Villingen-Schwenningen – Die Idee, auf dem Schwenninger Bürk-Areal ein Museumsquartier zu schaffen, nimmt konkrete Formen an; zumindest was die konzeptionelle Arbeit betrifft. Auf dem Areal sollen sich Uhren- und Industriemuseum, das Heimatmuseum sowie die Galerie in einem Museumskomplex zusammenfinden. Im Oktober 2018 haben die Gemeinderäte beschlossen, die Konzeptionsphase fortzusetzen. Dafür sind insgesamt 340 000 Euro notwendig, wovon 320 000 Euro förderfähig sind. Das städtische Kulturamt hat den Auftrag bekommen, Förder- und Drittmittel einzuwerben. Bis Ende 2022 soll die Konzeption abgeschlossen sein.

Hilfreich bei dieser konzeptionellen Arbeit war die Überführung des Uhrenindustriemuseums in städtische Trägerschaft, zuvor hatte ein Verein das Museum geführt. Michael Hütt, zuständig für das Heimat- und Uhrenmuseum und das Uhrenindustriemuseum, arbeitet mit Hochdruck an einer umfassenden Sonderausstellung mit dem Titel "Zeit, Freiheit und Kontrolle: Johannes Bürk und die Folgen", die im Mai eröffnet wird. Der bedeutendste Unternehmer Schwenningens wäre dieses Jahr 200 Jahre alt geworden. Michael Hütt sieht in der Ausstellung eine erste Erprobung der Möglichkeiten und Chancen eines neuen Museumsquartiers im Bürk-Areal. Erstmals erarbeiten die Städtische Galerie und das Uhrenindustriemuseum zu den Themenfeldern Zeit, Freiheit und Kontrolle eine Ausstellungsabteilung gemeinsam. Exponate aus den jeweiligen Sammlungen lassen diese drei Begriffe in einem "Gedankenraum" in ihrer Vielschichtigkeit aufscheinen.

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Für Michael Hütt ist klar, dass sich das neue Quartier in Richtung eines Museums für moderne Zeiten entwickeln muss: "Das wird ganz sicher kein Stadtmuseum für Schwenningen." Die geplante Ausstellung zeigt die Richtung, in die es gehen soll: "Wir fragen uns, wie hat sich die Zeitstruktur in den letzten 200 Jahren verändert?" Etwas überspitzt formuliert, habe Schwenningen die Welt verändert mit den Uhren, die hier erfunden und gebaut worden sind. Das habe mit der Nachtwächterkontroll-Uhr angefangen, ging weiter über die Stech- und Stempeluhren bis zu so genannten Arbeitschau-Uhren, die Akkordarbeit überhaupt erst möglich gemacht haben. Die Ausstellung schlägt den Bogen in die Gegenwart, hier geht es um die zunehmende Flexibilisierung und die Vertrauensarbeitszeit. "Zu all diesen Themenbereichen haben wir Sachen hier im Museum, die hat sonst keiner", schwärmt Michael Hütt. Unter anderem zum Beispiel ein "kühlschrankgroßes Diskettenlaufwerk" von Kienzle Apparate aus den 60er Jahren, mit dem es erstmals möglich war, Gleitzeit zu erfassen. In dem jetzigen Gebäude stehen für die Ausstellung nur 140 Quadratmeter zur Verfügung. "Da müssen wir uns schon beschränken und können nicht alles zeigen, was wir gerne zeigen würden."

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Der Übergang vom Verein zur Stadt

  • Das hat sich getan: Seitdem das Uhrenindustriemuseum in städtischer Regie geführt wird, hat sich einiges getan, wie Michael Hütt erklärt. "Das vergangene Jahr war vor allem ein Jahr der Umorganisation." Die Vereinsstrukturen auf die Stadtstruktur umzustellen, sei nicht einfach gewesen. Gerade im Bereich Arbeitssicherheit habe man einiges aufarbeiten müssen. Da gebe es eine Stanzmaschine mit einer Schlagkraft von drei Tonnen. "Das schafft natürlich ein Beamter mit seinem Stempel, den er irgendwo draufdrückt nicht", macht Hütt die Unterschiede deutlich. Seit März 2018 ist Ralf Ketterer mit einer halben Stelle als Museumsleiter im Einsatz, außer ihm gibt es zwei angestellte Mitarbeiterinnen und ein großes Team ehrenamtlicher Helfer. Ein Lagerraum wurde in ein Büro umgebaut, sodass es adäquate Arbeitsbedingungen gibt. Weiter ausbauen will Michael Hütt die Kooperation mit der Hochschule, die bereits bei der Ausstellung "Ein Teil von mir" angelaufen ist.
  • Führung am Sonntag: Am 27. Januar um 15 Uhr gibt es schon einen kleinen Vorgeschmack auf die Ausstellung im Mai: Michael Hütt geht bei einer kombinierten Führung durch die beiden Schwenninger Museen auf die Suche nach der Zeit. Das Heimat- und Uhrenmuseum bietet dabei Einblicke in Zeitstrukturen, in der die Uhr keine große Rolle spielte, obwohl vor Ort jede Menge davon hergestellt wurden. Im Uhrenindustriemuseum zeigt sich dann, wie Schwenningen als "größte Uhrenstadt der Welt" den Takt der Industriegesellschaft angab. Die ständige Beschleunigung von Arbeit und Alltag, Mobilität und Kommunikation ist eine der prägenden Grunderfahrungen modernen Lebens. Die Preise betragen für Erwachsene fünf Euro, ermäßigt drei Euro, Kinder bis 6 Jahre frei, Kinder ab 6 Jahren drei Euro. (cho)