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Vor unserem ausführlichen Gespräch haben wir Gaetano Cristilli vor der Videokamera einige einleitende Fragen gestellt und ihn gebeten, sich kurz vorzustellen. Das Video können Sie sich hier anschauen.

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Interview Gaetano Cristilli Video: Sandro Kipar

Was wird aus Ihrer Sicht wahlentscheidend sein?

Also – die Wahlkampfthemen sind vielfältig. Wichtig sind aus meiner Sicht die Sanierung der Schulen, die Bereitstellung von Kindergartenplätzen. Jedes Kind muss, ich wiederhole: Muss einen Kindergartenplatz bekommen. Weiter bedeutsam sind die Festigung des Hochschulstandorts, die Infrastruktur in der Stadt generell und die Straßen – und natürlich muss der Haushalt dabei im Lot bleiben.

Wie kann das finanziert werden?

In meiner Tätigkeit als Nullacht-Geschäftsführer habe ich viele Unternehmer kennengelernt. Einer dieser Bekannten wollte in VS erweitern. Er bekam zur Antwort: Kein Platz bei uns. Ich verstehe das nicht. Man muss das doch probieren – alle Möglichkeiten ausloten. Schließlich gilt: Haben wir das Gewerbe, so generiert die Stadt damit gute Einnahmen, die sich dann auch investieren lassen.

Die Stadt nimmt in den letzten Jahren enorme Summen bei der Gewerbesteuer ein, zuletzt über 50 Millionen Euro: Investieren oder Schulden abbauen?

Am besten beides. Der gesunde Mix ist hier der richtige Weg. Man muss finanziell gut auf den Beinen stehen, wenig Verbindlichkeiten, dafür Liquidität.

Wie wollen Sie an die Entscheidungen der Ära Kubon anknüpfen?

Ich schaue auf mich: Ich habe meine Ziele und will diese umsetzen. Warten ist schlecht.

Was braucht die Stadt ganz dringend?

Schnellere Entscheidungen. Ganz klar, das dauert alles zu lange, etwa wenn man bauen will. Da will ich durch meine Person vor allem überzeugen, ich will das wirklich angehen. Es geht dabei sehr wesentlich um die Vermittlung davon, was wirklich wichtig ist, dann ist auch die eine oder andere Debattenrunde verzichtbar.

In VS fehlen hunderte Kindergartenplätze. Wie bewerten Sie das? Wie lösen Sie das?

Das ist nicht gut; für junge Familien und speziell für die Entwicklung der Kinder ist das der Dreh- und Angelpunkt. Hier lernt man ja früh auch, sich an Regeln zu halten, damit sind wir bei der gesellschaftlichen Entwicklung – also: Sehr wichtig ist, dass jedes Kind einen Platz hat. Es fehlt wohl an Platz und Personal. Viele Dinge sind andererseits doppelt besetzt, jede Ortschaft hat ein Rathaus – braucht der Ort diesen kompletten Platz? Oder könnte hier auch ein Kindergarten rein oder lässt sich das kombinieren – unter einem Dach? Klar ist für mich auch: Der Beruf der Erzieherin muss attraktiver sein. Hier wird viel geleistet, das muss sich lohnen.

In VS gibt es einen enormen Sanierungsstau: Schulen, Straßen, um nur die dicksten Brocken zu nennen. War das aus Ihrer Sicht vermeidbar, und wie wollen Sie ein solches Thema sinnstiftend für die Bürger anpacken?

Die Fachämter fürs Bauen müssen schnellstmöglichst Konzepte erarbeiten, was ist wichtig. Klar: Jeder sagt: bei ihm vor der Haustüre ist besonders wichtig, deshalb muss das abgewogen werden. Und die Verwaltung muss das sinnvoll ordnen. So kann eine Verwaltung durch Taten überzeugen.

Weshalb gab es aus Ihrer Sicht in VS den jahrelang dauernden Eiertanz um ein neues Jugendkulturzentrum?

Ich bin ehrlich, hier bin ich nicht im Thema. Der Standort am Lämmlisgrund wirkt auf mich gut, er ist zentral. Wir wollen ja ein gemeinsames VS, ich hätte die Flächen zwischen V und S schon längst genutzt.

Weshalb gibt es so lange Wartelisten für Betreutes Wohnen und in Pflegeheimen?

Das hat auch mit der Personalfrage zu tun. Der Bedarf ist da und wird immer größer.

Wie schafft eine Stadt kostengünstigen Wohnraum im Sinne einer guten Stadtentwicklung?

Zuerst schauen: Was habe ich. Dann Bestandserhalt. Wie kann ich Flächen so erschließen, dass Häuser bezahlbar bewohnbar werden – für junge Familien oder auch für ältere. Wir haben viele Flächen, die dafür geeignet sind. Man sieht das am Beispiel Emes in Schwenningen, das Firmengelände wird ja jetzt neu einer Nutzung zugeführt. Oder auch der Schwenninger Schlachthof. Weshalb nutzen wir das nicht neu?

Was bauen Sie auf den Tonhallenplatz?

Gute Frage: Natürlich ein Fitnessstudio – nein: Das war Spaß. Im Ernst: Ich könnte mir hier auch ganz gut das neue VS-Rathaus vorstellen – anstatt fernab am Ortsausgang Richtung Unterkirnach.

Wie entwickeln Sie die fünf Kilometer Fläche zwischen V und S?

Am besten pro Jahr Stück für Stück bebauen, alles was geht. Der Bereich eignet sich für große, gemeinsame: Sporthalle, Feuerwehrgerätehaus, Schwimmbad, Schule, Kindergarten.

Kleine Schulen in den Dörfern lassen oder schließen und größere Einheiten bilden?

Auf alle Fälle lassen, das ist vor Ort wichtig, der Schulweg ist kurz. Das Gleiche gilt auch für Kindergärten.

Nennen Sie doch einmal Ihre positiven Eigenschaften?

Meine Frau sagt – und das ist ja immer richtig: Machen, nicht lange reden.

Und Ihre negativen Eigenschaften sind?

Süßigkeiten – speziell Kuchen.

Sie sind als OB Chef einer Verwaltung: Wie werden diese 1453 Mitarbeiter in fünf Jahren arbeiten?

Also ein Rathaus braucht man auch noch nach der Digitalisierung – aber: Alles wird schneller, effektiver, es wird mehr zu tun sein, wir werden wachsen in VS. Die Arbeitsläufe müssen digital schneller ablaufen.

Beschreiben Sie doch bitte das Stadtleben nach acht Jahren Ihrer Regentschaft. Was hat sich dann verändert, und worauf dürfen sich die Menschen bei Ihnen verlassen?

Verlassen dürfen sich die Bürger auf meine Ansage: Was ich ankündige, das geschieht auch. Ich hoffe, dass ich die Infrastruktur zwischen V und S so beeinflusst habe, dass sich die Menschen noch näher sind als heute. Dass der Zentralbereich wirklich genutzt wird und nicht brach liegt. Das Stadtleben soll sich so geändert haben, dass die Jugend sinnvolle Angebote hat, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund eine Aufgabe haben, sich eingebunden fühlen, da ist die Stadtverwaltung gefordert. Ich sage Ihnen: Ich bin bereit für dieses Amt.

Wie gehen Sie mit dem hie und da geäußerten Vorwurf um, Ihre Kandidatur diene lediglich dazu, bekannter zu werden?

Also: Man kann es nicht immer allen recht machen. Ich will einfach durch meine Person überzeugen. Mich unterscheidet von allen anderen Kandidaten, die es ernst meinen: Ich will schon, seit ich 17 Jahre alt bin, Oberbürgermeister werden. Ich habe damals beim BSV Fußball gespielt, höchste Liga in Baden-Württemberg. In der Schule hatte ich eine Politik-AG. Ich schrieb eine Arbeit über Gerwaltenteilung in Deutschland. Das kam so gut an, dass ich eine Einladung von Staatssekretär Häfele für einige Tage nach Bonn ins Finanzministerium erhielt. Das hat mich dann noch mehr interessiert. Das war die Zeit, als Jumelage mit La Valette war. Es stand ein Partnerstadts-Fußballspiel an. Wer spielen wollte, musste sich in Ausscheidungsspielen qualifizieren. Wir wollten da hin, klar, auch der Französinnen wegen. Wir haben es geschafft. Super tolle Tage erlebt, viele Busse waren dort, viele Vereine. Ich habe vor Ort Gerhard Gebauer kennengelernt. Mir hat das gefallen, wie er da die Partnerschaft zelebriert hat, sie mitgestaltet hat, Reden hielt. Ich habe ihm dann als 17-jähriger Fußballer gesagt: Irgendwann will ich auch OB sein. Ich war dann immer zu jung. Ich trage das aber seither in mir. Ich probiere das nun.

Der Nullacht war ja sehr zerstritten mit der Verwaltung?

Ja, das ist Geschichte, das war vor sechs Jahren. Seit ich den Verein mit leiten durfte, hat sich das enorm verbessert. Die Zusammenarbeit mit den Amtsleitern ist heute gut. Es gibt einen Austausch und auch ein Miteinander.

Haben Sie Erfahrung in der Führung eines Verwaltungsapparats?

Klar: Meine Mitgliederverwaltung im Fitnessstudio und im Verein. Beim Nullacht sind das knapp 600 Mitglieder, im Fitnessstudio sind es auch einige – ich bin zufrieden. Rathauserfahrung habe ich natürlich keine. Aber: ich habe mein ganzes Leben noch nie Sachen gemacht, die einfach waren. Das Amt des Oberbrügermeisters ist eine riesige Herausforderung. Das weiß ich. Ich weiß aber auch, dass ich große Herausforderungen meistern kann.

Sie haben sich bei VS-Parteien und Gruppierungen um Unterstützung bei der Wahl beworben und nicht erhalten. Was macht das mit Ihnen?

Nichts. Ich habe immer gesagt, ich bleibe unabhängig. Mit Freien Wählern und CDU habe ich gesprochen, ich will im Dialog sein. Von einer FDP-Kommission bin ich auch eingeladen worden. Hier wollte man mich kennenlernen. Demnächst spreche ich bei den Liberalen auch vor den Mitgliedern.

Was läuft aus Ihrer Sicht gut in Villingen-Schwenningen?

Die Steuereinnahmen sind ja aktuell gut, das ist doch ordentlich, das Geld wird ja auch gebraucht und sollte sinnvoll eingesetzt werden.

Was läuft schlecht?

Ich will niemanden angreifen, das mag ich nicht. Schulen, Kindergartenplätze, Infrastruktur – das muss besser gemacht werden.

Wenn Sie nicht gewählt werden, was dann?

Dann mache ich das, was ich jetzt mache, mit noch mehr Elan.

Fragen: Norbert Trippl