Auf Hochtouren laufen derzeit die Arbeiten zur Elektrifizierung der Höllentalbahn. 1901 wurde die hintere Höllentalbahn von Neustadt nach Donaueschingen feierlich eingeweiht. Grund genug für den Löffinger Heimatforscher Rudolf Gwinner, in den Archiven der Region die Geschichte der Höllentalbahn zu erkunden. "Was heute selbstverständlich ist, der stündliche Halt der hinteren Höllentalbahn, eigentlich der Abschnitt zwischen Neustadt und Hüfingen, war vor 120 Jahren ein harter Kampf unserer politischen Väter", sagt Gwinner.
- Strecke Freiburg–Neustadt: Bereits am 23. Mai 1887 wurde die Strecke von Freiburg nach Neustadt bei heftigem Schneetreiben in Anwesenheit des Badischen Großherzogs Friedrich I eröffnet. Es war eine Meisterleistung des Eisenbahningenieurs Robert Gerwig mit der damals steilsten Normalspur-Bahn Deutschlands. Von 1887 bis 1933 war vom Bahnhof Hirschsprung bis zum Bahnhof Hinterzarten ein Zahnradbetrieb notwendig.
- Die Weiterentwicklung: 1885 ging es um die Weiterentwicklung der Bahnstrecke nach Donaueschingen. Dabei wurden zwei Varianten diskutiert, die auch später zueinander in Konkurrenz standen. Die erste Variante war von Neustadt über Hammereisenbach nach Hüfingen. "Dabei sollte bei Hammereisenbach der Anschluss an die Bregtalbahn erfolgen", so Gwinner. 1892 wurde die private Bregtalbahn auf der Strecke zwischen Donaueschingen und Furtwangen in Betrieb genommen. Die zweite Variante sollte von Neustadt über Rötenbach, Löffingen, Bräunlingen, Hüfingen nach Donaueschingen führen. Löffingen hatte zwischen 1861 und 1887 in gleich neun Petitionen für diese Variante geworben. Löffingen bekam dabei Unterstützung durch den damaligen Freiburger Oberbürgermeister Carl Schuster, vom Präsidenten der Freiburger Wirtschaftskammer Julius Mez und den beiden Lenzkircher Fabrikanten und Abgeordneten im badischen Landtag und deutschen Reichstag Franz-Josef Faller und Paul Tritscheller. Bedeutsam war auch die die Unterstützung vieler Gemeinden im Hochschwarzwald und auf der Baar, lediglich dNeustadt und Donaueschingen hielten sich zurück.
- Zweite Variante: Mit fünf Punkten untermauerten die Befürworter der zweiten Variante über Löffingen diese Streckenführung. Zum einen war diese kostengünstiger und technischer einfacher durchzuführen. Für die Strecke Neustadt nach Eisenbach hätte man eine zweite Zahnradbahn einsetzen müssen. Zweitens setzte man auf die höhere und drittens auf eine kürzere Fahrzeit. Interessant war zum damaligen Zeitpunkt die militärische Bedeutung als Grenzlage zu Frankreich und das große Entgegenkommen der Gemeinden mit Geldleistungen und Geländeabtretungen, welche ebenfalls ins Feld geführt wurden.
- Überraschung aus Karlsruhe: Im Dezember 1887 fordert Oberbürgermeister Schuster in der Eisenbahnversammlung in Löffingen die Verwirklichung der zweiten Variante. Die Entscheidung fiel im November 1895, als die zweite Kammer in Karlsruhe diese zweite Variante beschloss, allerdings mit einer überraschenden neuen Streckenführung. Von Neustadt, über Rötenbach, Löffingen sollte es jetzt nach Reiselfingen (Seppenhofen), Bachheim, Unadingen, Hausen vor Wald nach Hüfingen gehen. Als im Februar 1896 das Gesetz der endgültigen Variante durch Großherzog Friedrich unterschrieben wurde, war dies ein Kompromiss, der lokalpolitische Interessen berücksichtige und viele Gemeinden den Bahnanschluss ermöglichen sollte. Die Gemeinden an dieser Strecke überboten sich geradezu mit Geldleistungen und Geländeabtritt um einen Bahnanschluss zu bekommen. Lediglich Mundelfingen ging leer aus, einen weiteren Umweg der nun knapp 40 Kilometer langen Strecke wollte man nicht mehr hinnehmen. Ende 1898 wurde dann mit dem Bau der hinteren Höllentalbahn begonnen und in nur vier Jahren fertiggestellt.
- Besonderheiten: Nicht wenige Besonderheiten zeichnen die hintere Höllentalbahnstrecke aus. Fünf Tunnels mussten gebaut werden, wobei der Dögginger Tunnel mit 535 Meter nicht nur der längste ist, sondern hier ist auch die Wasserscheide zwischen Rhein (Gauchach) und Donau (Breg) und somit zwischen Nordsee und Schwarzem Meer. Fünf Brücken sind auf der Strecke angelegt worden, darunter auch die Gutachbrücke. Mit 141 Meter war sie jahrzehntelang die größte steingewölbte Bogenbrücke Deutschlands. Die ursprünglichen Kosten von sieben Millionen Mark beliefen sich am Ende durch die Tunnels und Brücken, sowie der Umbau des Donaueschinger Bahnhofs auf 10,3 Millionen Mark. Interessant auch der großzügige Ausbau des Bahnhofs Hausen vor Wald. Geplant war, die Strecke Donaueschingen über Hausen vor Wald nach Schaffhausen weiterzubauen. 1907 wurde die Bahnstrecke Neustadt nach Bonndorf fertiggestellt. Auch diese Linie sollte bis nach Schaffhausen durchgeführt werden. Beide Varianten wurden nie realisiert. Um 1980 gab es Pläne die Trasse zu ändern. Vorschlag wäre neuer Bahnhof am Schneekreuz gewesen und eine Bahnstrecke entlang der B 31. Vor 30 Jahren gab es seitens der Bahn sogar Überlegungen die Strecke Neustadt-Donaueschingen stillzulegen.
- Eröffnung: Während die offizielle Eröffnung am 20. August 1901 erfolgte, fuhren bereits am 19. August Großherzog Friedrich, Fürst Max-Egon zu Fürstenberg und viele Staatsbeamte von Donaueschingen mit dem Sonderzug nach Neustadt. An sämtlichen Stationen wurden die Hoheiten durch die Gemeindebehörden, Ortsgeistlichen, Schüler und Vereine begrüßt. An jedem Bahnhof gab es Reden, die Musik spielte, Kirchenchor- und Gesangvereine traten auf. In Löffingen hatte man für die Gäste eine Überraschung parat und lud zum Frühstück ein. Die Herrschaften nahmen die Gelegenheit wahr, dem Löffinger Bürgermeister Karl Kuster den Verdienstorden „vom Zähringer Löwen“ für sein Engagement beim Bau der hinteren Höllentalbahn zu überreichen. In Neustadt gab es einen großen Festumzug durch die Stadt. Um 16 Uhr ging es dann ohne Aufenthalt (die Fahrzeit war nun von vier auf eine Stunde verkürzt) nach Donaueschingen zurück. Mit einem Festbankett im Schloss und einem Feuerwerk wurde der denkwürdige Tag gefeiert.
- Auswirkungen: Mit der Eröffnung der Bahnstrecke wurden die Bürger nun freier und konnten in die Städte fahren, doch es gab auch gravierende Veränderungen. So erlosch der Löffinger Kornmarkt (1904) , es war das Ende der Köhler (der letzte Meiler brannte 1920), der Postkutschenbetrieb (Löfingen-Bonndorf) wurde 1907 eingestellt und auch die Landwirtschaft verlor die Arbeitskräfte, da die Bürger nun Arbeit in den Fabriken in Villingen, Schwenningen oder Neustadt fanden und dabei mehr Geld verdienten. Die Milchbauern brachten ihre vollen Milchkannen an die Bahnhöfe, die dann nach Freiburg transportiert und dort verkauft wurde. Ein wesentlicher Aspekt waren die vielen italienischen Gastarbeiter, welche zum Bahnbau gekommen waren und nun im Schwarzwald und der Baar sich niederließen. Namen wie Agostini, Bombardi, Cherubini, Demattio, Peghini, Profazi, Paganini oder Zandona erinnern daran. Die italienischen Gastarbeiter aufgrund iher Tüchtigkeit und des gemeinsamen katholischen Glaubens schnell integriert.
- Ruf nach Elektrifizierung: Das Baarstädtchen hatte sich schon immer für den Bahnanschluss stark gemacht. Denkt man nur an die neun Petitionen, welche der damalige Bürgermeister Adolf Schmutz zwischen 1861 und 1887verfasst hat. Sein Nachfolger Karl Kuster hat mit Weitsicht und Diplomatie so manchen Streit während des Bahnbaus geschlichtet. Er war als Streitschlichter gefragt. Bereits im Oktober 1934 forderte die Stadt die Elektrifizierung der hinteren Höllentalbahn, die 1939 auch ins Auge gefasst wurde, allerdings durch den Krieg nicht realisiert wurde.
Zur Person

Rudolf Gwinner, Kreisrat und Heimatforscher, ging der Geschichte um die Hintere Höllentalbahn auf den Grund. Er forschte in den Archiven in Löffingen und Rötenbach, den Ortschroniken von Rötenbach, Löffingen, Reiselfingen, Bachheim, Unadingen, Döggingen und Hüfingen, sowie in den Zeitungen „Hochwächter“ und „Freiburger Zeitung“. Der 64-jährige pensionierte Realschullehrer, der sich aktiv für die Elektrifizierung eingesetzt hat, sieht in seinen Forschungen einen politischen und historischen Hintergrund. (pb)