Eine auffällige Häufung von Jagd-Wilderei stellt Polizei und Jagdbehörden in der Region in jüngster Zeit vor Rätsel. Die unbekannten Täter haben das erlegte Wild, das zum Teil fachmännisch ausgeweidet wurde, zuletzt einfach in Wald und Flur liegengelassen. Sind hier Wilderer am Werk, die vor allem ihre Lust am Töten befriedigen wollen?

Die Polizei spricht von einer „überdurchschnittlich hohen Anzahl von Fällen der Jagdwilderei und Schussabgaben“, bei denen überwiegend Rotwild, aber auch Wildschweine und Füchse mit Schusswunden aufgefunden wurden. In diesem Zusammenhang wurden allein dieses Jahr 21 Strafverfahren gegen Unbekannt eingeleitet.

Allein zwölf Fälle im Kreis Tuttlingen

Schwerpunkt der Wilderei ist der Landkreis Tuttlingen, wo allein zwölf Fälle aktenkundig wurden. Im Schwarzwald-Baar-Kreis wurden laut Polizei vier Fälle gemeldet, drei im Kreis Konstanz und zwei im Raum Rottweil.

Aus den jüngsten Strafanzeigen schlussfolgert die Polizei, dass es den Tätern „augenscheinlich vorrangig um das Töten der Tiere geht“. Der Fleischgewinn spiele offensichtlich nur noch eine untergeordnete Rolle, „da das erlegte Wild vermehrt vor Ort belassen wird“.

Nach den Schilderungen der Jägerschaft wurde das erlegte Wild mit der üblichen Jagdmunition beschossen, zuletzt aber, so die Polizei „auch verbotswidrig mit Schrot bejagt“.

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Inzwischen haben die Behörden Jagdpächter und Jägervereinigungen sensibilisiert, die in den betroffenen Gebieten ihre Reviere haben. Sie wurden zu erhöhter Wachsamkeit aufgefordert.

Vier Fälle im Schwarzwald-Baar-Kreis

Frieder Dinkelaker, der Leiter des Kreisforstamtes Schwarzwald-Baar, weiß von drei Fällen der Wilderei im Landkreis. Auf Gemarkung Bräunlingen und Bad Dürrheim wurden jeweils ein erschossenes Reh aufgefunden. In Niedereschach eine erlegte Wildsau. Alle drei Vorfälle wurden seit September 2024 registriert. Ein vierter Fall hat sich nach der Tatort-Karte der Polizei ebenfalls im Raum Bräunlingen ereignet.

„Die Sache ist sehr kurios“, urteilt Frieder Dinkelaker, der Leiter des Kreisforstamtes Schwarzwald-Baar.
„Die Sache ist sehr kurios“, urteilt Frieder Dinkelaker, der Leiter des Kreisforstamtes Schwarzwald-Baar. | Bild: Stadtverwaltung Blumberg

„Die Sache ist sehr kurios“, stellt Forstamtsleiter Dinkelaker fest. Warum macht sich jemand die Mühe, ein geschossenes Wild fachgerecht auszuweiden, um es dann liegenzulassen?

Verdächtige Wahrnehmungen

Bei der Polizei und den Jägern sind zuletzt vermehrt auch Meldungen über verdächtige Wahrnehmungen eingegangen: von suspekten Fahrzeugen im Forst, von Scheinwerferlicht, mit dem in der Dunkelheit der Waldrand abgesucht wurde, und von Knallgeräuschen, bei denen es sich möglicherweise um nächtliche Schüsse aus Wilderer-Büchsen handeln könnte.

Forstamt vorsichtig mit Rückschlüssen

Im Kreisforstamt ist man bei der Bewertung solcher Hinweise mit Wilderei-Rückschlüssen indes vorsichtig. Amtsleiter Dinkelaker weist darauf hin, dass ein Gewehrschuss aus größerer Entfernung kaum von einem gezündeten Silvesterböller zu unterscheiden sei. Außerdem wäre es plausibel, dass Wilddiebe mit Schalldämpfer arbeiten, um unentdeckt zu bleiben.

Und auch auf Scheinwerferlicht im Wald sind moderne Wildfrevler nicht unbedingt angewiesen. Sie können heutzutage auf Wärmebild- oder Infrarot-Zielvorrichtungen zurückgreifen, mit denen es sich nachts unauffällig jagen lässt.

Jagen die Wilderer nahe der Autobahn?

Mit einem Blick auf die Karte ist dem Forstamtsleiter vor allem eines aufgefallen: Sämtliche Tatorte liegen nicht weit von der Bodensee-Autobahn A81 entfernt. Die Spur der Wilderer im Bereich des Polizeipräsidiums Konstanz reicht von Bodensee im Süden entlang der Autobahn bis in den Kreis Rottweil.

Tatorte der Jagdwilderei in der RegionQuelle: Polizeipräsidium Konstanz / Südkurier-Grafik: Steller
Tatorte der Jagdwilderei in der RegionQuelle: Polizeipräsidium Konstanz / Südkurier-Grafik: Steller | Bild: Steller, Jessica

Dinkelakers Hypothese: Die Täter suchen offenbar gezielt Stellen auf, von denen sie sich über die Autobahn schnell aus dem Staub machen können. „Hier geht es augenscheinlich um schnelles Beutemachen oder Töten“, vermutet er.

Ungutes Gefühl bei den Jägern

Die Fälle von Wilderei lösen bei den Jägern Unbehagen aus. „Aus Jägersicht ist es ein ungutes Gefühl, wenn man fürchten muss, dass Unbekannte bewaffnet im eigenen Revier unterwegs sein könnten“, verdeutlicht Dunja Zimmermann, die Vorsitzende der Kreisjägerschaft Schwarzwald-Baar, aus dem Villingen-Schwenninger Teilort Tannheim. „Das gibt einem auf jeden Fall zu denken.“

Kreisjägermeisterin Dunja Zimmermann: „Das gibt einem auf jeden Fall zu denken.“
Kreisjägermeisterin Dunja Zimmermann: „Das gibt einem auf jeden Fall zu denken.“ | Bild: Dorer, Klaus

Jäger zur Wachsamkeit aufgerufen

In einem Schreiben hat die Untere Jagdbehörde des Kreisforstamtes Schwarzwald-Baar die Jagdpächter auf der Baar zur verstärkter Wachsamkeit aufgerufen. Verdächtige Personen oder Fahrzeuge im Revier sollen der Polizei gemeldet werden.

Andererseits mahnt die Forstbehörde die Jägert zur Besonnenheit. In Bereichen, in denen bereits häufig Erholungssuchende unbefugt geparkt hätten, müsse nicht unbedingt jedes Fahrzeug verdächtig sein.

Mahnung: Nicht in Gefahr begeben

Zugleich warnen Polizei und Forstbehörden die Jäger und andere Personen, sich aus Gründen des Eigenschutzes nicht in Gefahr zu begeben und auf verdächtige Personen nicht zuzugehen – oder gar nachts unbekannte Autos kontrollieren zu wollen.

Die Erinnerung an die beiden im Januar 2022 im Landkreis Kusel (Pfalz) von Wilderern erschossenen Polizisten ist ein mahnendes Beispiel. Besser sei es, Beobachtungen umgehend der Polizei zu melden (Telefon 07461 941200) und nach Möglichkeit Foto- oder Videoaufnahmen anzufertigen.

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