Mit einem erneuten Tageshoch von 154 Neuinfizierten, 24 Covid-Patienten im Klinikum Tuttlingen und einer auf den Wert von 500 zugehenden Inzidenz (Stand Mittwoch, 17. November) wird die aktuelle Corona-Situation im Landkreis Tuttlingen von Landrat Stefan Bär als „sehr ernst“ beurteilt. „Die Fallzahl-Entwicklung ist verheerend“, erklärte Bär. „Und das Ende des Weges ist noch nicht erreicht, sondern wir müssen in den nächsten Tagen mit einem weiteren Anstieg rechnen.“

Die Lage werde sich sicherlich bis in etwa zwei Wochen noch einmal stark auf das Klinikum auswirken, das sich bereits jetzt im Notfallbetrieb befindet. „Wir müssen dann mit Verlegungen, wenn nicht sogar mit Abweisungen von Patienten rechnen“, so der Landrat mit großer Sorge.

Fünf Patienten werden beatmet

Fünf der 24 Corona-Patienten in der Klinik liegen auf der Intensivstation und werden beatmet. Elf der Patienten sind geimpft. Laut Landrat Bär handelt es sich bei den Impfdurchbrüchen überwiegend um Hochbetagte, deren Impfung bereits länger zurückliegt. Im Klinikum Tuttlingen gilt nun seit Mittwoch ein Besuchsverbot. „Wir bereiten uns jetzt auf einen nochmaligen Anstieg der Covid-Patienten vor“, betonte er.

Landrat kritisiert „Nachlässigkeit im privaten Verhalten“

Als wesentliche Ursachen für die Entwicklung sah Bär die Witterung mit dem Aufenthalt in geschlossenen Räumen und der wesentlich aggressiveren Delta-Version des Virus, sodass die Infektionsgefahr steigt. Er kritisierte aber auch eine „Nachlässigkeit im privaten Verhalten“.

„Bei den Schulkindern gab es jüngst eine Verdopplung.“
Stefan Bär, Landrat

Außerdem sei die Impfquote im Landkreis mit geschätzten knapp 70 Prozent nicht hoch genug. Allerdings sah Bär die Ungeimpften nicht als einziges Problem. Steigend sei unter anderem der Anteil der Kinder und Jugendlichen an den Corona-Fällen, die momentan bei bis zu einem Viertel der Fallzahlen im Kreis liege. „Bei den Schulkindern gab es jüngst eine Verdopplung“, sagte der Landrat. Deren Krankheitsverlauf sei zwar zum Glück meist glimpflich, aber das Ansteckungspotential sei dennoch hoch. Aktuell kam es jetzt zu Gruppenschließungen in zwei Kindergärten in Spaichingen und Rietheim.

Besondere Risikogruppen

Einer Betrachtung des Klinikums zufolge gibt es derzeit vier besondere Risikogruppen für eine Infizierung (genannt in der Reihenfolge der Betroffenheit):

  • ältere Menschen mit Vorerkrankungen, deren Impfung bereits länger als sechs Monate zurückliegt
  • Ungeimpfte unter 60 Jahren mit Vorerkrankungen
  • nicht Geimpfte unter 60 ohne Vorerkrankungen
  • Kinder und Jugendliche.

Als Fazit der Klinik nannte Stefan Bär, die Menschen sollten sich wieder stärker an Hygienevorschriften halten, Abstände einhalten und künftig FFP2-Masken tragen. Er selbst betonte weiter: „Meine Empfehlung lautet impfen, impfen, impfen.“

Die Impfangebote

Angebote zur Impfung werden voraussichtlich ab Freitag oder Samstag kreisweit zwei mobile Impfteams machen. In Tuttlingen wird montags, freitags und samstags ganztags an der Alten Festhalle geimpft, in Spaichingen dienstags, in Wehingen mittwochs, in Trossingen donnerstags.

Hinzu kommen kreisweite Impfangebote, alle jeweils ohne Voranmeldung. Mit dem Inkrafttreten der Alarmstufe in Baden-Württemberg gelten vor allem neue Einschränkungen für Ungeimpfte und in vielen Fällen die 2-G-Regel. Landrat Bär sprach sich nicht grundsätzlich gegen Martini- und Weihnachtsmärkten aus, sah aber eine gewisse Problematik bei den notwendigen Kontrollen.

Er selbst werde nicht zu solchen Veranstaltungen gehen, kündigte er an. Im Gespräch mit den Bürgermeistern will er sich wieder für die erneue Einrichtung der kostenlosen Bürgertestzentren im Kreis einsetzen.