„Wenn möglich verschieben Sie Ihre Reise.“ Diese Nachricht liest jeder, der sich über den Streik der Deutschen Bahn (DB) von Mittwochabend bis zum Donnerstagabend, 16. November, erkundigt. Was aber tun, wenn ein Verschieben der Reise nicht möglich ist?
Trotz Bahnstreik von Konstanz nach Villingen?
Das versuche ich am Streiktag herausfinden, denn ich muss von meinem Wohnort in Konstanz-Petershausen zum Arbeiten nach Villingen.
Als erfahrener Pendler checke ich am Mittwochabend und am Donnerstagmorgen die App. Und bin positiv überrascht. Zwar fällt mein üblicher Zug der Schwarzwaldbahn Richtung Karlsruhe um 7.39 Uhr aus. Dafür soll er rund eine Stunde später fahren. Damit wäre ich zwar erst um um 10 Uhr statt um 9 Uhr in Villingen, aber eine Stunde Verspätung ist an einem Tag wie diesem zu verschmerzen.
Zugausfall ohne Ankündigung
Selbst als ich kurz vor der Abfahrt einen Blick in die App werfe, wird mir der Zug noch wie geplant für 8.42 Uhr angezeigt. Sollte ich etwa mit nur einer Stunde Verspätung und ohne weitere Probleme nach Villingen kommen?

Am Bahnhof Konstanz-Petershausen angekommen, wird mir direkt klar, dass mein vorsichtiger Optimismus fehl am Platz war. Schon von weitem erkenne ich auf der Anzeige ein „Entschuldigung“. Und weiter: „Zug RE2 nach Karlsruhe fällt aus.“
Zweieinhalbstündige Alternative
Also wieder die App geöffnet. Dieses Mal sorgt die Anzeige nur für Pessimismus. Denn die einzige Möglichkeit nach Villingen zu kommen dauert knapp zweieinhalb Stunden: Mit der Seehas – der S-Bahn im Landkreis Konstanz – nach Singen, von dort mit einem Bus des Schienenersatzverkehrs (SEV) nach Rottweil und dann per Ringzug nach Villingen.
Über die Website BlaBlaCar versuche ich eine Mitfahrgelegenheit zu finden. Auch das scheitert, die nächste verfügbare Fahrt Richtung Villingen wäre erst um 12 Uhr nach Tuningen. Also doch die Bahn.

Schienenersatzverkehr fährt – die Bahn nicht
Zumindest der Seehas nach Singen kommt pünktlich. Logisch, gehört er doch zu den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und damit nicht zur bestreikten Deutschen Bahn.
Interessant wird es dann in Singen. Denn da die Gäubahn sowieso noch lange gesperrt ist, fährt hier normalerweise ein Fernbus Richtung Rottweil und Horb. Doch wie sieht es aus, wenn gestreikt wird?
Im DB Reisezentrum erfahre ich: Der Bus des SEV fährt, denn die Busfahrer gehören nicht zur Bahn und damit auch nicht zur streikenden Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL).
Die Ironie dabei: Würde die Gäubahn regulär fahren, bestünde wohl keine Möglichkeit von Singen weiter Richtung Villingen zu kommen. Denn auf der Gäubahnstrecke fährt ein IC der Deutschen Bahn, ihre Lokführer sind in der GDL organisiert – sie wäre höchstwahrscheinlich ausgefallen.

Über eine Stunde länger als sonst
Der Bus fährt pünktlich um 9.50 Uhr vor dem Maggi-Werk in Singen ab. Sogar fünf Minuten vor der geplanten Ankunftszeit um 10.45 Uhr ist er in Rottweil in Bahnhof. Umso besser, denn um 10.50 fährt schon der Ringzug nach Villingen.
Auch die Regionalbahn ist pünktlich. Sie gehört zur Südwestdeutschen Landesverkehrs-GmbH (SWEG) und damit ebenfalls nicht zur DB. Somit bin ich um 11.19 Uhr in Villingen an meinem Zielbahnhof. Nach zwei Stunden und 20 Minuten Fahr- und Wartezeit – statt wie üblich einer Stunde und sieben Minuten.

Was sagt das Arbeitsrecht?
Doch wie sieht es eigentlich arbeitsrechtlich aus, wenn man aufgrund des Bahnstreiks nicht oder nur mit Verspätung zur Arbeit kommt? „In diesem Fall liegt das sogenannte Wegerisiko normalerweise beim Arbeitnehmer“, erklärt Andreas Huber, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Da der Streik angekündigt war, sei es die Verantwortung des Arbeitnehmers, nach einer Alternative zu suchen.
Eine Alternative haben wohl auch die meisten Pendler auf der Strecke Konstanz – Villingen finden müssen.
Auf der gesamten Strecke wird sichtbar: Sowohl auf den Bahnhöfen als auch in den Zügen ist deutlich weniger Betrieb als sonst üblich.