Von einem „Grundrauschen“ spricht Jochen Froh, der Leiter des Gesundheitsamtes. jetzt, Anfang Juli, hat sich die Anzahl positiv getesteter Corona-Verdachtsfälle reduziert. Bei 17 neuen Fällen in den vergangenen zwei Wochen sei der Kampf gegen Covid-19 gegenwärtig in eine ruhige, gleichwohl wachsame Phase getreten. „Die Strukturen funktionieren“, lobt der Mediziner. Geschaffen wurden sie, „indem wir immer wieder schnell dazulernten“, räumt der Amtsleiter ein. Dabei kam der wichtigste Lernschub von der Baar.

Junge Leute sind schwer zu erreichen

Rückblick, Anfang März: Eine Ski-Tagesfahrt ins österreichische Ischgl, zu dieser Zeit noch unerkannter Virenverbreiter, bringt Corona nach Blumberg. Mit Begleiterscheinungen, die die Gesundheitsverwaltung an ihre Grenzen brachte. Es waren junge Leute, die die fröhliche Tour in den Schnee gebucht hatten, Kontakte, angefangen von den Sitznachbarn im Bus und Aufenthaltsorte waren schwer zu rekonstruieren. Wo keine Beschwerden vorlagen, stellten sich Sorglosigkeit und Unverständnis ein. „Eine schwierig zu erreichende Klientel“, erinnert sich Früh.

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Erschwerend kam hinzu, dass die Anweisungen des Gesundheitsamtes zu diesem Zeitpunkt, ohne positiven Befund, nur empfehlenden Charakter hatten. Als „Nagelprobe für den ganzen Kreis“ bleibt diese Frühphase des Containments, englisch Eindämmung, in Erinnerung. Schnell wachsende Fallzahlen im März stellten gar einen Strategiewechsel zur Disposition: weg von der Suche nach Kontaktpersonen hin zur Errichtung einer „Schutzmauer“ vor Risikopatienten.

Saskia Schneider aus Schonach gehört zu den „Scouts“, die im Gesundheitsamt bei der Suche nach Corona-Kontaktpersonen ...
Saskia Schneider aus Schonach gehört zu den „Scouts“, die im Gesundheitsamt bei der Suche nach Corona-Kontaktpersonen eingebunden sind. | Bild: Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis

Es blieb bei der Betreuung und Anleitung Infizierter und der Ermittlung von Kontaktpersonen. Das Gesundheitsamt straffte seine Kapazitäten und verfeinerte die Vorgehensweise. Ob Schulkinduntersuchung, Schulzahnärztin, Aids- oder Prostitituierten-Sprechstunde: Mitarbeiter aus pausierenden Bereichen, aber auch Kollegen aus dem Landratsamt setzten sich ans Telefon. „Zudem bekamen wir vom Robert Koch-Institut (RKI) vier Scouts zugeteilt“, sagt Früh.

Zu den Scouts gehört Iris Gähme. Die 24-jährige Donaueschingerin übernimmt beim DRK-Kreisverband die Bereitschaftsleitung, studiert an einer Fernuni Gesundheitsmanagement und jobbt. Für den RKI-Scout musste sie sich mehrstufig bewerben. Seit dem 21. April hat sie im Gesundheitsamt in Villingen einen auf ein halbes Jahr befristete Arbeit. Sie verschickt die „Absonderungsschreiben“, also die Anweisung, wenn Menschen in Quarantäne müssen, gibt Daten in den Computer ein und macht Telefondienst.

„Nicht immer fand eine kurz vor Mitternacht verhängte Quarantäne-Anordnung Verständnis.“Jochen Früh, Leiter des Gesundheitsamtes
„Nicht immer fand eine kurz vor Mitternacht verhängte Quarantäne-Anordnung Verständnis.“Jochen Früh, Leiter des Gesundheitsamtes | Bild: Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis

Das aber nicht in heiklen Fällen. „Das Testergebnis übermitteln Ärzte“, sagt sie. Häufiger muss sie in Folgetelefonaten Symptome der Menschen einholen, die in Quarantäne leben. Viel lieber tätigt sie ein anderes Telefonat. „Den Leuten mitzuteilen, dass ihr Testergebnis negativ ausgefallen ist, macht mir große Freude“, so die RKI-Scout.

Ergebnisse kommen per Fax

Zurück zum Leiter des Gesundheitsamtes: Bei allen Abläufen gehe es um Schnelligkeit, sagt Früh. Von dem Moment, wenn der Hausarzt Patienten mit Symptomen in die Fieberambulanz schickt über die Diagnose bis zum Handeln des Gesundheitsamtes. Weil die Testergebnisse, traditionell per Fax übermittelt, im Gesundheitsamt meist erst am Abend vorlagen, galt es zunächst zu verhindern, dass Infizierte am nächsten Tag das Haus verlassen.

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„Nicht immer fand eine kurz vor Mitternacht verhängte Quarantäne-Anordnung Verständnis“, erinnert sich Früh. Eine lange Liste abzuarbeiten – einmal lagen gleich 20 Anrufen nach 20 Uhr vor – aber dennoch wichtige Infos zu platzieren und gleichzeitig bereits erste Kontaktpersonen aufzuspüren sei ein Kraftakt gewesen.

Infizierte sollen Liste erstellen

Im Augenblick, in dem sie erfahren, sie tragen das Virus, sind die Gesprächspartner zu nervös für tiefere Überlegungen. Dem trägt die weitere Vorgehensweise Rechnung. Die Quarantäne-Anordnung bezieht sich zunächst nur auf Infizierten, Lebenspartner und Mitbewohner. „Unser Team ruft sie morgen an“, heißt es deshalb abschließend. Bis dahin werden die Infizierten aufgefordert, eine Liste mit Personen zu erstellen, mit denen sie zu welchem Zeitpunkt zusammenkamen.

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Die Kontakte werden in drei Stufen eingeteilt. Erstgradig und engmaschig kontrolliert werden Personen, die insgesamt mindestens 15 Minuten mit unter 1,5 Meter Abstand aufgewiesen haben. Sie werden, wie Infizierte, derzeit noch zehn Tage isoliert und sind angehalten Protokoll über ihre Symptome zu führen. „Eigentlich war sogar ein täglicher Anruf vom Gesundheitsamt vorgesehen“, sagt Früh. Aber das sei nicht durchzuhalten. Die zweite Stufe umfasst einen weiteren räumlichen Abstand und eine kürzere Kontaktzeit, die dritte Kontakte mit Personen mit Schutzmaske wie etwa Pflegepersonal.

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Und dennoch: Trotz der geringen Zahl an Neuinfektionen ist der Schwarzwald-Baar-Kreis im Landes-Ranking nach hinten gerutscht. Das erklärt sich daraus, dass in Schwenningen noch bis Monatsende die aktuell letzte zentrale Abstrichambulanz in Baden-Württemberg betrieben wird. Bei bis zu 100 Testungen pro Tag ergäben sich immer wieder Infektionen. Jochen Früh ist das lieber als die lupenreine Bilanz. Dieses Monitoring deckt auf, wo Corona auftritt und in welcher Häufigkeit. Bedrohliche Situationen wie in Riedböhringen müssen frühzeitig erkannt und erfasst werden.