„Die Affen rasen durch den Wald„, heißt es in einem bekannten Kinderlied. Für die Baar muss es nun umgedichtet werden – denn es war nur ein Affe, der im Kohlwald zwischen Löffingen und Mundelfingen immer wieder Wanderer und Ausflügler überraschte. Das entdeckungsfreudige Tier büchste vor knapp über drei Wochen aus dem Tier- und Freizeitpark Tatzmania aus und widersetzte sich mehreren Einfang-Versuchen. Am vergangenen Donnerstag klappte es schließlich, das Tier zu betäuben und es wieder zu seinen rund 60 Artgenossen zu bringen. Der tierische Ausbrecherkönig sei wohlauf, wie Isabel Braun, die zusammen mit ihrem Vater Rüdiger die Löffinger Freizeiteinrichtung führt, auf Nachfrage des SÜDKURIER bestätigt. Und angestellt habe er auch nichts.
Die Berberaffen haben in Tatzmania ein eigenes Gehege, dessen Zaun von einigen Tieren aus der Gruppe aber immer wieder überwunden wird. Es seien vor allem junge Männchen, die sich aus dem Staub machen, weiß die Geschäftsführerin. Weshalb? Sie müssten sich ausprobieren und dann gerieten sie auch unter Rangdruck, erklärt Braun. Unter den Männchen herrsche nämlich eine strenge Hierarchie. Normalerweise blieben die Tiere aber im Parkgelände – was Tatzmania-Besucher bestätigen können. Doch einem jungen Männchen war es offenbar zu eng geworden, vielleicht handelt es sich bei diesem Berberaffen auch um ein besonderes neugieriges Exemplar seiner Gattung. Auf alle Fälle nahm er Reißaus. Die erste Maßnahme der Parkbetreiber: Sie informierten die Polizei und das Landratsamt über den erfolgreichen Fluchtversuch, obwohl von dem Affen keinerlei Gefahren für Menschen ausgingen.“Wer den Affen nicht anfasst oder versucht festzuhalten, dem passiert nichts“, so Braun.
Seit seinem Ausbrauch war der Affe immer wieder von Ausflüglern gesehen worden. Die informierten bei einer Sichtung die Polizei beziehungsweise riefen direkt im Park an, weil sich mittlerweile herumgesprochen hatte, dass ein Berberaffe im Kohlwald und der Gauchachschlucht unterwegs ist. Doch immer wenn Rüdiger und Isabel Braun vor Ort auftauchten, war das Tier schon wieder verschwunden. Oder es saß weit oben in einem Baum und ließ sich – weil in der Regel gut von Wanderern gefüttert – auch nicht mit Bananen herunter locken. Da konnte Rüdiger Braun natürlich nicht zu seinem Blasrohr greifen, um das Tier zu betäuben.

Am vergangenen Dienstag um die Mittagszeit stattete der Primat der in der Schlucht gelegenen Burgmühle mehrere Besuche ab. Wirtin Christa Friedrich machte es zunächst nichts aus, dass sich das Tier an den Speiseresten bediente – weil das benutzte Geschirr etwas abseits gesammelt wird. Doch als der Affe auf die Tische der Gäste kletterte, da hörte für sie der Spaß auf und sie verscheuchte das Tier. Das sei gar nicht so einfach gewesen, denn der Affe habe keine Angst gezeigt. Gleichzeitig sei er aber auch nicht aggressiv gewesen. „Gegen Abend zog sich der Affe wieder in den Wald zurück“, erinnert sich Friedrich.
Das Tier tauchte am 19. Juli auch am Dögginger Wanderparkplatz auf, der sich am Einstieg in die Gauchachschlucht befindet. Dort hatte sich ein Freundeskreis zu einem Sektfrühstück verabredet, zu dessen Star der Ausreißer wurde. Der Affe habe sich füttern lassen und selbst vor den Hunden keine Furcht gehabt, berichtet ein Teilnehmer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen mag. Der Mann wusste von dem flüchtigen Affen und versuchte, ihn einzufangen. Doch er scheiterte, der Affe durchschaute wohl das Spiel. Zunächst legte der Mann eine Banane in eine Hundetransportbox. Die ließ er offen und stellte sie in den hinteren Teil eines Kleinbusses, der eine elektrischen Heckklappe besitzt. Doch deren Mechanismus arbeitete zu langsam. Zwar holte sich der Affe sein Leibgericht aus der Hundebox, doch als sich die Heckklappe nach unten bewegte, schlüpfte er noch rechtzeitig ins Freie.

Dann Versuch Nummer zwei, dieses Mal mit einem anderen Kleinbus, der eine Schiebetüre an einer Seite hat. An deren Griff befestigte der Dögginger ein Seil und legte sich in ein paar Metern Entfernung auf die Lauer. Sobald der Affe sich die Banane im Bus holt, wollte er die Türe per Seil zuziehen. Soweit der Plan, aus dem nichts wurde. Denn der Affe machte sich so lang, dass seine Beine beim Griff nach der gelben Frucht noch nach draußen hingen. Da hatte das Tier wohl den (vegetarischen) Braten gerochen.
Am vergangenen Donnerstag gelang es dann endlich, den kleinen Ausbrecherkönig wieder einzufangen – mittels eines gezielten „Schusses“ aus dem Blasrohr von Rüdiger Braun. Der Affe saß auf dem Boden, es bestand also nicht die Gefahr, dass sich das Tier verletzt, wenn das Betäubungsmittel wirkt.
Was unternimmt Tatzmania, um eine Wiederholung zu verhindern? Isabel Braun betont, den Park erst vor drei Jahren übernommen zu haben, das Affengehege sei tatsächlich nicht auf dem modernsten Stand. Doch das werde sich ändern. Im Herbst, so kündigt sie an, werde Tatzmania ausbruchssicher für tierische Entdecker gemacht.
Auf einen Blick
- Zum Park: Im Löffinger Tier und Freizeitpark Tatzmania können Besucher viele verschiedene Tiere erleben, zum Beispiel Damwild, Kudus, Lamas, Trampeltiere, Zebras, Stachelschweine, Löwen, Tiger und Wölfe. Eine Achterbahn und eine Trampolinhalle versprechen Spiel und Spaß. Eintrittspreise: Kinder ab vier Jahren und Erwachsene zahlen 15 Euro Eintritt. Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 18 Uhr. Keine Anmeldung mehr erforderlich.
- Zu Berberaffen: Der Berberaffe, auch Magot genannt, kommt außerhalb von Zoos und Tierparks in Nordalgerien, Afrika, Marokko und Gibraltar vor. Die Bestände in Gibraltar müssen regelmäßig durch Tiere aus Nordafrika ergänzt werden. Der Berberaffe ist ein kräftiges, schwanzloses Tier mit einem beinahe runden Kopf und einer kurzen Schnauze. Die Männchen haben auf dem Kopf längere Haare und sind größer als die Weibchen. Berberaffen leben in Gruppen von 10 bis 30 Männchen, Weibchen und Jungen in einem abgegrenzten Gebiet. Sie suchen ihre Nahrung in Bäumen wie auch auf dem Boden und fressen Blätter, Beeren, Früchte, Gras, Insekten, Spinnen und Wurzeln. (hon)