Das Villinger Gefängnis befindet sich im Romäusring 22. Das Gebäude ist mehr als 150 Jahre alt – und zwar sowohl außen, als auch innen. Entsprechend altertümlich wirken die verschiedenen Räumlichkeiten.
Die JVA Villingen ist eine von drei Außenstellen, die zur JVA in Rottweil gehören. Die anderen Außenstellen sind in Hechingen und Oberndorf. In Oberndorf gibt es eine sozialtherapeutische Einrichtung für Jugendliche. Etwa 100 Insassen haben in allen Anstalten Platz. In Villingen gibt es 18 Räume, maximal haben dort 44 Insassen Platz. Vor Corona waren es zwischen 30 und 35, aktuell sind 23 Häftlinge in Villingen untergebracht.
In Rottweil soll auf diesem Gelände eine neue Justizvollzugsanstalt gebaut werden. Eigentlich sollte sie schon längst stehen – seit 2016. Daraus wurde bekanntlich nichts. Noch in diesem Jahr soll der Landtag die Weichen stellen, so dass das neue Gefängnis Ende 2027 in den Vollbetrieb gehen kann. Dort soll auf der 25.000 Quadratmeter großen Fläche dann Platz für 500 Insassen sein.
Noch aber wird die JVA Villingen gebraucht. Im Folgenden zeigt der SÜDKURIER Bilder vom Inneren des Gefängnisses. Aus Sicherheitsgründen dürfen sowohl Gitter, als auch Türen mit deren Schlössern nicht gezeigt werden. Darauf hat die Anstaltsleiterin Ilona Crispien hingewiesen. Übrigens: Wenn Sie genau hinschauen, erkennen Sie eine Tür, die mittlerweile zugemauert wurde. Sie diente als Durchgang zwischen JVA und Amtsgericht, das sich gegenüber befindet.
In Villingen sind in der Regel Menschen in der U-Haft oder welche, die kurze Haftstrafen verbüßen müssen, untergebracht. Ihr erster Weg führt immer in den Aufnahmeraum. Dort werden der Name, das Geburtstsdatum und alle weiteren persönlichen Daten aufgenommen.
Anschließend folgt die Einkleidung. Die Insassen müssen sich dafür komplett ausziehen. Die JVA stellt die Jeans, das Shirt, den Pullover, die Schuhe und sogar die Unterwäsche. Angehörige oder Freunde können nach einer Zeit auch individuelle Kleidung vorbeibringen. Zunächst muss aber die Gefängnis-Kleidung angezogen werden. Weil in Villingen nur Männer untergebracht sind, dürfen auch nur männliche Beamte der Umkleidung beiwohnen.
Anschließend erhält jeder Häftling eine Kiste mit wichtigen Untensilien wie etwa das Toilettenpapier, eine Zahnbürste und Zahnpasta, Seife sowie Bettzeug.
Damit geht es dann in die Zelle. Die große, die hier zu sehen ist, ist zwölf Quadratmeter groß. Die kleine ist neun Quadratmeter groß. In den Zellen befinden sich keine Kameras. In der Regel sind Insassen einzeln untergebracht, es kann aber auch sein, dass mehrere zusammen in einer Zelle sind. Etwa Hälfte der Villinger Insassen ist nicht deutscher Herkunft. Das deckt sich mit dem Landesschnitt. Welche Voraussetzungen eine Zelle haben muss, regeln die Bundesländer selbst. Das baden-württembergische Strafvollzugsgesetz orientiert sich eng an dem Strafvollzugsgesetz, das am 1. Januar 1977 in Kraft getreten ist. Damals regelte der Bund noch die JVA-Richtlinien.
Anders als in vielen größeren Justizvollzugsanstalten, gibt es in Villingen zwei Köchinnen, die – so berichten es auch die Beamte – täglich ein leckeres Mahl zaubern.
Die JVA Villingen, hier der Blick vom Amtsgerichtsgebäude aus dem November 2020 gegenüber auf das Gefängnis, ist in Landeshand. Anders als etwa in den USA, gehören die meisten Gefängnisse den Bundesländern. Es gibt aber auch Ausnahmen. So wurde 2005 das erste teilprivatisierte Gefängnis in Hünfeld im Kreis Fulda in Hessen eröffnet. Vier Jahre später folgte ein zweites in Offenburg im Ortenaukreis. Im selben Jahr wurde eine dritte öffentlich-private JVA in Burg in Sachsen-Anhalt eröffnet.
Die meisten Insassen in Villingen gehen tagsüber einer geregelten Arbeit nach. Das ist wichtig um einerseits einen klaren Tagesablauf zu haben und andererseits auch Beiträge für die Arbeitslosenversicherung beizusteuern. „Für Strafgefangene gibt es in Baden-Württemberg eine Arbeitspflicht, keinen Arbeitszwang“, sagt Anstaltsleiterin Ilona Crispien.
Die Insassan stellen in Villingen Betriebsstundenzähler von zwölf bis 240 Volt her. Dabei produzieren sie alle Komponenten, die dafür benötigt werden. Viele Endabnehmer, so heißt es gegenüber dem SÜKURIER, wissen gar nicht, dass bestimmte Teile aus Gefängnissen kommen. Der Stundenlohn beträgt 1,20 Euro. Untersuchungshäftlinge arbeiten für den eigenen Geldbeutel, Strafgefangene müssen einen Teil des Verdienstes abgeben. Die Unterbringung kostet sie dagegen nichts. Alle haben eine 35-Stunden-Arbeitswoche.
Zwei- bis dreimal pro Woche dürfen die Insassen in den Freizeitraum. Dort können sie Billard oder Dart spielen. In einem Nebenraum befinden sich außerdem Hanteln und Gewichte. Die sind bei den Gefangenen beliebt. Der Raum wird beispielsweise auch für Weihnachtsfeiern genutzt. Maximal 14 Personen dürfen gleichzeitig in den Freizeitraum.
Einmal am Tag darf für eine Stunde auch der Innenhof genutzt werden. Freitags wird dort häufig Volleyball gespielt.
„Leider ist es in Villingen sehr klein. Im neuen Rottweiler Gefängnis wäre es möglich, etwa Fußball zu spielen“, sagt Anstaltsleiterin Ilona Crispien. Übrigens: Die kleine Box dient den Beamten als Unterschlupf, wenn es regnet.
Zweimal im Monat dürfen Freunde und Angehörige die Insassen besuchen. Erlaubt sind eine kurze Umarmung beziehungsweise ein kurzer Kuss – mehr nicht. Anschließend nimmt der Insasse auf dem linken Stuhl und die Angehörigen gegenüber in einer Entfernung von 1,50 Meter Platz. Wenn alle gegen Corona geimpft sind, dürfen drei Besucher kommen, sonst zwei. Immer dabei bei einem Besuch ist ein Vollzugsbeamte und ein Dolmetscher. Die Hälfte der Insassen spricht kein Deutsch. Der Dolmetscher übersetzt das Gespräch für den Beamten. Denn: Über das laufende Gerichtsverfahren dürfen die Insassen mit ihren Angehörigen nicht sprechen.
Das dürfen sie aber in diesem Raum. Der zweite und kleinere Besprechungsraum dient dem Austausch des Gefangenen mit seinem Anwalt. Möglich sind in diesem Raum auch Treffen etwa mit einem Pfarrer. Hier ist wiederum kein Beamte zugegen.
Während der Hochphase der Corona-Pandemie, waren Besuche nicht erlaubt. Weil aber Besucher einen gewissen Geldbetrag mitbringen dürfen und der wegen der Pandemie weggefallen war, wurde das Geld für die Insassen etwas aufgestockt. Aktuell erhalten Insassen zwölf Euro pro Besuch. Das Geld dient sozusagen der Verpflegung für das Treffen. Kein Geld bekommen die Gefangenen, wenn ein Besuch per Videotelefonie stattfinden. Anstaltsleiterin Ilona Crispien: „Gerade während Corona ist diese Möglichkeit ausgebaut worden. Besonders Insassen, deren Angehörige weiter weg wohnen, wissen diese Möglichkeit zu schätzen.“
Weil ein Gefängnis ein eigenes kleines Dorf ist, gibt es auch eine medizinische Versorgung. Einmal pro Woche hat eine Ärztin ihre Sprechstunde. Die Ärztin ist nicht fest in der JVA angestellt, sie kommt aber immer entweder zur Sprechstunde oder aber bei Notfällen. Wenn etwa drogen- oder alkoholabhängige Insassen neu kommen, kümmert sie sich um diese Personen.
Wenn Insassen entlassen werden, müssen sie ihre Sachen packen und in der Transportzelle warten. Dort sitzt beim Termin mit dem SÜDKURIER Anstaltsleiterin Ilona Crispien. Im Warteraum der JVA gibt es zwei Bänke, ein Waschbecken und eine Toilette. Die Fahrten des Gefangenentransporters folgen einem genau festgelegten Plan.
Bis voraussichtlich 2027 wird die Villinger JVA-Außenstelle noch in Betrieb sein. Mitarbeiter werden dann nach Rottweil wechseln. Diese Geschichte ist erstmals im Juni 2022 erschienen.