Es könnte das jüngste Kandidaten-Team in ganz Baden-Württemberg werden. Mit dem 30-jährigen Jens Metzger und dem 24-jährigen Florin Kaminiksi haben sie nicht nur einen Generationenwechsel eingeläutet, sondern setzen auch ganz bewusst auf ein sehr junges Team, das im Wahlkreis 55 (Tuttlingen-Donaueschingen) bei der Landtagswahl antreten wird. Es ist nicht so, dass die 48 stimmberechtigten Mitglieder keine andere Möglichkeit gehabt hätten: Denn für die Position des Erstkandidaten stellten sich neben Metzger zwei deutlich ältere Politikroutiniers zur Wahl: der 52-jährige Alexander Efinger, Gemeinderat in Spaichingen und Inhaber einiger Parteiämter und die 58-jährige Angelika Störk, Gemeinderätin in Emmpingen-Liptingen und Kandidatin von 2016.

„Ich bin zwar erst 30 Jahre alt, aber ich habe schon viel erlebt.“
Jens Metzger

Jens Metzger, der in Villingen-Schwenningen geboren wurde und in Tuttlingen aufgewachsen ist, verfügt über einen nicht alltäglichen Lebenslauf: „Ich bin zwar erst 30 Jahre alt, aber ich habe schon viel erlebt“, erklärt der Tuttlinger. Aktuell macht er eine Ausbildung zum Schreiner, zuvor studierte er European Studies und Economics for Transition. „Einige wundern sich, dass bei mir zuerst das Studium kommt und dann die Ausbildung. Es war aber keine Lebenskrise und es auch nicht so, dass mich meine Studieninhalte nicht interessiert haben oder ich keinen Job gefunden habe.“

Irgendwann möchte er ein eigenes Tiny-House bauen

Frei nach dem Ökonomien Ernst Friedrich Schumacher habe er sich entschieden, sich einem Minimum an Konsum und Technologien hinzuwenden und die Nachhaltigkeit zu leben. „Ich habe mich gefragt, in welchem Beruf ich viel erreichen kann, ohne viel Technik zu brauchen“, sagt der Grünen-Landtagskandidat. Und seine Wahl fiel auf Schreiner. „Ich weiß jetzt wie ich einen Stuhl, einen Tisch und vielleicht auch mal mein Tiny-House baue.“

Für das Stadtradeln stand er täglich um 4.30 Uhr auf

Bewusst war auch seine Rückkehr in die Heimat – in ein „Volker-Kauder-Land“ und ein „Guido-Wolf-Land“. „Das kann nicht so bleiben.“ Und genau aus diesem Grund müssten junge Menschen, die sonst oft in der Großstadt bleiben würden, zurück in die Heimat kommen. „Ich möchte mich einmischen, nicht weil ich denke, dass ich es besser weiß, sondern weil wir uns in einer Demokratie bewegen“, erklärt Metzger, der gerade erst bei der Aktion Stadtradeln mitgemacht hat. Der Verzicht auf das Auto sei ihm leicht gefallen, weil er keines habe. Aber er strich auch die öffentlichen Verkehrsmittel und den täglichen Weg von Tuttlingen nach Rottweil zur Arbeit legte er mit dem Fahrrad zurück. Noch nie sei er so fit gewesen, allerdings habe er auch feststellen müssen, dass das tägliche Aufstehen um 4.30 Uhr doch nicht so ganz sein Ding sei – durchgezogen hat er es dann trotzdem.

„Wir brauchen eine andere Form des Wirtschaftens.“
Jens Metzger

„Ich träume davon, dass unser Wahlkreis Grün wird und dafür will ich mit euch kämpfen“, richtet sich der 30-Jährige nach seiner Nominierung an die Grünen-Mitglieder. Als eines seiner wichtigsten Themen definiert der 30-Jährige die „Gemeinwohl-Ökonomie“. „Wir brauchen eine andere Form des Wirtschaftens. Ich bin der Überzeugung, dass wir unsere Wirtschaftsform ändern müssen, wenn wir dem Klimawandel entgegentreten wollen.“ Wirtschaftserfolg müsse anders definiert werden, als nur über Profitmaximierung. „Wir brauchen die Wirtschaft, aber sie muss wieder im Dienst des Allgemeinwohls stehen.“

Das Programm möchte er mit den Mitgliedern aufstellen

Auch Demokratie und Mitbestimmung zählen zu Metzgers Landtagswahl-Themen: „In Zeiten von zunehmendem Rechtspopulismus brauchen wir mehr Demokratie“, erklärt er. Aus diesem Grund will er sich dafür einsetzen, dass Bürger mehr Möglichkeiten haben politische Entscheidungsprozesse mit zu gestalten. Zum Beispiel in Form eines Bürgerrats. Ähnlich will er es auch mit dem Wahlkampf-Programm handhaben: „Ich sehe mich als Teamplayer und das Programm ist nicht meine alleinige Entscheidung.“ Deshalb möchte er es zusammen mit den Grünen-Mitgliedern aufstellen. „Ich kann mir auf jeden Fall einen Haustürwahlkampf vorstellen oder vielleicht sogar einen Wahlkampf mit dem Fahrrad„, erklärt er.

Im Falle der Wahl will er ein Wahlkreisbüro

Auf jeden Fall möchte er Präsenz zeigen, auch im Falle, dass es mit der Wahl klappt: „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich Guido Wolf jemals auf einer Veranstaltung in Tuttlingen gesehen zu haben.“ Und als Abgeordneter würde er auf jeden Fall ein Wahlkreisbüro einrichten und zwar kein so ein „abgeranztes“, wie das, das die CDU aktuell am Tuttlinger Bahnhof habe. Selbstbewusst formuliert er es: „Das hier ist die Politik für morgen.“

Florin Kaminski ist der Zweitkandidat.
Florin Kaminski ist der Zweitkandidat. | Bild: Jakober, Stephanie