Es war im Sommer vor zwei Jahren als Nico etwas anfälliger für Infekte wurde als das seine Eltern Claudia und Hans-Peter Arzner bislang von ihrem zweijährigen Sohn kannten. „Nico war ein ganz normales gesundes Kind“, erinnert sich seine Mutter.

Im August 2021 hatte Nico wieder einmal Fieber und Durchfall. Zudem war sein Bauch diesmal wesentlich härter als zuvor. Familie Arzner entschied sich deshalb an diesem Sonntag den Kinderarzt im Notdienst aufzusuchen. Eine Ultraschalluntersuchung ließ diesen aufschrecken. Er verwies die Familie vom Hochrhein direkt an die Kinderklinik in Freiburg.

In Nicos Bauch wächst ein großer Tumor

Dort bestätigte sich schon am Montag die Befürchtung des Kinderarztes: Im Bauch von Nico wuchs etwas, was dort auf keinen Fall hingehörte, ein großer Tumor.

Nico Arzner – Mit gerade einmal drei Jahren verstrab er an einem Tumor.
Nico Arzner – Mit gerade einmal drei Jahren verstrab er an einem Tumor. | Bild: Familie Arzner

Mittwochs wurde in einer Operation eine Probe entnommen. Freitags war das Ergebnis da. Der Tumor war bösartig. Nico hatte im Laufe dieser einen Woche bereits merklich körperlich abgebaut. Noch am gleichen Tag startete die Klinik deshalb mit der Chemotherapie.

Zunächst reagierte der kleine Körper mit Krämpfen und Erbrechen auf die Chemo. Doch nach wenigen Tagen ging es Nico besser. Mitte September konnte er aus der Klinik entlassen werden.

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Die folgenden Wochen und Monate waren ein beständiges Auf und Ab. Neun Chemoblöcke waren geplant. Nach vier Chemos war der Tumor so stark geschrumpft, dass eine operative Entfernung möglich wurde.

„Der Kinderchirurg hat eine echte Meisterleistung vollbracht“, erinnert sich Claudia Arzner. Er konnte alles sichtbare Tumorgewebe entfernen und auch Nicos Bein, auf dessen Blutversorgung der Tumor drückte, retten. Allerdings stellte sich bei der Operation heraus, dass der Tumor bereits in den Wirbelkanal gewachsen war.

Dennoch erholte sich Nico von der Operation gut. Weitere Chemos und ab Januar auch Bestrahlungen sollten folgen.

Kurz vor Weihnachten kommt die schreckliche Nachricht

Doch am 17. Dezember erhielt Familie Arzner nach einem MRT die schreckliche Nachricht, man habe wieder Tumorgewebe entdeckt. Mittlerweile seien zudem in der Lunge Metastasen vorhanden. „An dem Abend wurde uns gesagt, dass Nico sterben wird“, erinnert sich Claudia Arzner an diesen schrecklichen Tag.

Von da an begann Familie Arzner Erinnerungen zu schaffen. Bereits am 18. Dezember stellte Claudia Arzner mit ihren beiden Kindern, Nico und dem etwas älteren Tom, den Christbaum auf.

Ein Palliativteam der Freiburger Klinik unterstützte die Familie ab sofort zuhause. Durch weitere Chemos konnte der Tumor sogar nochmal zum Schrumpfen gebracht werden.

Im April feierte die Familie Nicos dritten Geburtstag ganz groß. Zum Urlaub ging es zweimal mit einem Wohnmobil an den Bodensee. Mal ging es Nico besser, mal wieder schlechter. Nicos bunte Kette mit den Mut-Perlen, von denen jede für einen Behandlungsschritt steht, wurde lang und länger.

Bei der Reha für verwaiste Familien in der Nachsorgeklinik Tannheim befestigen Claudia, Tom und Hans-Peter Arzner (von links) Nicos ...
Bei der Reha für verwaiste Familien in der Nachsorgeklinik Tannheim befestigen Claudia, Tom und Hans-Peter Arzner (von links) Nicos Mut-Kette wieder am Bild des Kleinen, der im Sommer vergangenen Jahres verstarb. | Bild: Cornelia Putschbach

Im Juli fing der Tumor wieder an auf Nicos Bein zu drücken. Trotzdem wollte er, wann immer möglich, weiter mit seinem großen Bruder in den Kindergarten. Das war beiden Jungs besonders wichtig.

Bis Mitte des Monats ging es Nico noch verhältnismäßig gut, erinnern sich die Eltern. „Anfang August aber war klar, dass die letzten Tage angebrochen waren“, erinnert sich Claudia Arzner. Nico würde den Kampf gegen den Krebs endgültig verlieren.

Im Schlaf verliert Nico seinen Kampf gegen den Krebs

Am 16. August vergangenen Jahres wachte Nico nicht mehr auf. Er war neben seinen Eltern im Bett eingeschlafen.

Von der Nachsorgeklinik in Tannheim hatte Familie Arzner schon früher gehört. Die Berichte im SÜDKURIER hat Claudia Arzner zuhause schon länger verfolgt. Die Familie hatte die Hoffnung, mit Nico hierher zu Reha zu kommen, wenn er wieder gesund ist. Nach seinem Tod hat ihnen das Palliativteam die Reha für verwaiste Familien ans Herz gelegt.

„Es ist schwierig, uns zu dritt nach Nicos Tod als Familie wieder zu finden“, sagt Hans-Peter Arzner. Vor allem Tom fühle sich sehr alleine.

„Was die Reha in Tannheim uns bringen wird, werden wir in den kommenden Wochen und Monaten sehen“, bekennt der Vater. So schwierig die Gespräche und die Konfrontation mit den Schicksalen anderer verwaister Familien auch seien, es tue gut, sich mit anderen unterhalten zu können, die selbst wissen, was es bedeute ein Kind zu verlieren, erklärt Claudia Arzner.

Familie Arzner ist vor der Nachsorgeklinik in Tannheim unterwegs. Die Eltern Hans-Peter und Claudia erhoffen sich hier die wichtige ...
Familie Arzner ist vor der Nachsorgeklinik in Tannheim unterwegs. Die Eltern Hans-Peter und Claudia erhoffen sich hier die wichtige Hilfe bei der Verarbeitung des Todes ihres Sohnes Nico zu bekommen. Auch Tom vermisst seinen kleinen Bruder sehr. In den Wochen der Reha in Tannheim blüht er wieder auf und ist bei diesem Foto zu Schabernack aufgelegt. | Bild: Cornelia Putschbach

Auch Tom lebt in der Reha auf. Vom Besuch im Europa-Park bis zum Reiten reicht seine Liste der gerne angenommenen Angebote.

In der Gruppe haben sich alle Teilnehmer sehr gut zusammengefunden, berichtet seine Mutter weiter. Hier in der Reha für verwaiste Familien müsse man sich nicht verstellen und brauche keine Angst zu haben, wie der Gegenüber auf Erzählungen reagiere. Alleine das sei schon unglaublich wertvoll.

Für die gesamte Familie ist der Tod von Nico ein nicht zu beschreibender Verlust. Alle vermissen Nico unendlich und sind deshalb einfach dankbar, aus der Reha neue Kraft schöpfen zu können. Kraft, die es unendlich braucht, den Tod des eigenen Kindes aushalten zu können.

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