Die Banken-Welt ist im Umbruch begriffen. Viele Kunden sind froh, in den Corona-Monaten ihre Geldgeschäfte digital steuern zu können. In den Filialen gibt es weniger Umsätze und somit stellt sich die Sinnfrage der Vor-Ort-Präsenz für die Geldhäuser massiv.

Bei den Volksbanken grassiert seit Jahren das Fusions-Fieber. Im Schwarzwald-Baar-Kreis wird das deutlich. Die ehemalige Villinger Volksbank, die technisch seit November 2020 als Gestalterbank mit Offenburg firmiert (der Fusionsvollzug wurde zurückdatiert auf den 1. Januar 2020) , hat sich über die vergangenen zwei Jahrzehnte die Donaueschinger Volksbank, die Bad Dürrheimer Spar- und Kreditbank und 2012 die Volksbank im Hegau einverleibt.
Künftig über 1000 Mitarbeiter
Die Volksbank eG – Die Gestalterbank, mit Sitz in Offenburg und Villingen, bezeichnet sich heute mit einer Bilanzsumme von 9,1 Milliarden Euro, 238.000 Kunden und 973 Mitarbeitern als eine der „größten Genossenschaftsbanken in Deutschland“. Und nun will sie noch größer werden. Allerdings: Diese Entwicklung ist kein Einzelfall. Überall im Land schließen sich Volksbanken aufgrund sinkender Erträge in den Jahren der Niedrigst-Zinsen zusammen.
Die 1950 gegründete Hochrhein-Genossenschaftsbank Rhein-Wehra hat 134 Mitarbeiter und eine Bilanzsumme von annähernd 1,5 Milliarden Euro. Bei der Gestalterbank gilt der von den Aufsichtsräten in Auftrag gegebene Zusammenschluss als kleine Fusion. Was also steckt hinter dem angestrebten Schulterschluss?
Das Kerngebiet den Rhein entlang
Das Institut Rhein-Wehra hat seinen Hauptsitz in Bad Säckingen. Das Geschäftsgebiet grenzt im Westen an das der Waldshuter Volksbank Hochrhein. Im Osten hat die Volksbank Dreiländereck mit Sitz in Lörrach ihr Gebiet. Das Institut Rhein-Wehra wirkt von Säckingen bis einschließlich Rheinfelden.

Eine Antwort auf die Attraktivität von Rhein-Wehra für die Gestalterbank Offenburg-Villingen-Schwenningen findet sich bei den Firmenkunden entlang des Rheins. Große Industrien haben hier vor den Toren von Basel ihre Betriebe. Noch spannender wird der Blick über den Rhein. Bis Basel finden sich hier börsennotierte Hochkaräter aus Schwerindustrie Pharma und Forschung.
Lukrative Geschäftslage mit der Schweiz
Für Eidgenossen war deutsches Kredit-Kapital in den vergangenen Jahren günstig. Das lag auch am Frankenkurs. Seit Einführung des Euro hat sich das einstige Verhältnis stark verändert. Ein Franken kostet aktuell 94 Cent. Das bedeutet: Wer aus der Schweiz deutsche Kredite zurückzahlen muss, hatte bislang einen langfristigen Währungsvorteil.

Und: Auch die deutsche Rheinseite ist für Banken ein prosperierendes Firmenkunden-Gebiet. Fachleute sehen hier aktuell einen hohen Finanzierungsbedarf. Kleinere Häuser wie Rhein-Wehra erreichen hier rasch ihre Ausleihungsgrenze.
Genau hier setzt eine der Fusions-Säulen mit der Gestalterbank an: Der Genossenschaftsverbund will solche Großfinanzierungen nicht länger kampflos an internationale Großbanken verlieren. Die Gestalterbank ist vor der Fusion mit Rhein-Wehra fast zehnmal so groß wie die Säckinger. Das skizziert in etwa die Möglichkeiten des Zusammenschlusses.
Die Quelle des Impulses
Offenbar ging der Fusionsimpuls vor Hintergründen wie diesen auch vom Hochrhein aus. Zu welchen Bedingungen die Gestalterbank einwilligt, ist nun spannend. Zum Beispiel auf der Chefetage. Heute schon wird die Gestalterbank von einem opulent besetzten Sechser-Vorstand geführt.

In der Tat: Drei Vorstände aus Offenburg, drei aus Villingen. Ist da noch Platz für zwei weitere Bosse? Die mutmaßliche Antwort gibt das Größenverhältnis und ein Blick in die jüngere Geschichte. Aus dem Hegau wurde in Villingen ein Vorstand übernommen. Dies soll, so ist nun aus Bankkreisen zu hören, die Messlatte für die Fusion mit Rhein-Wehra sein.
Der SÜDKURIER hat bei einem Kenner der Branche im Südwesten nachgefragt. Hier bewertet er die Fusions-Vorgänge.