Er ist nicht nur putzig, sondern auch stets fleißig am Arbeiten. Eigentlich sollte der Biber wunderbar nach Baden-Württemberg passen. Vielleicht ist das Nagetier aber sogar ein bisschen zu arbeitsam für den Südwesten.

Denn mit seiner rasanten Ausbreitung und damit verbunden seinen immer häufiger auftretenden Bauten wie Dämmen und Burgen in Gewässern, bereitet das Nagetier Bibermanagern und Landwirten Kopfzerbrechen.

Feuer frei nach bayerischem Vorbild?

In Baden-Württemberg ist der Biber streng geschützt. Bisher wird in Problemfällen zunächst nach Lösungen vor Ort gesucht, ehe im Zweifel die Regierungspräsidien einspringen, was häufig viel Zeit kostet.

Das soll sich nun ändern. Landesumweltminister Andre Baumann möchte mit einer neuen Regelung in bestimmten Fällen bei problematischen Bibern ein schnelleres Vorgehen ermöglichen. So sollen die Tiere dann abgeschossen werden dürfen, wenn andere Maßnahmen nach vier Wochen nicht wirken und wichtige, umliegende Anlagen nicht vor den Auswirkungen wie etwa Überschwemmungen geschützt werden können.

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Getestet wurde in ausgewählten Landkreisen bereits ein Modellprojekt nach bayerischem Vorbild, wo der Biber einfacher abgeschossen werden kann. Eine dauerhafte Lösung will das Umweltministerium nun umsetzen. Entsprechende Lockerungen würde der Donaueschinger FDP-Landtagsabgeordnete Niko Reith unterstützen.

„Aus unserer Sicht ist die systematische Entnahme von Bibern ein wichtiger Schritt, um Konflikte zwischen Naturschutz und Landnutzung zu vermeiden.“ Speziell im Einzugsgebiet der Donau und für die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen werde der Biber ein zunehmendes Problem.

Landwirte hadern mit den Nagern

Knapp 11.500 Biber gibt es laut dem Landesumweltministerium mittlerweile in Baden-Württemberg. „Der günstige Erhaltungszustand der Spezies ist also gesichert“, sagt der CDU-Abgeordnete Guido Wolf. „Nach wie vor genießt der Biber aber einen hohen Schutz. Es geht nicht darum, den Biber auszurotten, sondern ihn dort zu entnehmen, wo er große Schäden verursacht.“

Als Folge von Dämmen setzen Biber auch Flächen um den Weihergraben bei Donaueschingen unter Wasser.
Als Folge von Dämmen setzen Biber auch Flächen um den Weihergraben bei Donaueschingen unter Wasser. | Bild: Uwe Münzer

Diese Schäden bekommen vor allem Landwirte in der Region zu spüren, sagt Uwe Münzer. Er ist Kreisvorsitzender des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV) in Donaueschingen. „Wenn man die Ausbreitung des Bibers in den letzten Jahren verfolgt hat, gibt es keine Alternative, als den Bestand des Schadnagers durch Abschuss zu regulieren“, so Münzer. Zu gravierend seien die Auswirkungen.

Uwe Münzer ist Landwirt und Kreisvorsitzender des BLHV.
Uwe Münzer ist Landwirt und Kreisvorsitzender des BLHV. | Bild: Sandra Bonitz

„Der Bestand ist mittlerweile so hoch, wohin sollte man den Biber noch umsiedeln?“ Es gebe in der Region keinen Bach mehr, wo kein Biber aktiv sei. Das Anstauen der Bachläufe durch seine Bauten überflute zunehmend landwirtschaftliche Flächen, die dann stellenweise unnutzbar werden.

Münzer weiter: „Auch das Einbrechen von Traktoren und Maschinen verursacht gravierende betriebswirtschaftliche Schäden, für die niemand aufkommt. Zudem werden drainierte Flächen in Mitleidenschaft gezogen, wenn ein Biber einen Bach anstaut und die Drainagen nicht mehr auslaufen können.“

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Mehr Unterstützung vom Land gewünscht

Der FDP-Abgeordnete Niko Reith wünscht sich allgemein mehr Verantwortung vom Land. Neben der kontrollierten Entnahme fordert er finanzielle Unterstützung für Betroffene von Biber-Schäden.

„Die Ausgaben des Landes für Präventionsmaßnahmen, zum Beispiel Schutz für Bäume durch Draht, sind verschwindend gering gegenüber den Aufwendungen der Landwirtschaft und Kommunen. Wenn die positive Grundstimmung zum Biber erhalten belieben soll, muss jetzt gehandelt werden“, fordert auch sein CDU-Kollege Guido Wolf.

Was bedeutet das in der Realität?

Um wie viele Abschüsse es gehen würde, ist nicht klar zu bestimmen. Mit Blick auf das bayerische Vorbild spricht Uwe Münzer von etwa 400 Bibern, die dort pro Jahr entnommen werden. Der Bund Naturschutz hingegen spricht alleine im Jahr 2023 von 2655 Abschüssen – bei einem dortigen Bestand von etwa 25.000.

Für Extremfälle könne ein Abschuss hilfreich sein, sagt auch Gerhard Bronner vom Umweltbüro Donaueschingen. Biber können mit ihren Stauungen auch Infrastruktur beschädigen wie Straßen, Leitungen oder Kläranlagen. Dennoch sagt Bronner: „Massenabschüsse wie in Bayern sind nicht sinnvoll. Wenn der Inhaber eines Reviers erschossen wird, wird es sehr schnell von einem Nachfolger besiedelt.“

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Die Lage ist verzwickt

Für ihn gibt es andere Maßnahmen, die zusätzlich helfen können. So könnten Entwässerungsrohre die Einstauhöhe von Biberdämmen begrenzen. Auch könne man Dämme immer wieder entfernen in der Hoffnung, dass der Biber irgendwann aufgibt. Dafür brauche es aber Genehmigungen der Naturschutzbehörde.

Die jüngeren Bäume im Irmapark werden 2024 zum Schutz gegen den Biber mit Biberpaste bestrichen.
Die jüngeren Bäume im Irmapark werden 2024 zum Schutz gegen den Biber mit Biberpaste bestrichen. | Bild: Jens Wursthorn

Der Schutzstatus des Bibers hat auch seinen Grund. „Durch seine Funktion als Schlüsselart für Biodiversität fördert der Biber die Artenvielfalt“, sagt Heike Frank, Pressesprecherin des Landratsamts des Schwarzwald-Baar-Kreises. Biberteiche tragen demnach auch im Schwarzwald-Baar-Kreis positiv zum Wasserrückhalt bei und stellen auch in Zeiten mit vermehrter Trockenheit für viele Tiere Wasser sicher.

Landwirte sind laut dem BLHV-Kreisvorsitzenden Uwe Münzer nicht grundsätzlich gegen den Biber oder Naturschutz. Er betont aber nochmal die schwierige Lage: „Solange man nicht persönlich betroffen ist, sieht man hier kein Problem. Erst wenn es einen selbst betrifft, macht man sich Gedanken und bekommt ein Gespür dafür, wie viele Leute dafür täglich unterwegs sind.“