Wenn Besucher nach Donaueschingen kommen, dann schauen sie sich – klar – die historische Donauquelle an. Was aber unweigerlich auch in den Fokus rückt, das sind die anderen wunderschönen Bauten im Residenzviertel, etwa das Schloss oder die prachtvolle Stadtkirche.

Dass Donaueschingen heute so aussieht, hängt allerdings mit einer Entscheidung zusammen, die mittlerweile exakt 300 Jahre zurück liegt – aber wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Stadt genommen hat.

Worum es dabei genau geht, das kann Jörg Martin erklären. Er hat seinen Arbeitsplatz zwischen großen Schränken, gefüllt mit Büchern, Unterlagen, historischen Dokumenten – einer unschätzbar wertvollen Fundgrube an Wissen. Martin ist der Leiter des Fürstlich Fürstenbergischen Archives. „Vor 300 Jahren wurde Donaueschingen Residenz des Hauses Fürstenberg“, erklärt er.

Das wichtige Jahr

Im Jahr 1723 entschloss sich Fürst Joseph Wilhelm Ernst, Donaueschingen zum Sitz seines Adelshauses zu machen. Aber warum eigentlich genau hier? „An der Donauquelle befand sich bereits eine Burg-Anlage des Hauses. Sicher deswegen, aber auch wegen der günstigen Lage“, erklärt Martin. Mit der Burg habe es bereits 1488 einen Sitz gegeben, „da war schon etwas.“ Der letzte Rest der Burg verschwindet erst 1821 bei einem Brand.

Und ohne die Residenz?

Was wäre denn aus Donaueschingen geworden, hätte sich der Fürst damals nicht zu diesem Schritt entschieden? „Wenn Sie sich die Dörfer auf der Baar anschauen: So wäre auch Donaueschingen geblieben. Aus der Residenz-Erhebung folgt alles“, beschreibt der Archivar die Bedeutung dieser Entscheidung.

Das Gemälde aus der fürstlichen Sammlung zeigt den Residenzbegründer Joseph Wilhelm Ernst. Es entstand vermutlich irgendwann um 1750.
Das Gemälde aus der fürstlichen Sammlung zeigt den Residenzbegründer Joseph Wilhelm Ernst. Es entstand vermutlich irgendwann um 1750. | Bild: Roland Sigwart

Das sei das gleiche Phänomen wie etwa in Berlin, Karlsruhe oder München: „Die begannen auch zu wachsen, als sie Residenz wurden. Das war deutlich festzustellen.“ Alles, das man heute als Residenzviertel bezeichnet, fällt meist in die Zeit und Bautätigkeit von Joseph Wilhelm Ernst zu Fürstenberg.

Hier wird auf den festlichen Einzug in Donaueschingen von Joseph Wilhelm Ernst am 31. Oktober 1723 hingewiesen.
Hier wird auf den festlichen Einzug in Donaueschingen von Joseph Wilhelm Ernst am 31. Oktober 1723 hingewiesen. | Bild: Fürstlich Fürstenbergisches Archiv

Kurz danach sei es in Donaueschingen mit der Bautätigkeit losgegangen: „Eine der ersten Maßnahmen dürfte das Schloss gewesen sein. Die Stadtkirche wurde 1724 begonnen, das Schloss müsste in den 1720er-Jahren entstanden sein“, erklärt Martin.

Die Beamten kommen

Dass der Fürst in Donaueschingen wohnt, bedingt noch mehr. Der Beamten-Apparat kommt ebenfalls hierher: „Die Beamten ziehen nach Donaueschingen – und es werden neue Gebäude notwendig. Jenes, in dem sich heute das Bräustüble befindet, ist damals entstanden, wohl für die Beamten.“

Donaueschingen entwickelt sich schließlich zu einer Honoratioren- und Beamtenstadt: „Rechtsgelehrte und Juristen wohnen hier – und bringen sich auch ein. Im 19. und 20. Jahrhundert mischen die Beamten quasi überall mit.“

Eine Darstellung von Donaueschingen aus dem Jahr 1683.
Eine Darstellung von Donaueschingen aus dem Jahr 1683. | Bild: Fürstlich Fürstenbergisches Archiv

Auch andere Berufe werden angelockt: Kammerdiener werden gebraucht, das Handwerk blüht auf: „Das geht über die natürlichen Angebote vor Ort hinaus. Es tauchen spezialisierte Handwerker auf, wie etwa Uhr- oder Büchsenmacher“, sagt der Archivar.

Neue Gesetze

Die baulichen und sozialen Veränderungen in der Zeit von Aufklärung und Absolutismus sorgen auch für eine Flut an neuen Gesetzen, um die Wohlfahrt zu steigern. „Das nimmt glaubensähnliche Züge an“, sagt Martin.

Was jedoch auch zu Fortschritten führt, wie etwa durch die Schulpflicht: „Sie war Joseph Wilhelm ein wichtiges Anliegen.“ Die höhere Schule wird schließlich zum Gymnasium ausgebaut. Die Leute vor Ort bekommen plötzlich ganz andere Chancen.

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Die Gesetze reichen in viele Bereiche: „Dem Fürst war die Fasnet ein Dorn im Auge“, erklärt Jörg Martin. Zumindest lässt sich in den Quellen nachweisen, dass damals das Fasnet-Begraben verboten wurde.

Joseph Wilhelm Ernst vereint später die drei Fürstenberger Linien Messkirch, Heiligenberg und Stühlingen, „unter einer Leitung schafft das auch eine entsprechende Finanzkraft“, so Martin. Immerhin werden in der Residenz erheblich höhere Aufwendungen gebraucht: „Es gibt mehr Bedienstete, man spielte in einer anderen Liga.“

Wirtschaftliche Entwicklung

Der Fürst treibt die wirtschaftliche Entwicklung voran: Im Kinzigtal wird der Bergbau wieder neu belebt, in Blumberg wird Torf gestochen, und bei der Bewirtschaftung des Forstes spielt die Nachhaltigkeit bereits eine Rolle: „Man schaut, dass so abgeholzt wird, dass auch genügend nachwachsen kann.“

Joseph Wilhelm Ernst belebt den Silberbergbau im Kinzigtal wieder. Das zeigt auch dieser sogenannte Ausbeutetaler aus dem Jahr 1729.
Joseph Wilhelm Ernst belebt den Silberbergbau im Kinzigtal wieder. Das zeigt auch dieser sogenannte Ausbeutetaler aus dem Jahr 1729. | Bild: Fürstlich Fürstenbergisches Archiv

Die Ausstellung soll einen anschaulichen Blick in jene Zeit geben, „und nicht nur Urkunden von damals zeigen“, so Martin. Joseph Wilhelm Ernst wird als ein wichtiger Vertreter des Hauses in der Ahnenreihe gesehen. Und man können ihn noch heute spüren, sagt der Archivar: „Er war sehr pflichtbewusst.“