Der Wohnmobilstellplatz in Hüfingen ist beliebt. Immerhin locken hier – im Vergleich zu vielen anderen Stellplätzen der Region – einige Komfort-Extras, wie etwa der Kiosk als Treffpunkt, Dusch- und Waschmöglichkeiten und nicht zuletzt die Tatsache, dass meist ein Ansprechpartner vor Ort ist. Doch dieser Standortvorteil wackelt derzeit.
Vor wenigen Tagen hat die Stadtverwaltung den Vertrag mit Kiosk-Pächter Jürgen Kurapkat aufgelöst, der vor etwa zwei Jahren das Ruder übernommen hatte. Nicht ohne Erfolg, wie es scheint. Als er damals angefangen hat, gab es seinen Angaben zufolge 3000 Übernachtungen auf dem Platz. „In diesem Jahr wären es sicher 6000 bis 7000 Übernachtungen geworden“, ist er sich sicher.

Daraus wird nun nichts. Kurapkat hat bereits damit begonnen, seinen geliebten Kiosk zu räumen. „Ich habe das als ein Hobby angesehen.“ Kurapkat wohnt in der Schweiz und betreibt dort eine Firma im Bereich Haustechnik, Wartung und Reparatur. „Ich bin nicht auf den Kiosk angewiesen“, sagt der 59-Jährige.
Und doch schmerzt ihn der Abschied von Hüfingen. Seine zwei Teilzeit-Mitarbeiter, Aushilfen, Feriengäste und die vielen Stammkunden aus Hüfingen seien für ihn wie eine kleine Familie geworden.
Viel Lob für Pächter
Ganz ähnlich sehen das einige Stammgäste aus Hüfingen, die sich vor dem bereits geschlossenen Kiosk mit dem SÜDKURIER unterhalten.

Jochen Kurapkat habe das super gemacht, sei immer für seine Gäste da gewesen, mit vollem Einsatz, so die einhellige Meinung. Mittlerweile sei der Kiosk auch zu einem festen Treffpunkt für eine Gruppe von etwa 30 Personen aus der Region geworden. Viele Radfahrer, Spaziergänger, Wanderer und Hundebesitzer hätte der Kiosk angelockt.
„Häufig sind auch Bewohner des Altenheims hier“, weiß Anita Mäder. „Sonst gibt es hier ja nicht viel. In der Stadt ist es nicht so gemütlich. Dort sitzt man an der Straße“, findet sie.

Sorgenfalten bereiten die Veränderungen auch Sabine Kloschewski aus Hüfingen. Sie vermisst schon jetzt die familiäre und entspannte Stimmung am Platz. Oft hat sie im Kiosk ausgeholfen, sich etwas dazuverdient. Sie sagt: „Bei Jürgen hat alles gepasst. Er hat alles gegeben.“ Erst kürzlich habe er Feriengäste nach einem Radunfall bis nach Radolfzell nach Hause gefahren, erinnern sich die Stammgäste.
Sie alle sind sich sicher, dass jetzt weniger Wohnmobilisten nach Hüfingen kommen werden und durch den fehlenden Kiosk ein beliebter Anlaufpunkt verloren geht.
Aber was war eigentlich passiert?
Die Stadtverwaltung teilt dazu auf Anfrage mit, dass der Pächter kein Gewerbe besitze und daher der Pachtvertrag aufgelöst worden sei.
Jürgen Kurapkat erklärt: „Ich habe in Deutschland ein Gewerbe-Verbot.“ Das sei ihm 1990 auferlegt worden. Als Grund nennt er nicht bezahlte Steuern. „Das ist aber erledigt, ich habe alle Schulden abgezahlt“, so Kurapkat weiter. Fortan war er in einer neu gegründeten Gesellschaft als Geschäftsführer tätig.

Später im Leben verschlug es ihn in die Schweiz, wo er bis heute ebenfalls unternehmerisch tätig ist. Als sich Kurapkat vor zwei Jahren für den Kiosk beworben hatte, „da habe ich einfach nicht mehr an die 30 Jahre zurückliegende Gewerbe-Sperre gedacht. Das war mein Fehler“, räumt er ein.
Bis jetzt war diese Sperre auch niemandem aufgefallen. Kurapkat hatte für den Kioskbetrieb ganz regulär ein Gewerbe angemeldet und alles lief ordnungsgemäß. Bis jetzt. Der Pächter selbst war es letztlich, der den Stein ins Rollen brachte, wenn auch nicht so geplant.
Gastronomie-Anmeldung
Weil viele seiner Gäste den Kioskbereich, Sitzgelegenheiten und die Holzhütte zum Verweilen nutzten, habe er eine Gastronomie angemeldet, damit alles seine Ordnung habe. „Ich habe auch schon die nötigen Kurse bei der IHK absolviert“, sagt Kurapkat.

Erst während diesem Anmeldeprozess sei es dann aufgefallen, dass er noch immer kein Gewerbe betreiben darf. Die Folgen: Keine Gastronomie, kein Gewerbe mehr und eine Kündigung seitens der Stadtverwaltung.
Krisengespräch ohne Lösung
Ein Krisengespräch im Rathaus Anfang vergangener Woche brachte offenbar auch keine Lösung. Kurapkat war mit seinem Anwalt da. Ein Stammgast aus Hüfingen sowie Architekt Peter Hirsig unterstützten ihn ebenfalls bei diesem Termin. Zu einer Einigung oder einer Lösung kam es nicht. „Ich habe angeboten, das Gewerbe auf meine Frau anzumelden.“

Außerdem laufe ein Aufhebungsantrag für die Gewerbesperre, da ja alle Schulden von damals längst beglichen seien. Über ein Schnellverfahren hätte man die Zeit bis zur Aufhebung dieser Sperre überbrücken können, ist sich der 59-Jährige sicher. Allerdings sei die Verwaltung auf die Vorschläge nicht eingegangen. Der Kiosk muss noch im August geräumt sein. Holzhütte, Zelt sowie Lagercontainer müssen weichen.
Gebot der Transparenz
Hauptamtsleiter Horst Vetter verweist in der Sache auf datenschutzrechtliche Aspekte, weswegen er über Details keine Auskunft geben könne. Warum bei dem Gespräch im Rathaus keine Lösung erzielt wurde, dazu sagt er aber: „Es gibt keine Absprachen im stillen Kämmerlein.“ Es gelte das Gebot der Transparenz. Bedeutet: Die Stadt müsse die Kiosk-Pacht offiziell neu ausschreiben, was auch geplant sei. Darauf könne sich dann jeder Interessent bewerben, auch der bisherige Pächter oder dessen Frau.

Bis ein neuer Betreiber gefunden ist, soll eine vorübergehende Lösung installiert werden. In einem Stellenangebot wird aktuell ein Kassenmitarbeiter für den Wohnmobilstandplatz gesucht, der Standplatzgebühr, Tourismusabgabe und Gebührenmarken für Strom und Wasser abrechnet und jeweils morgens am Platz für die Gäste da ist.
Weitere Streitpunkte
Neben der Kündigung soll es weitere strittige Punkte gegeben haben. Für die Holzhütte neben dem Kiosk, die bei Schlechtwetter Zuflucht für Gäste bot, lag bei der Errichtung kein Bauantrag vor. Auch eine mündliche Zusage seitens der Verwaltung habe es nicht gegeben, so Vetter gegenüber dem SÜDKURIER. „Der Antrag wurde erst jetzt nachgereicht“, erklärt der freie Architekt Gerhard Tobisch aus Hüfingen, der das übernommen hat.
Jürgen Kurapkat verwaltet bis heute zudem den Eintrag des Wohnmobilstellplatzes beim Kartendienst Google-Maps. Dort werden Informationen über Öffnungszeiten, Kontaktinformationen und Nutzerbewertungen gezeigt, die größtenteils positiv ausfallen.
„Eine gute Werbung“, ist sich Kurapkat sicher und beruft sich dabei auf die stetig wachsenden Abrufzahlen dieser Seite mit aktuell 30.000 Zugriffen. Die Zugangsdaten nun einfach so der Verwaltung zu überlassen, das sieht Kurapkat angesichts der Umstände nicht ein und fordert eine Ablösesumme.
„Man soll niemals nie sagen“
Trotz aller Fehler und Unstimmigkeiten scheint in der Sache noch immer ein Funke Hoffnung zu geben. Die Stadt schließt eine weitere Zusammenarbeit mit Jürgen Kurapkat nicht aus. Und dieser reagiert auf diese Nachricht nicht gänzlich abgeneigt, auch wenn ihm die vergangenen Tage noch immer auf der Seele lasten.
„Man soll niemals nie sagen“, sagt er. Er könne sich vorstellen in Hüfingen weiter zu machen, dann allerdings unter neu zu verhandelnden Bedingungen. „Aber ich bin gesprächsbereit“, so der 59-Jährige.