Alexander Hämmerling

Wie Zeitstrukturen die Gesellschaft bestimmen und seit 150 Jahren das Leben des Menschen beschleunigen: Dieses Thema greift die Ausstellung „Zeit, Freiheit und Kontrolle. Johannes Bürk und die Folgen“ auf, die bis zum 1. März im Uhrenindustriemuseum in VS-Schwenningen ihren Platz findet. Anlass sind das ehrwürdige Datum des 200. Geburtstages des Schwenninger Pioniers der Uhrenfabrikation, Johannes Bürk, und das 25. Jubiläum des Uhrenindustriemuseums.

Die aufwendigste Ausstellung im Schwenninger Uhrenindustriemuseum zeigt in Flurlänge den Übergriff von Maschinen und Zeit auf Arbeits- ...
Die aufwendigste Ausstellung im Schwenninger Uhrenindustriemuseum zeigt in Flurlänge den Übergriff von Maschinen und Zeit auf Arbeits- und Privatleben des Menschen. Am Konzept arbeiten auch (von links) der wissenschaftliche Volontär Yannick Philipzig, Michael Hütt und Ralf Kätterer von den Städtischen Museen. | Bild: Alexander Hämmerling

Erstmals konzipierte das Trio der Städtischen Galerie, des Heimat- und Uhrenmuseums sowie des Uhrenindustriemuseums gemeinsam die nach eigenen Angaben „aufwendigste Ausstellung“ seit der musealen Eröffnung auf dem Bürk-Areal. Nach einem Rundgang wird klar: die vierte Dimension vollzog in den letzten 150 Jahren einen unausweichlichen Sphärenübergriff aus dem Berufs- in das Privatleben und dominiert unbewusst den kompletten Lebenszyklus eines Menschen.

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  • Bürk: Den Anstoß zu Beschleunigung von Arbeit und Alltag hat zumindest in Schwenningen wohl kaum ein anderer als Johannes Bürk mit der Gründung seiner Württembergischen Uhrenfabrik 1855 umfassend gegeben, was ihn zu einer der schillerndsten Persönlichkeiten im politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben der Schwenninger Historie avancieren ließ. Ein kompletter Raum der Ausstellung widmet sich Bürks Relevanz für die Schwenninger Dorfgeschichte und seiner Bedeutung für den Wirtschaftsaufschwung des Schwanendorfes.
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  • Beschleunigung: Das Herz der Ausstellung bildet eine Zeitlinie, die anhand technischer Exponate und Dokumente aus Villingen-Schwenningen in fünf Schritten 150 Jahre des technischen Übergriffs der Zeit auf das Leben des Menschen spiegelt. Integriert wird der Arbeiter in die Gewalt der Zeit durch beispielsweise in Bürks Hallen fabrizierte Nachtwächteruhren, die ein überwachtes Arbeitspensum des Trägers sicherstellen. Weitere Stationen zeigen die Disziplinierung des Arbeiters durch Stech- und Stempeluhren, die Normierung seiner Arbeitszeit durch etwa Arbeitsschauuhren von Kienzle oder die Flexibilisierung des Arbeitsalltages durch die elektronische Datenverarbeitung mit Arbeitszeitlochern für Werksausweise. Im Heute angekommen, bedarf es schließlich keiner Disziplinierung des Menschen durch vorgegebene Zeitstrukturen mehr, er optimiert sich und seine Funktionalität eigenständig durch etwa Apps für geregelten Schlaf und ideale Nahrungsmittel- und Wasseraufnahme. Ein Raum mit „künstlerischen Gegenstrategien“ von Albert Hien unter dem Titel „Takeyourtime“ rundet die Ausstellung ab.
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  • Rahmenprogramm: Zur langen Kulturnacht in Villingen-Schwenningen am 6. Juli wird es im Uhrenindustriemuseum von 12 bis 21.30 Uhr eine Veranstaltungsreihe mit Vorführungen, Vorträgen und Museumsführungen geben. Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Uhrenindustriemuseums findet hier am 19. Oktober von 17 bis 23 Uhr, eine Museumsnacht ebenfalls mit Kurzführungen, Vorträgen und Vorführungen statt.