XXL begleitet unser Leben. Ob Pizza, Süßgetränk, T-Shirt oder Möbelhaus: Alles ist größer, breiter, gewichtiger geworden. Auch der Mensch. Diese Veränderungen lassen sich im Alltag dezent kaschieren. Trat aber ein Notfall ein, stand Schwergewichtigen mitunter ein peinlicher und unbequemer Weg ins Klinikum bevor.
Seit bald drei Jahren ist das anders. In der Rotkreuz-Garage an der Dürrheimer Straße steht für diese Transporte ein Schwerlastrettungswagen zur Verfügung: ein 5,5-Tonner normaler Größe mit Spezialausrüstung. „Die Anschaffung erfolgte damals auf Veranlassung des Landes“, sagt Rettungsdienstleiter Tobias Hauschel. Jeder Landkreis sollte über ein solches Spezialfahrzeug verfügen, im Schwarzwald-Baar-Kreis einigten sich die DRK-Kreisverbände auf den Standort Donaueschingen.
Rund um die Uhr steht der Schwerlastrettungswagen zum Patiententransport zur Verfügung. Meist finden die Fahrten aber tagsüber statt. Gängige Situation: Ein Patient muss von zuhause ins Klinikum oder von dort zurück in die heimische Umgebung transportiert werden. Das kommt gar nicht selten vor. „Im Jahr 2019 hatten wir im Schnitt 1,7 Einsätze pro Woche“, greift Hauschel in die Statistik.
Die Alarmierung kann geplant oder spontan erfolgen. Angenommen der reguläre Rettungsdienst stellt vor Ort fest, dass der Patient stark übergewichtig ist. Das unter Funkruf 5591 geführte Fahrzeug übernimmt den Patienten. Über die Leitstelle vorplanbar sind dagegen die Kliniktransporte.
130.000 Euro hat das luftgefederte Fahrzeug gekostet. Die Kosten spiegeln sich in der Ausstattung wider. Das Herzstück ist eine komplett elektro-hydraulische Krankentrage. Sie ist komplett höhenverstellbar, wird auf Knopfdruck auf die Straße geschoben, trägt bis zu 350 Kilogramm Gewicht und kann auf bis zu knapp einen Meter Breite ausgefahren werden. „Die Patienten liegen dann wie in einer Wanne“, sagt Hauschel. Aber auch für komplexe Alarmierungssituationen stehen im Fahrzeug die XXL-Versionen bereit. Etwa bei einer 1,80 Meter breiten Spezialmatratze, die Patienten mit Bein- oder Rückenverletzungen aufnimmt. „Die Patienten werden rundum eingepackt und über Gleitkufen transportiert.
Und wenn ein Patient, der am Boden liegt, sich nicht selbst aufrichten kann? Dann kommt ein elektrisches Hebekissen zum Einsatz. Der Patient wird auf eine Arbeitsebene gehoben und auf die Krankentrage geschoben. Was das neue Fahrzeug nicht ändern kann, ist der erste Weg aus der Wohnung über ein eventuell sehr enges Treppenhaus. Früher überschritten da die normalen Tragen die Belastungsgrenze. „Ab 180 Kilogramm wurde es kritisch. Die Hersteller übernahmen da keine Haftung mehr“, erinnert sich der 40-jährige Rettungsdienstleiter. Aber auch die Fahrzeuge kamen irgendwann an die Kapazitätsgrenze.
Über Jahre gab es für ganz Baden-Württemberg ein einziger Schwerlastrettungwagen, der in Müllheim bei Freiburg stationierte war. „Da musste man Glück haben, um ihn anfordern zu können“. Andernfalls hieß das, adipöse Patienten mit vielen Helfern – auch die Feuerwehr wurde regelmäßig angefordert – durch das Treppenhaus zu wuchten. Oft auch unter den Augen neugieriger Nachbarn, wie das Hauschel einräumt.
Heute komme beim Transport auch die Würde des Patienten ins Spiel. In Spezialtragetüchern mit Gleitkufen und mehreren Haltegriffen läuft die Abwärts- oder Aufwärtsbewegung schneller und reibungsloser. „Der Patient kann auf diese Weise so schonend transportiert werden, wie er es verdient hat“, sagt Hauschel.
Das man auf der Trage endlich bequem und ohne zusätzliche Beschwerden liege, das hätten ihm Patienten während der Transportfahrten des Öfteren versichert. Etwa bei 150 Kilogramm Körpergewicht eines Patienten beginnt der Einsatz von Fahrzeug 5891. „Denn da kann bereits ein kleinerer Mensch so dick sein, dass er die verbreiterte Trage benötigt.
Das Spezialfahrzeug ist ganz normal mit Notfall- und Rettungssanitäter besetzt. Allerdings bedurfte es vor dem ersten Einsatz einer Einweisung zum elektro-hydraulischen Equipment. Die Bereitstellung eines Sonderfahrzeugs heißt in der Rotkreuz-Garage auch eine besondere Form ständiger Vorbereitung.
„Das Fahrzeug hängt permanent am Stromnetz, damit die Aggregate ständig geladen sind“, sagt Hauschel. Zudem wird die Krankenliege jeden Morgen vor Schichtbeginn auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft. Denn wenn die Anmeldung zu einem Krankentransport eintrifft, müssen sich Team und Patient auf ein funktionierende Fahrzeug verlassen können.