Ein fragmentierter Rahmen, eine Ansammlung minimalistischer Fundstücke und ein Schwein, das recht deplatziert auf dem Parkett erscheint. Willkommen bei Fürstenberg Zeitgenössisch, wo im Juli 2025 die künstlerischen Resultate der Stipendiaten des vergangenen Jahres gezeigt werden.

Seit 2011 vergibt Fürstenberg Zeitgenössisch jährlich drei Arbeitsstipendien an internationale Künstler. Die Stipendiaten erhalten in den Sommermonaten die reizvolle Gelegenheit, auf dem am Bodensee gelegenen Schloss Heiligenberg zu wohnen und damit an einem Ort mit großem geschichtlichen Hintergrund zu arbeiten.

Neue Formen der Wahrnehmung

Nach „Absolute Beginner“, „Zweiter Streich“, „Dreierlei“, „Quattro Stagioni“, „Fünf Sterne“, „Sechs Richtige“, „Das verflixte siebte Jahr“, „After Eight“, „Neun Neue Räume“ und „X“ markiert „Elfen“ nun die elfte Ausstellung im Rahmen von Fürstenberg Zeitgenössisch.

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Die numerisch fortlaufenden Ausstellungstitel kann man als nette Wortspielereien sehen, aber wo könnte das diesjährige Thema „Elfen“ besser passen, als in den Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen mit ihrem Herzstück, der teils skurrilen, facettenreichen Naturkundesammlung.

Einer Sammlung, in der nun übrigens auch die wunderbare Klangarbeit von Luzie Meyer vorgestellt wurde. Sie war 2024 die Stipendiatin. Zwischen allerlei Getier spricht ihr Werk die Besucher an und eröffnet ihnen in diesem speziellen Resonanzraum neue Formen der Wahrnehmung.

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Künstler kommen aus aller Welt

Um das subtile Wahrnehmen, um feine Verschiebungen, um das Dazwischen, um das Überschreiten und der Auflösung fester Ordnungssysteme geht es schließlich auch in der aktuellen Präsentation. Die Ausstellung mit den drei unterschiedlichen Positionen ist auch in ihrer elften Auflage nicht aus einem Guss.

Das will sie auch gar nicht sein. Sie vermittelt in ihrer Heterogenität vielmehr den breiten Stilpluralismus der zeitgenössischen Kunst. Künstler sind eben Individualisten, auch wenn ihr Werk wie bei Adriano Costa Referenzen an bedeutende Kunstschaffende erkennen lässt.

Sieht aus wie ein durchlöcherter Käse: Adriano Costa Referenzen an wegweisende Künstler.
Sieht aus wie ein durchlöcherter Käse: Adriano Costa Referenzen an wegweisende Künstler. | Bild: Stefan Simon

Zunächst erscheinen die skulpturalen Assemblagen des 1975 in São Paulo geborenen Künstlers wie eine subversive Wanderung zwischen Hoch- und Alltagskultur. Schaut man sich die aus gefundenen Objekten und Wegwerf-Materialien geschaffenen Arrangements jedoch genauer an, so erkennt man deutliche Referenzen an den wegweisenden Architekten Walter Gropius und dem Pionier der Konzeptkunst Sol LeWitt.

Adriano Costa und seine Fundstücke, die er zu einem Kunstwerk gemacht hat.
Adriano Costa und seine Fundstücke, die er zu einem Kunstwerk gemacht hat. | Bild: Stefan Simon

Costas Arbeiten eröffnen über ihre Materialität hinaus ein vielschichtiges Spannungsfeld zwischen Aneignung, Erinnerung und Kontextverschiebung.

Die Besucher werden verführt

Auf so einem Spannungsfeld, wenngleich wesentlich subtiler, bewegt sich auch die bislang jüngste Stipendiatin Mara Wohnhaas. Die 1997 in Karlsruhe geborene Künstlerin ist in der Ausstellung mit der minimalistischen Arbeit „The fly on a speaker‘s nose“ vertreten.

Mara Wohnhaas. Eine Fliege stört die minimalistische Form.
Mara Wohnhaas. Eine Fliege stört die minimalistische Form. | Bild: Stefan Simon

Eine Plastikfliege auf einem Metallgestell mit femininen Formen liefert das stille Chaos an der Sollbruchstelle, in dem sich der Betrachter bei dem zweiteiligen Werk „Original und Fälschung“ wiederfindet. Der Bilderrahmen hat die Kunstgeschichte immer wieder herausgefordert.

Wenn die Betrachterin Teil der Arbeit wird. Gemeinderätin Irmtraud Wesle mit der Arbeit „Orginal und Fälschung“ von Mara Wohnhaas.
Wenn die Betrachterin Teil der Arbeit wird. Gemeinderätin Irmtraud Wesle mit der Arbeit „Orginal und Fälschung“ von Mara Wohnhaas. | Bild: Stefan Simon

Mara Wohnhaas lässt den Betrachter an der Auseinandersetzung teilhaben, wie auch mit der Box „What do we want that seduces us“. Verführt wird der Betrachter schließlich auch von der eher klassischen Malerei Constantin Nitsches. Der 1987 in Ludwigshafen geborene Künstler entwickelt eine Malerei, die aus dem Vertrauten das Rätselhafte schöpft.

Die Malerei von Constantin Nitsche ist vertraut und rätselhaft zugleich. Das weckt das Interesse des Psychotherapeuten Roman Dries.
Die Malerei von Constantin Nitsche ist vertraut und rätselhaft zugleich. Das weckt das Interesse des Psychotherapeuten Roman Dries. | Bild: Stefan Simon

Zwischen lakonischem Humor, sinnlicher Präzision und konzeptueller Reflexion lädt „Elfen“ dazu ein, genauer hinzusehen. Details zu erkennen, aus denen sich der Betrachter seine eigenen Geschichten entwickeln kann.