Mit Beginn des Ukraine-Kriegs und der Bedrohung durch Russland ist wieder eine hitzige Debatte um die Wehrpflicht entbrannt. Seit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 durch CDU/CSU und FDP herrscht großer Personalmangel bei der Bundeswehr: Der Truppe fehlen rund 20.000 Soldaten.

Die Union hat sich für eine schrittweise Rückkehr zur Wehrpflicht ausgesprochen. Womöglich könnte auch ein allgemeines, verpflichtendes Gesellschaftsjahr kommen. Doch was ist das genau? Das Prinzip: Schulabgänger sollen einen Dienst im Bund, in Kindergärten, in der Pflege oder bei anderen sozialen Trägern leisten.

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Das monatliche Taschengeld würde den Staat jedoch 17 Milliarden Euro kosten. Auch aus Sicht der Wirtschaft wäre ein Extrajahr mit Kosten verbunden: 70 Milliarden Euro entgingen der Volkswirtschaft, da die Schulabgänger erst später in die Berufswelt einsteigen würden.

Doch was halten junge Donaueschinger davon und wie stehen sie zu der Idee eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres? Der SÜDKURIER hört sich bei einem Ortsbesuch in Pfohren bei jungen Fußballern um.

Am Mittwochabend trainiert die A-Jugend des SSC Donaueschingen auf dem Rasenplatz unweit der Donau. „Ich stehe offen zu dem Thema“, sagt Moritz Becker. Der 21-jährige Co-Trainer absolviert derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr im Kindergarten.

Bild 1: Wehrpflicht und obligatorisches Gesellschaftsjahr: Was Donaueschinger Jugendlich davon halten
Bild: Schönlein, Ute

Dabei war sein ursprünglicher Plan, zur Bundeswehr zu gehen, aber aufgrund eines Kreuzbandrisses habe das doch nicht geklappt. Für ihn wäre eine Wehrpflicht wie früher kein Problem. „Ich habe vor drei Jahren zu Beginn des Ukraine-Kriegs erkannt, dass wir wieder eine Wehrpflicht brauchen.“ Seine Eltern seien jedoch froh, dass er nun doch nicht zur Bundeswehr gegangen sei, erzählt er.

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Pflichtjahr könnte zu mehr Selbstständigkeit führen

Lukas Hösel sieht ein Jahr für die Gesellschaft auch ein bisschen als eine Art Erziehungsmaßnahme: „Das täte manchen in unserer Generation gut. Viele haben bis 25 außer Schule und Uni nichts gemacht.“

Einen weiteren Vorteil sieht der Fußballer darin, dass die 18-Jährigen selbstständiger werden würden. Auch Lasse Hildebrand sieht Vorteile darin: „Man hilft der Gesellschaft, vor allem aber für unsere Generation wäre es wichtig.“

Die Option, zur Bundeswehr zu gehen, sei unter Gleichaltrigen nicht präsent, so die einhellige Meinung der Fußballer. „Nur auf Messen oder wenn man sich aktiv informiert, erfährt man von der Option, die sich einem in der Bundeswehr bietet“, bestätigt auch Daniel Hug, der allerdings gegen eine Pflicht ist. „Ich persönlich habe keine Lust auf ein ganzes Jahr.“ Doch wenn die Wehrpflicht wieder eingeführt werden würde, dann sollten auch Frauen eingezogen werden, so seine Meinung.

Fußballer üben Kritik an ihrer Generation

Kritik an seiner Generation übt auch Fynn Hirt: „Es herrscht viel Disziplinlosigkeit.“ Er persönlich würde keinen Wehrdienst machen wollen, fände es aber trotzdem gut, wenn alle 18-Jährigen angeschrieben werden würden. Mitspieler Philip Schöndienst ergänzt: „Ich fände einen Ersatzdienst gut – und zwar für Frauen und Männer.“

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Pablo Arndt hätte kein Problem mit einer vollständigen Wehrpflicht: „Da wird man anders erzogen und lernt Disziplin.“ Als Vorbild nennt der Torwart die Schweiz, welche einen verpflichtenden Wehrdienst habe.

Jonas Hauger hingegen fände ein Deutschlandjahr besser – also die Pflicht, einen Freiwilligendienst absolvieren zu müssen, egal ob bei einer sozialen Einrichtung oder bei der Bundeswehr.

„Das wäre ein Sprung ins kalte Wasser“

Was die jungen Fußballer eint: Sie befinden sich in unsicheren Zeiten, geprägt von kriegerischen Auseinandersetzungen. „Dass es plötzlich Krieg in Europa gibt, war schon einschneidend“, sagt Hirt. Früher sei all das weit weg gewesen, jetzt aber sei das alles ganz nah.

„Sollte es wirklich zu Krieg bei uns kommen, müssten wir komplett ins kalte Wasser springen. Wir können ja nicht einmal eine Waffe bedienen“, zeigt sich Pablo Arndt besorgt.