Die Luft ist trocken, die Lippen spannen. Der Griff geht mal wieder in die Handtasche. Irgendwo in deren Tiefen findet sich immer ein Lippenpflegestift. Schnell das Produkt der Wahl aufgetragen und weiter geht‘s. Doch halt!

Linn Hesse und Hanna Morstein, zwei quirlige Schülerinnen des St. Georgener Thomas-Strittmatter-Gymnasiums, haben sich mit der täglichen Herausforderung der Lippenpflege näher befasst.

„Dadurch, dass wir unsere Lippen immer wieder ablecken, essen wir jährlich im Durchschnitt bis zu vier solcher Pflegestifte auf“, weiß die elfjährige Linn. Das habe ihre Recherche in der Zeitschrift Ökotest ergeben, berichtet sie. Hanna, zwölf Jahre, ergänzt, dass bei manchen Stiften der Verdacht auf möglicherweise gesundheitsschädliche Bestandteile bestehen könne.

Hanna und Linn (von links) studieren die Aufschrift eines industriell gefertigten Lippenpflegestiftes.
Hanna und Linn (von links) studieren die Aufschrift eines industriell gefertigten Lippenpflegestiftes. | Bild: Cornelia Putschbach

Dieses Wissen hatten die beiden Mädels zu Beginn ihres kleinen Foschungsprojekts noch nicht. „Uns war nur klar, dass wir beim Wettbewerb Jugend forscht mitmachen und irgendwas mit Kosmetik machen wollen“, erinnert sich Hanna. Beide Mädchen sind in der gleichnamigen Arbeitsgemeinschaft ihrer Schule dabei. Die Idee mit den Lippenpflegestiften habe dann Lehrerin Birgit Santalucia beigetragen.

Jetzt geht es ans Abmessen der Zutaten. Dabei kommt es auf jedes Gramm an. Wer mag, kann die Mengen natürlich vervielfachen.
Jetzt geht es ans Abmessen der Zutaten. Dabei kommt es auf jedes Gramm an. Wer mag, kann die Mengen natürlich vervielfachen. | Bild: Cornelia Putschbach

Für die Schülerinnen war schnell klar: Wir wollen unsere Lippenpflege selber machen. Sie soll natürlich sein.

Lehrerin Birgit Santalucia betreut die Arbeitsgemeinschaft Jugend forscht des Thomas-Strittmatter-Gymnasiums in St. Georgen. ...
Lehrerin Birgit Santalucia betreut die Arbeitsgemeinschaft Jugend forscht des Thomas-Strittmatter-Gymnasiums in St. Georgen. Gelegentlich schaut sie den Schülerinnen bei ihrer Forschung über die Schulter. | Bild: Cornelia Putschbach

Also fingen Hanna und Linn an, nach einem geeigneten Rezept zu suchen und selbst auch das eine oder andere zusammenzustellen. Mehrere Rezepte haben sie dann ausprobiert.

Ihre Vorgaben waren klar: Die Lippenpflege soll trockene Lippen vor dem Austrocknen bewahren und gegen Risse schützen. Außerdem muss sie natürlich geschmacklich angenehm sein und sich für den täglichen Gebrauch eignen.

Von künstlichen Aroma- oder Farbstoffen wollten die beiden ausdrücklich die Finger weglassen. Natürlichkeit war für ihr Pflegeprodukt oberstes Gebot.

Ab mit den Zutaten ins Gefäß für das Wasserbad.
Ab mit den Zutaten ins Gefäß für das Wasserbad. | Bild: Cornelia Putschbach

Als ungeeignet stellte sich für die beiden beispielsweise Sheabutter heraus. „Igitt, die hat richtig schlecht gerochen“, platzt aus Linn die Erinnerung an dieses Experiment heraus.

Bei einer anderen Rezeptur setzte sich relativ bald eine Flüssigkeit ab. Manche Mischung war zu hart oder fing an zu stinken, so die weiteren Erkenntnisse einer kleinen Versuchsreihe.

Am Ende haben die Mädchen, auch mit Unterstützung einer Mitschülerin, ihren Rezeptfavoriten gefunden. Der Vorteil: Die Lippenpflege ist so kinderleicht zuhause herzustellen, dass das eigentlich jeder nachmachen kann.

Die Zutaten erhitzen die beiden Schülerinnen im Wasserbad, bis sie geschmolzen sind. Die Reihenfolge, in der man sie dazu gibt, ist egal. Es entsteht eine ölige Flüssigkeit, die, in kleine Döschen abgefüllt, in kürzester Zeit wieder erhärtet. Sie lässt sich laut den Erkenntnissen der Beiden mit dem Finger gut auftragen.

Dabei spendet Kokosöl die notwendige Feuchtigkeit und schützt sogar etwas vor UV-Strahlung. Olivenöl enthält Fette, die die Lippen geschmeidig machen und vor dem Austrocknen schützen. Das Bienenwachs sorgt für die richtige Konsistenz.

Schnell vermengen sich die Zutaten und werden zu einer homogenen Flüssigkeit.
Schnell vermengen sich die Zutaten und werden zu einer homogenen Flüssigkeit. | Bild: Cornelia Putschbach

Gibt man kein Orangenaroma hinzu, hat die Lippenpflege einen leichten Geschmack nach Kokosnuss. Das Orangenaroma bietet dazu eine Alternative.

Natürlich mussten Linn und Hanna die Wirksamkeit ihrer Lippenpflege für den Wettbewerb Jugend forscht auch untermauern. Dafür haben sie, so berichten die beiden, mehrere Cremes, die sie hergestellt hatten, auf feuchtes Papier aufgetragen und nach zwei Stunden den Wasserverlust gemessen. Die favorisierte Rezeptur bestand auch diesen Test mit Bravour.

Dann kann es auch schon ans Abfüllen in winzige Töpfchen gehen. Dabei ist bei Linn und Hanna (von links) eine ruhige Hand gefragt.
Dann kann es auch schon ans Abfüllen in winzige Töpfchen gehen. Dabei ist bei Linn und Hanna (von links) eine ruhige Hand gefragt. | Bild: Cornelia Putschbach

„Es ist nicht schwer, eine eigene Lippenpflege herzustellen“, weiß Hanna jetzt. „Manchmal kaufe ich noch einen Pflegestift im Laden,“, gesteht Linn ein, „aber meistens nehmen wir jetzt nur noch unsere eigene Lippenpflege.“

Sie alle haben für das Thomas-Strittmatter-Gymnasium in St. Georgen in diesem Jahr mit ganz viel Spaß und Erfolg am Wettbewerb Jugend ...
Sie alle haben für das Thomas-Strittmatter-Gymnasium in St. Georgen in diesem Jahr mit ganz viel Spaß und Erfolg am Wettbewerb Jugend forscht teilgenommen. | Bild: Cornelia Putschbach

Bei der Präsentation ihres Wettbewerbsbeitrags waren die kleinen Cremetöpfchen auf jeden Fall gefragte Präsente. In die weitere Produktion wollen die beiden aber nicht gehen. „Dazu müssten wir jetzt zum Beispiel erst einmal noch schauen, wie lange unsere Lippenpflege haltbar ist“, gibt Linn zu bedenken. Dazu sei es aber noch nicht gekommen, berichten die beiden lachend, zu schnell seien die hergestellten Töpfchen immer leer gewesen.

Und auch die Jury des Wettbewerbs wusste den Beitrag von Linn und Hanna zu schätzen. Am Ende gab es für beide einen Sonderpreis.