Wie steht es um die Transformation der Automobilwirtschaft in der Region? Welche Herausforderungen und Chancen hat der Umstieg von Verbrenner- auf Elektroantrieb für die regionalen Unternehmen? Zu diesem Thema hatte die Grünen-Landtagsabgeordnete Martina Braun Referenten ins Technologiezentrum nach St. Georgen eingeladen.
Das Ziel wird wohl verfehlt
Zunächst erläuterte Michael Ruprecht von der E-Mobil GmbH Baden-Württemberg die aktuelle Situation. Demnach gebe es eine Überproduktion an Fahrzeugen, die nicht verkauft werden. Er bezweifelt die Einhaltung der Zielsetzung, bis 2035 eine Null-Gramm-Strategie an CO2-Ausstoß zu schaffen – was faktisch das Aus für den Verbrennermotor wäre. „Das wird es nicht geben“, sagte er klar.
Anteil an E-Fahrzeugen wächst wieder
Dennoch zeigte er auf, dass nach einer Talsohle der Anteil an E-Fahrzeugen wieder steige und im vergangenen Jahr sogar den Anteil an Neuzulassungen von Dieselautos in Deutschland übertroffen habe.
„Die E-Mobilität nimmt nach einer Delle wieder Fahrt auf“, so Ruprecht. In diesem Jahr könnte jedes dritte in Deutschland produzierte Auto ein E-Auto sein“, prognostizierte er. Die Kapazitäten hierfür seien vorhanden, man müsse sie nur abrufen.
Gastgeberin Martina Braun betonte in ihrer Eigenschaft als Landtagsabgeordnete, dass sich das Land „der Verantwortung bewusst ist, genug für die Automobilitätswende zu tun“.
Als Mitglied im Verkehrsausschuss des Landtags sehe sie, wie stark der Wandel die Betriebe beschäftige. Sie sieht die Antriebstransformation als große Herausforderung. Sie ist überzeugt, dass die Firmen diese Wende meistern: „Baden-Württemberg steht für automobile Kompetenz.“
In einer von Braun moderierten Podiumsdiskussion mit Martin Schmidt vom Geschäftsbereich Innovation und Technologie der Industrie- und Handelskammer (IHK) und Thomas Bleile, Erster Bevollmächtigter der IG Metall, bezogen beide Stellung zur Situation der Unternehmen vor Ort. Hierbei gingen die Wahrnehmungen zur wirtschaftlichen Situation der Unternehmen deutlich auseinander.
IHK-Vertreter betrachtet die Lage weniger pessimistisch
Schmidt sagte, dass die Transformation, also der Umstieg von der Verbrenner- auf die Elektromobilität, bereits in vollem Gange sei. Die Aussagen, dass die heimischen Zulieferbetriebe die Transformation verschlafen hätten, könne er so nicht bestätigen. Zudem sei es so, dass viele Zulieferbetriebe nicht nur Komponenten für die Motoren herstellen.
Im Gegenteil, „88 Prozent der Zulieferer in der Region produzieren auch Bauteile für Bordelektronik und Fahrassistenzsysteme“. Diese werden sowohl in Fahrzeugen mit Verbrenner- als auch mit Elektroantrieb benötigt.
Die Herausforderung liege darin, dass die Unternehmen „mit neuen Dienstleistungen, Produktions- und Fertigungstechnologien kämpfen.“ Er sieht hier Nachholbedarf in Kooperationen und im Bereich Forschung und Entwicklung.
Gewerkschafter sieht die Situation „nicht so rosig“
Thomas Bleile von der IG Metall sieht dagegen die Situation als „nicht so rosig“ an. Eine Aussage, die noch an Durchschlagskraft gewinnt, wenn man sich vor Augen führt, dass die St. Georgener Firma FES 360 Smart Manufacturing demnächst den Geschäftsbetrieb einstellen wird. Als Grund dafür wurde vor allem die Schwäche der Autoindustrie genannt, die zu den Hauptabnehmern des Unternehmens zählt.
Gewerkschafter Bleile sagte – ohne Bezug diesem örtlichen Einzelfall – dass viele Unternehmen noch nicht oder nicht ausreichend vorbereitet seien, und bemängelt, dass die Politik „keine klaren Aussagen zur Mobilitätswende macht“. Dem Mittelstand fehle das Geld für Investitionen. Zudem seien viele Zulieferer wiederum von ihren Kunden abhängig.