Wenn es um das Thema Einwanderung und den sich durch alle Branchen ziehenden Fachkräftemangel geht, hat Henriette Stanley einen klaren Standpunkt: „Wir wollen und müssen ein Einwanderungsland sein. Und genau so müssen wir uns auch verhalten.“

Staatssekretärin Leonie Gebers (Zweite von links) und Bundesminister Cem Özdemir eröffnen den zweiten Fachkräftekongress der ...
Staatssekretärin Leonie Gebers (Zweite von links) und Bundesminister Cem Özdemir eröffnen den zweiten Fachkräftekongress der Bundesregierung, moderiert durch Jennifer Sarah Boone (links) und Tanja Samrotzki (rechts) | Bild: Thomas Rafalzyk

Für die Geschäftsführerin der regionalen Wirtschaftsförderung (Wifög) steht fest: „Wir können nicht beklagen, dass uns Fachkräfte fehlen, und wenn Fachkräfte zu uns kommen möchten, geht nichts voran.“

Weniger bürokratische Hürden, eine enge und gute Begleitung der Menschen, damit sie in Deutschland nicht nur ankommen, sondern sich willkommen fühlen – so stellt sich die Wifög die erfolgreiche Integration ausländischer Fachkräfte vor.

Mit dem Wifög-Projekt „Indonesische Azubis für Schwarzwald-Baar-Heuberg“ ist die Region schon seit etwas mehr als einem Jahr auf einem guten Weg. 40 junge Menschen aus Indonesien absolvieren in der Region eine Ausbildung. Und die Nachfrage ist ungebrochen: Für mehr als 100 freie Azubi-Stellen liegen Henriette Stanley Anfragen aus regionalen Unternehmen vor.

Regionale Delegation stellt Projekt vor

Was bei dem Azubi-Projekt bereits gut läuft, was sich andere davon abschauen können, aber auch, wo Fallstricke lauern: Das haben Henriette Stanley, Projektleiterin Nurul Aini, der indonesische Azubi Bagas Kurniawan und Geschäftsführerin Sonja Walter von der Firma Walter Straßenbau in Berlin gezeigt.

Projektleiterin Nurul Aini, der Auszubildende Bagas Kurniawan, Wirtschaftsförderin Henriette Stanley und Unternehmerin Sonja Walter beim ...
Projektleiterin Nurul Aini, der Auszubildende Bagas Kurniawan, Wirtschaftsförderin Henriette Stanley und Unternehmerin Sonja Walter beim Fachkräftekongress in Berlin. | Bild: Nurul Aini

In mehr als 20 interaktiven Zusammenkünften trafen sich dabei Unternehmen, Beschäftigte, innovative Netzwerke und Sozialpartner, die die Fachkräftesicherung in Deutschland vorantreiben. Ziel des Kongresses ist es, im fachlichen Austausch gemeinsam zukunftsweisende Handlungsempfehlungen zu erarbeiten.

Dem Arbeitsmarkt droht der Kollaps

Dort fand vor wenigen Tagen der Fachkräftekongress des Bundesarbeitsministeriums statt. Einen ganzen Tag lang drehte sich hier alles um Fachkräfte. Ein Thema, das Deutschland unter den Nägeln brennt. Dass der deutsche Arbeitsmarkt ohne Zuwanderung bis 2040 in eine prekäre Situation zu rutschen droht, zeigt unter anderem eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung.

Azubi berichtet von seinen Erfahrungen

Mit Bagas Kurniawan, der bei der Schonacher Firma BIW Werkzeugmechaniker lernt und Sonja Walter von der Firma Walter Straßenbau aus Trossingen, die ebenfalls zwei junge Indonesier beschäftigt, hatte die Delegation aus dem Schwarzwald auch gleich zwei Repräsentanten der Region mit nach Berlin gebracht.

Bagas Kurniawan lernt bei der Firma BIW in Schonach den Berufs des Werkzeugmechanikers. Beim Fachkräftekongress berichtet er von seinen ...
Bagas Kurniawan lernt bei der Firma BIW in Schonach den Berufs des Werkzeugmechanikers. Beim Fachkräftekongress berichtet er von seinen Erfahrungen. | Bild: Nurul Aini

Bei dem Panel, bei dem die Gäste aus Baden-Württemberg unter anderem mit der Abteilungsleiterin für Mittelstandspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Sabine Hepperle, sprachen, sei es viel um Transparenz gegangen, sagt Henriette Stanley.

Das lange Warten aufs Visum

Darum beispielsweise, dass die Abläufe transparent gemacht werden, sowohl in Deutschland als auch in der Heimat der jungen Menschen. Immer wieder ein Thema: Visa, auf die zum Teil monatelang gewartet werden muss. „Daran hat sich leider bisher nichts geändert, obwohl wir im Sommer persönlich in der deutschen Botschaft in Jakarta waren und das Problem geschildert haben“, nennt Henriette Stanley ein Beispiel.

Das könnte Sie auch interessieren

Private Vermittler, die Jugendliche für Ausbildungen nach Deutschland vermitteln, sieht die Wirtschaftsförderin kritisch. „Da entwickelt sich ein neuer Wirtschaftszweig Arbeitsmigration.“ Zwar habe auch dieser seine Berechtigung.

Die Frage nach der Nachhaltigkeit

Für sie stelle sich jedoch die Frage: Wie nachhaltig ist diese Art der Arbeitskräftevermittlung? Geht es nur darum, dass ein Vermittler daran verdient, ein junger Mensch in Deutschland mehr schlecht als recht seine Ausbildung absolviert und danach schnell das Weite sucht, weil es eben niemanden gekümmert hat, ob und wie gut er oder sie integriert wurde?

Das könnte Sie auch interessieren

Eltern, die ihre Kinder in bester Absicht ans andere Ende der Welt schicken, um einen Beruf zu lernen, hoffen zu Recht, dass es den jungen Menschen hier gut geht. „Geht ein solcher Prozess schief, ist das einfach auch reputationsschädlich für uns“, sagt Henriette Stanley.