Ein über drei Jahre angelegtes Forschungs- und Dokumentationsprojekt soll den Umgang und die Auswirkungen der Eintragung in der kulturellen Praxis der schwäbisch-alemannischen Fastnacht untersuchen. Die Kulturstiftung der Länder fördert das Projekt mit rund 99 000 Euro. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg steuert rund 103 000 Euro bei.
Projektträger und verantwortlicher Ansprechpartner ist die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte. Leiterin des Projektes ist die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Narrenschopfes, Saray Paredes Zavala.
Die Schwäbisch-Alemannische Fastnacht ist immaterielles Kulturerbe. 2014 wurde sie auf Initiative der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte (VSAN) in das Nationale Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der Deutschen Unesco-Kommission eingetragen.

Fasnet Teil kultureller Identität
Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, sagt: „Die schwäbisch-alemannische Fastnacht begeistert hunderttausende Menschen und ist historisch und kulturell tief in unserer Gesellschaft verankert. Das Modellprojekt soll nun untersuchen, wie am Beispiel der Fastnacht eine kulturelle Ausdrucksform und immaterielles Kulturerbe geschützt und gleichzeitig weiterentwickelt werden können. Die Dokumentation über den Umgang mit dem immateriellen Kulturerbe und seine Auswirkungen in der kulturellen Praxis sind von erheblichem Interesse nicht nur für die Akteure, sondern auch für die Unesco und künftige Bewerber für die Aufnahme in das nationale Verzeichnis.“
Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg, hebt die besondere Bandbreite des Projekts hervor: „Die schwäbisch-alemannische Fasnet ist in vielen Regionen Baden-Württembergs tief verwurzelt. Sie unterscheidet sich von Ort zu Ort und bietet daher eine enorme Vielfalt. Trotz ihrer langen Tradition ist dieses Brauchtum und Kulturgut bis heute lebendig und entfaltet eine große Breitenwirkung, auf Jung wie Alt. Als immaterielles Kulturerbe wird die schwäbisch-alemannische Fastnacht nun auch zum Forschungs- und Anschauungsprojekt.“ Die Kombination von Wissenschaft und Breitenkultur sei für sie als Ministerin besonders spannend, weil ihr Haus für beide Bereiche gleichermaßen zuständig ist.
VSAN ist Projektträger
Roland Wehrle, Präsident der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN), die Träger des Projektes ist, erklärt: „Die schwäbisch-alemannische Fastnacht ist ein Fest der Begegnung und der Menschlichkeit, das viele Hunderttausende von uns jedes Jahr begeistert. Mit ihrer jahrhundertealten und bis heute lebendig gebliebenen Tradition ist die Fastnacht für uns im Südwesten ein wichtiger Teil unserer kulturellen Identität. Der Eintrag dieser kulturellen Ausdrucksform in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes war also ein folgerichtiger Schritt, der bei unseren Akteuren auf großes Interesse gestoßen ist. Wo sich viele Menschen begegnen, entstehen aber natürlich auch unterschiedliche Fragen und Erwartungen.“
Das Projekt „Schwäbisch-Alemannische Fastnacht – Immaterielles Kulturerbe für die Zukunft“, soll Erwartungen, die die Menschen an die Listung haben, analysieren, sichtbar machen und in einen Dialog mit den verschiedenen Beteiligten treten. Letztendlich gehe es um die Frage, wie eine erfolgreiche Zukunft für unser Kulturerbe aussehen kann und muss.
Das Projekt soll zudem klären, worin die Attraktivität der Auszeichnung als immaterielles Kulturerbe für die Akteure besteht und welche Hoffnungen sie damit verknüpfen. Ziel der Evaluation ist ebenfalls, herauszufinden, wie eine kulturelle Ausdrucksform mit teilweise jahrhundertealten Traditionen als immaterielles Kulturerbe bewahrt und in die Zukunft begleitet werden kann. Während mancherorts die Geschichte der Fastnacht Jahrhunderte zurückreicht, gibt es sie in anderen Orten erst wenige Jahrzehnte. Besonders seit den 1970er-Jahren entstanden zahlreiche neue Zünfte.

Weiteres Ziel ist eine Auswertung der im Umgang mit dem immateriellen Kulturerbe schwäbisch-alemannische Fastnacht gewonnenen Erfahrungen. Dafür werden die Wünsche und Erwartungen aller Akteure (Brauchtumsträger, der fastnächtlichen Vereine, der Verbände und der Deutschen Unesco-Kommission) aufgenommen. Fragen und Herausforderungen der Träger des immateriellen Kulturerbes sollen Umsetzungsprobleme sichtbar machen.

Daten und Fakten zum Narrenschopf
- Die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) ist der älteste bestehende Interessenverband der Fastnacht in Deutschland und wurde 1924 gegründet. Zur VSAN gehören 68 Mitgliedszünfte aus acht Fastnachtslandschaften.
- Der Narrenschopf wurde am 5. Mai 1973 eröffnet. Er ist in drei halbkugelförmigen Solebehältern der ehemaligen Rottweiler Saline aus der Zeit um 1830 untergebracht.
- Die VSAN ist der Trägerverein des Fastnachtsmuseums Narrenschopf Bad Dürrheim. Der Verein Narrenschopf Bad Dürrheim wurde 1980 gegründet und übernahm von 1981 bis 2017 den Betrieb des Fastnachtsmuseums Narrenschopf von der Kur- und Bäder GmbH Bad Dürrheim. Mittlerweile wird das Museum als Eigenbetrieb der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte geführt.
- Das Museum präsentiert rund 400 Narrenfiguren auf 1300 Quadratmetern Ausstellungsfläche und verzeichnet rund 10 000 Besucher jährlich. Virtual-Reality-Projektionen runden das Museumserlebnis ab.
- Teil der Ausstellung ist seit Juli 2019 eine Projektionskuppel. In dieser werden in 360-Grad-Technik viele verschiedene fastnachtliche Bräuche gezeigt. Durch die Technik hat der Zuschauer das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein.
- Die faszinierende Welt der schwäbisch-alemannischen Fasnacht und des Museums Narrenschopf kann per „Narrenschopf-App“ mit dem Smartphone entdeckt werden. Die Narrenschopf-App dient nicht nur als Audioguide während des Besuchs im Museum, die App bietet schon bei der Vorbereitung des Besuchs zahlreiche Informationen über die schwäbisch-alemannische Fastnacht. Die App steht auch in Englisch, Französisch und Italienisch zur Verfügung.
- Immer geöffnet ist das virtuelle Fastnachtsmuseum. Trotz Coronakrise ist der Narrenschopf online präsent. Ein virtueller Besuch ist daher Tag und Nacht möglich.