Mit großen Sorgenfalten blickt Walter Knittel auf die kommenden Monate. Der Geschäftsführer der Donaubergland-Marketing- und Tourismus GmbH für den Landkreis Tuttlingen sprach von „Long-Covid-Symptomen in der Gastronomie“. Der Fachkräftemangel führe zu einer „deutlich spürbaren Veränderung des Angebots und der Öffnungszeiten, die zum Standard werden“. Dies prognostizierte er nicht nur für das kommende Jahr.
„Es ist ein mental zermürbendes Auf und Ab.“Walter Knittel
Nach einem kurzen Aufatmen im Sommer steuert die Gastronomie jetzt erneut in schwere Zeiten. Aufgrund der geltenden Regelungen würden haufenweise Weihnachtsfeiern storniert. Knittel wies neben der finanziellen Belastung auf die mentale Belastung der Gastronomen hin.
„Es ist ein mental zermürbendes Auf und Ab.“ Die Tourismus GmbH wolle die Begleitung der Gastronomiebetriebe wieder intensivieren und mit Kampagnen um das Vertrauen der Gäste in die Gastronomie stärken. „Die Gastronomie war und ist kein Infektionstreiber“, machte Knittel deutlich.
Unsicherheit bei Fahrgästen groß
Norbert Echle, Geschäftsführer eines Busreiseunternehmens in Eschbronn-Mariazell im Landkreis Rottweil, schilderte die Probleme in der Reisebranche, die seit mehr als eineinhalb Jahren anhalten. „Nur weil Reisen seit Juni wieder erlaubt ist, heißt das nicht automatisch, dass unsere Reisebusse wieder voll besetzt sind.“ Zwar sei die Reiselust ungebrochen, jedoch sei die Unsicherheit bei den Fahrgästen groß und man müsse detailliert kommunizieren, was wieder möglich ist.
Kritik übte Echle an dem „Flickenteppich“, der geltenden Corona-Regelungen, sowohl im europäischen Ausland, aber auch innerhalb Deutschlands. „In Baden-Württemberg darf der Bus voll besetzt sein, in Bayern nur zur Hälfte. Theoretisch müssten also in Lindau die Hälfte der Fahrgäste aussteigen“, bezeichnet er die unterschiedlichen Corona-Regelungen in den Bundesländern als nicht praktikabel.
„60 Prozent der Buchungen finden jetzt im Herbst und Winter statt. Aber jetzt bucht keiner. Diese Unsicherheit ist für die Branche tödlich.“Norbert Echle
Positiv hob er die finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern hervor, „ohne die die Situation, unter anderem ein achtmonatiges Berufsverbot, nicht zu stemmen gewesen wäre.“ Nach einigen Monaten der Zuversicht spitze sich die Situation jetzt erneut zu, da momentan Tagesfahrten zu Weihnachtsmärkten, Silvesterreisen oder Skiausfahrten massenweise storniert würden. Entsprechend skeptisch blickt er auf das kommende Jahr. „60 Prozent der Buchungen finden jetzt im Herbst und Winter statt. Aber jetzt bucht keiner. Diese Unsicherheit ist für die Branche tödlich.“

Michael Steiger, Vorsitzender des IHK-Tourismusausschusses und Betreiber mehrerer Gastronomiebetriebe, formulierte die klare Forderung, dass die bis 31. Dezember gedeckelten Überbrückungshilfen III Plus im nächsten Jahr weitergezahlt werden. „Das wird aber nicht reichen, wir brauchen darüber hinaus weitere Unterstützung, unabhängig von Betriebsgröße oder Mitarbeiterzahl.“
Steiger bezeichnet derzeit die landkreisübergreifende Kommunikation mit seinen Gastrokollegen schwierig, angesichts der in manchen Landkreisen geltenden Alarmstufe. „Muss der Impfpass tatsächlich digital sein, was passiert mit dem Rentner, der halt nur den gelben Impfpass hat und mit dem Smartphone nicht klarkommt. Darf der bei mir im Café einen Kaffee trinken, wenn er geimpft ist oder nicht?“ Steiger befürchtet, dass sich die Gastronomen zum Hilfssheriff machen, „was wir gar nicht sein wollen.“
Kureinrichtungen mit positiver Bilanz
Verhältnismäßig gut überstanden haben die Kur- und Bädereinrichtungen das zu Ende gehende zweite Jahr unter Corona. Markus Spettel, Geschäftsführer der Kur- und Bäder GmbH Bad Dürrheim, konnte nach einem „Komplettausfall im ersten Halbjahr steigende Besucherzahlen für den Bäderbereich nach Wegfall der Besucherbeschränkungen“ verzeichnen. Die Sehnsucht nach Reisen und Unternehmungen habe sich bei den Tagesgästen und in den Übernachtungszahlen niedergeschlagen. Wobei zum Vergleich zu 2019 die Zahlen gut 20 Prozent geringer waren.