Die VS-Kommunalpolitik ist bislang bürgerlich geprägt. Das ändert sich gerade. Die Grünen drücken aufs Gas: Baugebiete, Autoverkehr, Energie haben sie im Visier.
Im VS-Gemeinderat vollzieht sich ein politischer Klimawandel. Die Fraktion der Grünen drängt sich in den Vordergrund. An diesen Beispielen wird die Vorgehensweise deutlich:
Autoverkehr
Die Grünen stellen hier Forderungen, weil die Stadtverwaltung noch zu sehr im Bisherigen tickt. Im Februar 2022 wurden die Straßensanierungen debattiert. Sofort kam aus der Fraktion die klare Aufforderung an die Verwaltung, es möge geprüft werden, ob Radspuren wie zuletzt auf der Niederweisenstraße zusätzlich auf den Fahrbahnen untergebracht werden können. Die Stadtverwaltung wirkte überrumpelt durch das Vorpreschen von Cornelia Kunkis. OB Jürgen Roth ergriff schließlich das Wort und sagte entsprechende Prüfungen zu.
Parkraum für Fahrzeuge
In Schwenningen wird an der Bürkstraße 1 eine neue Kindertagessstätte geplant. Elf Stellplätze für Fahrzeuge von Mitarbeitern sind dabei entlang des benachbarten Mautheparks ausgewiesen. für Joachim von Mirbach war das ein Dorn im Auge.
„Ich sehe das nicht ein“, formulierte der pensionierte Pädagoge. Er forderte die Verwaltung auf, die Stellplätze zu streichen und stattdessen auf die umliegenden Parkhäuser zu verweisen. Aus der Verwaltung gab es dazu Bedenken, die Personalsuche sei ohnehin schon schwierig genug.

Solar auf Dächern
Jahrelang war davon nicht die Rede – aber jetzt: „Wieso ist hier keine Fotovoltaik-Ablage vorgesehen“, wollte Stadträtin Ulrike Salat jetzt im Februar von der Stadtverwaltung wissen. Es ging nicht um irgendein Dach sondern um das vom Krematorium. Hier wird eine Erweiterung mit einer zusätzlichen Feuerkammer geplant. Das Dach sollte extensiv begrünt werden. Das Projekt wird jetzt überprüft.
Bürgermeister Detlev Bührer räumte ein, es gebe „einen hohen Strombedarf in dieser Einrichtung“. Aus den Behörden wurden Bedenken vorgetragen: Es könne Beschattungen geben, die Dachgeometrie sei nicht optimal und sowieso wäre da noch der umliegende Wald, der den Sonneneinstrahlwinkel verknappen könne. Geprüft wird nun trotzdem.
Stadtrat Dirk Gläschig, Inhaber eines großen Heizungsinstalltions-Betriebs, konterte, als Ulrike Salat hier „schnell“ eine Solaranlage in die Planungen aufgenommen sehen wollte. Gläschig:“ Es ist ja nun nicht so, dass die Kollektoren hierzu auf Vorrat parat liegen“, sprach er die vorherrschenden LIeferprobleme an.
Er ergänzte: „Außerdem vollzieht sich am Markt gerade ein Technologie-Schritt, die neuen Kollektoren-Generationen seien wesentlich leistungsfähiger – aber derzeit noch nicht verfügbar“, postulierte er. Von den Grünen gab es dazu keine Erwiderung

Neubebauung des Saba-Geländes
Die Bauverwaltung legte Anfang Februar Pläne eines Investors vor, der hier großformatige Mehrfamilienhäuser für Wohnen und Büroraum hochziehen will. Ulrike Salat und Cornelia Kunkis löcherten hier vereint die Verwaltung, die über zwei Jahre hinweg unter Ausschluss der Räte mit dem Investor verhandelt hatte.
Bemängelt wurde von den beiden Stadträtinnen das Fehlen von Ökowärme wie Erdwärme oder Fotovoltaik. Als Replik erfolgte aus Verwaltungskreisen, es handele sich noch um Pläne in Rohform. Klar wurde in der Diskussion: Etliche Räte glauben, das Bauamt lasse die Entwicklung des Gebiets in eine investorenfreundliche und wenig zukunftsfähige Richtung laufen.

Baugebiete: Das Drängen der Grünen auf mehr Ökologie in der Stadtentwicklung wurde Mitte Februar bei einer Debatte um ein neues Weilersbacher Baugebiet deutlich. Das Areal, bereits beschlossen und mit ökologischer Energiestruktur wie einem Eisspeicher versehen, wurde von Ulrike Salat förmlich attackiert.
Sie sagte zwar, sie sei „stolz auf das Energiekonzept“, legte aber nichtsdestotrotz in der Folge los: Sie machte klar, dass die Verwaltung aus ihrer Sicht mit überzogenen Bevölkerungszahlen in der Prognose kalkuliere. 90.000 VS-Bürger seien in einem Papier der Verwaltung aufgeführt, offenbar als mittelfristiges Ziel. „Woher sollen diese 90.000 kommen, Herr Oberbürgermeister?“, wollte sie von Jürgen Roth wissen. „Wir sind doch erst bei 86.000“, ärgerte sie sich weiter.
Ihre Schlussfolgerung: Das Weilersbacher Neubaugebiet sei überflüssig und andere Neubaugebiete seien mit zu vielen Einfamilienhäusern bestückt, krittelte sie. Ortsvorsteherin Silke Lorke (CDU) fuhr der Grünen-Rätin schließlich in die Parade. Das Baugebiet sei stark nachgefragt. Viele junge Familien wollten sich hier niederlassen und ihr Haus bauen, sagte sie kopfschüttelnd.
Die Grünen errangen bei der Kommunalwahl 2019 mit 21,4 Prozent aller Stimmen erstmalig den zweiten Platz in der Fraktionsgröße des VS-Gemeinderats nach der CDU mit noch 27,2 Prozent. Auf Platz drei kamen die Freien Wähler mit 19,1 Prozent aller Stimmen, die SPD errang 14,7 Prozent.