Ich kann nicht so ganz nachvollziehen, woher das Thema eigentlich kommt."
"Keine besorgniserregende Situation"
Bei der Personaldebatte wird gern das Stadtbauamt als Beispiel angeführt. Schließlich hatte OB Erik Pauly bei der Einbringung des Haushaltes auch auf die hohe Arbeitsbelastung in diesem Amt hingewiesen. Mehr könne dort nicht geleistet werden. Doch was sagt eigentlich Stadtbaumeister Heinz Bunse zu der Debatte um sein Amt.
- Die Personalsituation: Das Stadtbauamt hat sechs Sachgebiete (Stadtplanung, Hochbau, Tiefbau, Wasserwerk, Liegenschaften, Technische Dienste). In allen sechs Sachgebieten sind aktuell rund 71 Personen beschäftigt.
- Die Wechsel: "Im Sachgebiet Hochbau hatten wir in den vergangenen Monaten 2,5 Technikerstellen zu besetzen", erklärt Stadtbaumeister Heinz Bunse. Zwei davon wären bereits "qualifiziert" worden. Eine halbe Stelle müsse noch mit einem Hochbautechniker besetzt werden.
- Sachgebiet Stadtplanung: Der Leiter Jens Tempelmann wird zum Ende des Jahres die Stadt verlassen. Tempelmann hatte vor allem sein Talent mit dem Konversionsprozess unter Beweis gestellt. Gemeinsam mit Hauptamtsleiter Tobias Butsch ist er auch Geschäftsführer der Konversionsgesellschaft. "Die Stellenausschreibung läuft. Vielleicht können wir dem Gemeinderat noch 2017 mehrere Bewerber präsentieren", hofft Bunse.
- Technische Dienste: Nicht immer einfach sei es bei den Technischen Diensten, Facharbeiter zu finden. Bei 39 Mitarbeitern würden regelmäßig Neubesetzungen anstehen. "Bisher haben wir aber immer, häufig allerdings nach längerer Suche, qualifiziertes Personal gefunden", erklärt Heinz Bunse.
- Der Stadtbaumeister: Wie geht es nach Heinz Bunse weiter? Die Frage wird bereits diskutiert. Auch Rudolf Reichle, Sachgebietsleiter Tiefbau, wird bald in den Ruhestand gehen.
Sterben ist nicht ganz so leicht
Angehörige und Bestatter hatten es in den vergangenen Wochen nicht leicht. Denn sowohl beim Ausstellen der Sterbeurkunde, als auch bei den Beerdigungen soll sich die personelle Situation im Rathaus nach Auskunft Betroffener bemerkbar gemacht haben.
- Sterbeurkunde: Bis zu zwei Wochen soll es gedauert haben, bis die Sterbeurkunden ausgestellt worden seien. Üblich sind wenige Tage. Sterbeurkunden werden in der Regel für das Nachlassgericht für den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins benötigt sowie für Rentenanträge und andere Versicherungsleistungen. Für Angehörige – die eh schon in einer emotionalen Ausnahmesituation sind – eine zusätzliche Belastung. Gelegentlich entlud sich das Unverständnis auch bei den Bestattern. "Während der krankheitsbedingten Abwesenheit der Ganztagsstandesbeamtin war gewährleistet, dass die Todesbescheinigung bei Anzeige am gleichen Tag bestätigt wurde", sagt Beatrix Grüninger, Pressesprecherin des Rathauses.
- Friedhöfe: Kritik wird auch von Betroffenen geäußert, dass es aktuell nur einen Mitarbeiter gibt, der sich um alle zehn Friedhöfe der Stadt kümmern muss. Bei den Beerdigungen gelte: Wer zuerst angemeldet hat, der hat Vorrang. So soll es vorgekommen sein, dass Bestatter die Aufgaben, wie Aufschließen der Friedhofskapelle oder das Leuten der Glocke, selbst übernehmen mussten. "Grundsätzlich gibt es zwei feste Mitarbeiter auf dem Friedhof, den Verwalter und eine weitere Vollzeitkraft", so Grüninger. Im Sommer gebe es eine zusätzliche Saisonkraft in Vollzeit. "Unglücklicherweise haben auf August fast zeitgleich sowohl die Saisonkraft als auch die zweite feste Mitarbeiterin gekündigt." Die Saisonkraft wird erst im Sommer gesucht. "Die feste Vollzeitkraft musste in der Tat zweimal ausgeschrieben werden." Mittlerweile konnte ein Nachfolger gefunden werden, der zum 1. Dezember anfängt.