Gefälschte Nachrichtenwebseiten, die ebenso gefälschte Nachrichten unter der Flagge eines angesehenen Medienunternehmens unters Volk bringen sollen – und die mitunter am Ende als Futter für Künstliche Intelligenz dienen sollten. Influencer, die im Internet aktiv sind, aber gar nicht existieren, sondern lediglich von einer Künstlichen Intelligenz erschaffen wurden. Abstruse Behauptungen, die ein Influencer über angeblich krebserregende Inhaltsstoffe in Sonnencremes aufstellt, um seine eigenen Produkte zu pushen – freilich ohne das kenntlich zu machen. Und eigentlich harmlose Vorfälle, die in sozialen Medien genutzt werden, um den Untergang des Abendlandes heraufzubeschwören, zum Beispiel weil angeblich nicht mehr das Sankt Martinsfest gefeiert werden darf.
Aufrüsten der Lügenindustrie
Die Beispiele, die Andre Wolf von der österreichischen Organisation Mimikama beim VS-Forum am Donnerstagabend, 17. Juli in der Neuen Tonhalle in VS-Villingen dabeihatte, führten eindeutig vor Augen, wie weit es mit der Manipulation im Internet gekommen ist. SÜDKURIER-Chefredakteur Stefan Lutz, der den Abend moderierte, kam denn schon in seiner Einleitung zu dem Schluss: „Die Lügenindustrie rüstet immer weiter auf.“
Etwa 600 Menschen waren in der Neuen Tonhalle in Villingen dabei, als sich Wolf und Lutz beinahe zwei Stunden über die Phänomene der Manipulation im Internet unterhielten.
Besucher haben ihre Erfahrungen mit Fake News gemacht
Das Thema traf offenbar einen Nerv beim Publikum. So erhoffte sich Ilona Kelemen von dem Abend Impulse für ihre Arbeit als Integrationsmanagerin beim Landratsamt des Schwarzwald-Baar-Kreises.
Sie habe dabei viel mit geflüchteten Familien zu tun, deren Kinder hier in Deutschland Handys bekommen. Und weil sie noch nicht so gut Deutsch könnten, würden diese dann durchaus auch auf irgendetwas draufklicken und so zum Ziel von Fake News, Fälschungen oder Spam-Werbungen werden.
Erfahrungen mit Fake News hat Kelemen, die das VS-Forum gemeinsam mit ihrem Sohn David besuchte, auch schon selbst gemacht. Sie sei ein Fan des früheren FC Bayern-Stars Thomas Müller und bekomme entsprechend Nachrichten zu Müller angezeigt – unter anderem auf Facebook eine Meldung, dass Müller doch wieder beim FC Bayern unterschrieben habe.
„Aber ich habe gleich gesagt, dass das Fake News sein müssen“, sagt ihr Sohn, der sich selbst als Fan des FC Bayern München bezeichnet. Ein Handy habe er selbstverständlich, das Thema ist präsent.
Besucherin Uschi Kaiser aus Erzingen im Klettgau möchte vor allem aufgrund ihrer Enkel beim Thema Mediennutzung informiert werden – sie möchte mitreden. Aber auch als Seniorin mit bisher wenig Berührungspunkten etwa mit Künstlicher Intelligenz sei ihr das Thema ein Anliegen, erzählt sie.
Als sie zum ersten Mal die App Chat-GPT genutzt habe, sei sie sich vorgekommen „wie ein Christkind“. Wie man als Laie gefälschte Nachrichten erkennen kann, das sei ihr größtes Interesse.
Ihr Begleiter Reinhard Grube erzählt, dass man mit Künstlicher Intelligenz ja die tollsten Sachen machen könne: „Und bei den meisten davon braucht man nicht groß zu denken, um sie als Fälschung zu erkennen.“ Er meint aber auch: „Wer sich nur von den Inhalten berieseln lässt, hat es schwer, gefälschte Nachrichten zu erkennen.“
Manche Influencer existieren gar nicht – nur als Schöpfung Künstlicher Intelligenz
Das Thema Künstliche Intelligenz beschäftigte nach der Veranstaltung auch Brunhilde Diez-Hourani: „Es ist erschreckend, wie Künstliche Intelligenz Menschen erschaffen kann, die gar nicht existieren“, sagte sie mit Blick auf von KI erschaffene Influencer, die laut Andre Wolf unter anderem rechtsextreme Positionen unter das Publikum der sozialen Medien bringen. Diez-Hourani empfand es als guten Tipp vom Experten, erst einmal ruhig zu bleiben, wenn man eine Nachricht sieht – „auch wenn sie einen noch so sehr triggert“.
Ihr Mann Khalil Hourani, der eine Unternehmensberatung betreibt, an der Dualen Hochschule in Schwenningen unterrichtet und mit seiner Frau im Schwenninger Moscheeverein Al-Salam aktiv ist, meinte, man schaue vieles ziemlich unkritisch an, was einem im Internet begegne.
„Ich schaue jetzt anders auf Nachrichten im Internet“, sagt er. Denn als Normalsterblicher könne man manch eine Fälschung gar nicht richtig erkennen.
Die Zuschauer hatten nach der Veranstaltung jedenfalls viele Beispiele und Tipps zum Erkennen von gefälschten Nachrichten im Gepäck.